Der Nationalcarrier Papua-Neuguineas erneuert seine Flotte und hat jetzt die erste A220 erhalten – zehn weitere werden folgen. Doch wird sich auch der oftmals kritisierte Service der Airline verbessern?

Nach dem Mittagessen geschieht auf Neuguinea nur noch wenig Gutes. An diese alte Binsenweisheit hält sich auf der administrativ in West-Papua (zu Indonesien gehörend) und das östliche Papua-Neuguinea (seit 1975 vollständig unabhängig) aufgeteilten Insel nicht nur das wechselhafte tropische Wetter. Auch der Nationalcarrier Papua-Neuguineas, die Air Niugini, scheint diese Maxime verinnerlicht zu haben.

Bis zur Mittagsstunde läuft der Flugbetrieb der staatseigenen Airline, die das Paradiesvogellogo auf dem Leitwerk trägt, im Inlandsstreckennetz relativ stabil. Passagiere können sich normalerweise darauf verlassen, dass ihre Flüge wie geplant stattfinden und Anschlüsse in Port Moresby oder Lae auch erreicht werden. Doch ab dem frühen Nachmittag häufen sich die Verspätungen und Flugausfälle – die Gründe dafür sind vielfältig, und zuweilen warten die betroffenen Passagiere vergeblich auf eine Erklärung.

Leitwerk einer Air Niugini Maschine mit Paradiesvogel
Der Paradiesvogel ist das Wappentier Papua-Neuguineas und somit auch das Logo der staatseigenen Air Niugini. Bild: Dietmar Plath

Unzufriedene Kundschaft aufgrund von Flugausfällen

Was natürlich zulasten der Kundenzufriedenheit geht: „An einem Tag wollte ich den geplanten Morgenflug nehmen und checkte online ein, wurde aber mit der Begründung abgewiesen, dass viele bereits seit Tagen versetzte Passagiere ebenfalls warteten“, berichtet ein deutscher Reisender auf der Online-Plattform Tripadvisor. Air Niugini habe ihm einen Flug am Nachmittag versprochen, der dann jedoch ebenfalls gestrichen wurde.

Ein enttäuschter Australier machte ähnliche Erfahrungen und seinem Ärger Luft: „Flugausfälle, Verspätungen und verpasste Anschlussflüge, das ist das Motto, für das diese Fluggesellschaft steht.“ Sein Rat: „Fast die Hälfte Ihres Urlaubs sollten Sie für Wartezeiten und Ärger an den Flughäfen einplanen.“ Denkbar schlechte Bewertungen also für eine Fluggesellschaft, die zu ihren Codeshare-Partnerinnen Branchengrößen Cathay Pacific und Qantas, aber auch Fiji Airways und Salomon Airlines zählt.

Professionelles Personal und sichere Flüge

Verlassen können sich die Passagiere dagegen auf die Freundlichkeit und Professionalität des Kabinenpersonals sowie auf die Flugsicherheit. Garanten dafür sind die hervorragend ausgebildeten und trainierten Piloten, die ihre zweifellos großen Herausforderungen insbesondere im Inland mit Bravour meistern – die den Regengüssen trotzen und mit dem Anflug auf Flughäfen und -plätze mangels Tower auch ohne Lotsen-Unterstützung zurechtkommen.

Eine Boeing 737-800 von Air Niugini mit Paradiesvogel-Sonderlackierung
Eine Reminiszenz an den ersten Airbus des Unternehmens? Air Niugini hat diese Boeing 737-800 (im Bild in Port Moresby) in der Paradiesvogel-Sonderlackierung bemalen lassen. Bild: Dietmar Plath

Die sich selbst mit einer rudimentären Infrastruktur zufrieden geben oder zwischendurch auch schon mal gefiedertes, noch gackerndes Handgepäck in der Kabine mit einem Schulterzucken akzeptieren. Und die jetzt, anlässlich des 50. Jahrestags der Unabhängigkeit Papua-Neuguineas, im Rahmen der Flottenmodernisierung hochmodernes fabrikneues Fluggerät bekommen haben.

A220 halten auf Papua-Neuguinea Einzug! In ein Land, das aus der Zeit gefallen zu sein scheint. In dem etliche der gerade einmal zehn Millionen Einwohner zwar Flugzeuge kennen, aber aufgrund der Topografie weder Straßen noch Autos. In dem Flugzeuge dieselbe Aufgabe erfüllen wie andernorts Lkw, Rettungswagen oder öffentlicher Personennahverkehr. In dem sich allerdings nur die Allerwenigsten aufgrund der Wettbewerbssituation die hohen Ticketpreise auch leisten können. Wirkliche Konkurrenz stellt ja nur die private PNG Air dar.

Ersatz für die alten Fokker

Die erste A220 der Air Niugini, die am 11. September im kanadischen Mirabel an die Airline übergeben wurde, bedeutet für das Unternehmen einen Quantensprung, werden momentan doch noch drei Fokker 70 und drei Fokker 100 mit einem Durchschnittsalter von inzwischen mehr als 31 Jahre betrieben,. Dazu kommen drei Q400, eine Q300 sowie zwei Q200. Drei Boeing 737-800 und schließlich auch zwei Boeing 767-300ER vervollständigen die Flotte, die knapp zur Hälfte geleast (47 Prozent) und zur anderen Hälfte in eigenem Besitz ist.

Erste A220-300 der Air Niugini
Air Niugini hat am 11. September ihre erste A220-300 erhalten. Bild: Airbus

Insbesondere mit den Boeings fliegt der (auf dem Papier) Full-Service-Carrier größere Flughäfen im asiatisch-pazifischen Raum an. Denn an internationalem Interesse mangelt es der einstigen deutschen Kolonie, in der Berge Mount Wilhelm oder Mount Hagen, Buchten Baden Bay oder Hessen Bay und das ans nördliche Ufer schwappende Meer Bismarcksee heißen, nicht. Die großen Drehkreuze Singapur-Changi, Hongkong und Manila stehen ebenso im Flugplan der Air Niugini wie Brisbane, Cairns und Sydney im benachbarten Australien. Überhaupt wird das Gros der international auf die Reise geschickten Kapazität nach Australien eingesetzt. Was durchaus historisch bedingt und wirtschaftlichen Interessen geschuldet ist.

Air Niugini Boeing 767 auf Rollfeld mit Gangway und Blumen im Vordergrund
Mit Boeing 767 bietet Air Niugini internationale Flüge beispielsweise nach Brisbane an. Bild: Dietmar Plath

Papua-Neuguinea ist reich an Bodenschätzen

Papua-Neuguinea wird vor allem wegen seiner Rohstoffe geschätzt. Zu den wichtigsten Exportgütern zählen Gold, Erdöl, LNG-Gas und Kupfer. Auch die Produktion von Kaffee ist essenziell für den Staat, dessen offizielles Oberhaupt übrigens der britische König Charles III. ist. Der Tourismus verliert hingegen sukzessive an Bedeutung. Und das nicht ohne Grund.

Während es am Küstenstreifen und auf den meisten der vorgelagerten Inseln, ideale Orte zum Tauchen, vergleichsweise friedlich zugeht, ist das Leben in der Hauptstadt Port Moresby nicht ganz ungefährlich. Hier bestehe stets das Risiko gewaltsamer Auseinandersetzungen und Plünderungen, warnt das deutsche Auswärtige Amt.

Eine Q300 von Air Niugini rollt auf demRollfeld von Tari
Auf der Verbindung zwischen Port Moresby und Tari (Foto) kommt unter anderem die Q300 zum Einsatz. Bild: Dietmar Plath

Daneben komme es vor allem in Lae, Mount Hagen sowie den Hochlandprovinzen immer wieder zu Unruhen und zu gewalttätigen Streitigkeiten zwischen rivalisierenden Clans. In den achtziger Jahren nutzten die auf Krawall Gebürsteten in den Bergen als Argumentationshilfe noch Pfeil und Bogen. Heute werden die Kämpfe von den Protagonisten zunehmend mit hochmodernen Waffen ausgetragen, nicht selten unter massivem Drogeneinfluss.

Das neue Rückgrat der Flotte

„Luftverkehr ist für unser Land eine starke, uns alle vereinigende Kraft“, sagte einst der erste Premierminister des Landes, Michael Somare. Und sie gilt als wirtschaftlicher Treiber. Nachdem Air Niugini 2023 sechs Flugzeuge dieses Typs bei Airbus in Auftrag gegeben hatte, folgte kürzlich die Order für zwei weitere A220-100. Darüber hinaus hat der Carrier Leasingverträge für drei A220-300 mit dem US-amerikanischen Leasinggeber Azorra unterzeichnet. Die kleinen Airbusse sollen sowohl die Fokker als auch beizeiten die Boeing 737-800 ersetzen und im Inland wie ins nahe Ausland zum Einsatz kommen. 65 Prozent der aktuellen Flotte gilt es innerhalb der nächsten vier Jahre auszutauschen.

„Die A220 wird das Rückgrat unserer Inlands- und Regionalflotte bilden und die wirtschaftliche Entwicklung in Papua-Neuguinea unterstützen. Da wir weiterhin ein starkes Wachstum erwarten, haben wir beschlossen, unsere Bestellungen für dieses treibstoffeffiziente Flugzeug aufzustocken, das eine völlig neue Ebene der Effizienz und des Komforts für unseren Betrieb darstellt“, erklärte unlängst CEO Gary Seddon.

Kapitänin von Air Niugini Beverley Pakii sitz im Cockpit eines Flugzeugs
Kapitänin Beverley Pakii von Air Niugini. Bild: Air Niugini

Dass die Integration des neuen Flugzeugtyps die Airline vor keinerlei Probleme stellt, betont der Airline-Chef mit Nachdruck. Die Trainingsprogramme für die Beschäftigten laufen planmäßig. Die ersten beiden Kapitäne, Timothy Narara und Beverley Pakii, halten ihr neues Type Rating schon seit Monaten in den Händen. Vier weitere durchlaufen das Programm derzeit in Mirabel und sechs Flugzeugführer werden anschließend folgen.

Unterstützung von Lufthansa Technik und Airbus

Zwölf Ingenieure wurden unter anderem von Lufthansa Technik in Port Moresby und in Singapur geschult und sammeln derzeit weitere Erfahrung bei QantasLink in Canberra. Airbus hat darüber hinaus technisches Personal zur Unterstützung nach Port Moresby geschickt, derweil ein Teil der Kabinen-Beschäftigten in Zürich bei Swiss und die andere Gruppe in Melbourne geschult wurde.

Kurz nach der ersten A220, eine 138-sitzige 300er, folgen im vierten Quartal dieses Jahres beziehungsweise erstem Quartal 2026 zwei weitere Airbusse dieses Typs. Mit ihnen könnte Air Niugini tagsüber im Inland, und nachts auf internationalen Routen fliegen. Acht A220-100 mit Platz für jeweils 114 Passagiere werden zwischen 2026 und 2031 in Port Moresby erwartet. Und in welcher Version auch immer: Alle A220 haben eine Business Class und eine Economy an Bord.

Airbus A220 von Air Niugini in der Luft im Flug
Weitere A220 erwartet Air Niugini in den kommenden Monaten. Insgesamt werden zunächst einmal elf Flugzeuge dieses Typs zur Flotte stoßen. Bild: Airbus

Boeing 767 vor dem Aus

Außerdem sollen zwei Boeing 787-8 zum Unternehmen stoßen, auch das ist Teil des größten Investments in der Geschichte des Unternehmens. Die Dreamliner werden das Streckenprofil der Airline erweitern, bieten sie doch die Chance, neue Märkte zu erschließen. Allerdings: Die Leasingverträge für die Boeing 767 laufen 2026 aus, die avisierten Dreamliner dürften dagegen frühestens 2027/28 zur Verfügung stehen. Um die Lücke zu füllen, haben Hersteller und Fluggesellschaft bereits die Verhandlungen aufgenommen. Es werden allerdings auch schon Gerüchte laut, dass Air Niugini den Kauf aufgrund veränderter Umstände prüft.

Neue Flugzeuge seien laut CEO Seddon generell wichtig, um Verspätung und Flugausfälle abzubauen und Tickets erschwinglicher zu machen. Doch weil moderne Flugzeuge allein nicht ausreichen dürften, wies der Airlinechef Ende Juni auf einem Wirtschaftstreffen in Port Moresby einmal mehr darauf hin, dass parallel zur Flottenerneuerung Investitionen in die Flughafeninfrastruktur des Landes nötig seien.

Papua-Neuguinea sei auf einem guten Weg, würdigte der Australier die Bemühungen der National Airports Corporation (NAC), der Regierung und der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) zur Verbesserung der Start- und Landebahnen, der Beleuchtungssysteme und der Navigationshilfen. Dennoch wiederholte Seddon gern: „Eine moderne Infrastruktur ist der Schlüssel zu einem sicheren, zuverlässigen und erschwinglichen Flugverkehr für unsere Bevölkerung.“