Der Hamburger Lackhersteller Mankiewicz ist ein typischer „Hidden Champion“ der deutschen Wirtschaft: Kaum jemand kennt die Firma, sie ist aber ein Weltmarktführer.

Der Hamburger Lackhersteller Mankiewicz ist ein typischer „Hidden Champion“ der deutschen Wirtschaft: Kaum jemand kennt die Firma, sie ist aber ein Weltmarktführer. Flugzeuglacke sind eine der Spezialitäten des Hauses Mankiewicz wurde vor 130 Jahren in Hamburg gegründet und ist noch heute mit der Unternehmenszentrale und seinem norddeutschen Werk in der Hansestadt ansässig.

Unternimmt man eine Fahrt mit den ICE der Deutschen Bahn, trifft man unweigerlich auf Mankiewicz-Lacke, ebenso an Bord von Jachten, beim Betrachten von Windkraftan- lagen, bei der Fahrt mit dem Pkw, bei ärztlichen Untersuchungen, auf dem Bauernhof, beim Wäschewaschen – und nicht zuletzt in der Luftfahrt. Und dies ist nur ein sehr kleiner Ausschnitt der von Mankiewicz mit eigenen Produkten bedienten Branchen.

Des Rätsels Lösung: Das seit seiner Gründung in Familienbesitz befindliche Unternehmen ist weltweiter Branchenführer im Bereich industrieller Speziallacke. Beschränkt man sich auf das Produktportfolio für die Luftfahrt, so finden sich Mankiewicz-Lacke zum Korrosionsschutz auf Strukturbauteilen, in der Kabine und – sehr prominent – auf den Rümpfen rund um den Globus ansässiger Airlines.

Mankiewicz hat mehrere Standorte

Mankiewicz produziert global: Standorte befinden sich nicht nur in Deutschland, sondern auch in Nordamerika, China, Indien, Singapur, Mexiko und Brasilien. Techniker halten vor Ort engen Kontakt zu den globalen Kunden, lackieren jedoch Bauteile oder Flugzeuge nicht selbst. Neben der Lackierung fabrikneuer Maschinen finden sich Mankiewicz-Produkte auch in Lackierungen wieder, die bei Wartungsereignissen sowie bei Halterwechseln neu aufgebracht werden.

Im Jahr 1895 von Hugo und Felix Mankiewicz mit Robert Ingham Clark gegründet, machte sich das Unternehmen schon früh einen Namen bei der Entwicklung und Produktion von Speziallacken für die damals verbreiteten Kutschenräder. Was heute altmodisch anmutet, war zu jener Zeit Spitzentechnologie. Das Unternehmen ist auf seine lange Tradition stolz. Das kommt auch im Firmenlogo zum Ausdruck, das ein Kutschenrad beinhaltet. Schon früh übernahm die Familie Grau die Lackfabrik, die sich bis heute im Besitz von deren Nachfahren befindet. Dass ein „global player“ dieses Formats nicht an der Börse notiert ist, ist nicht nur im Luftfahrtsektor eine Ausnahme.

Gerade in der Aviatik müssen die verwendeten Lacke extreme Anforderungen erfüllen, was eine besondere Expertise erfordert. Im Vordergrund der Anforderungen stehen höchste UV-Beständigkeit. Toleranz für extreme Temperaturunterschiede und Farbtonstabilität. Nicht nur für Flugzeuglackierungen unterhält Mankiewicz in Hamburg ein Test- und Forschungslabor sowie eine „Folterkammer“ für neue Lackentwicklungen, in denen sie den extremen Alltagsbedingungen des Luftverkehrs ausgesetzt werden.

Druckbelüftete Flugzeugkabinen dehnen sich im Reiseflug in rund zehn Kilometer Höhe um mehrere Zentimeter aus, was ein Außenlack ertragen muss, ohne zu reißen. Auch eine starke UV-Bestrahlung in großen Flughöhen darf seine Farbgüte nicht in Mitleidenschaft ziehen – ebenso wenig wie die bis zu 100 Grad Celsius betragenden Temperaturunterschiede zwischen Boden und Reiseflughöhe, beispielsweise an den generell heißen Flughäfen der Golfregion wie Dubai oder Abu Dhabi.

Lackherstellung, Mankiewicz, Hamburg, Luftfahrtstandort Hamburg
In großen Bottichen werden die Farben für die einzelnen Kunden angemixt. Hier im Hamburger Stammwerk. Weitere Standorte befinden sich rund um den Globus in Europa, Indien und Asien sowie in Nord-, Mittel- und Südamerika. Bild: Mankiewicz

Lacktechnische Maßanzüge

Bei den Lacken handelt es sich um individuelle Spezialanfertigungen für jeden einzelnen Kunden. René Lang, Geschäftsbereichsleiter Luftfahrt bei Mankiewicz, erklärt: „Wir versuchen, wo immer möglich Airline-freundliche Produkte zu produzieren, die unabhängig vom Flugzeughersteller quer durch die Flotte einer Fluggesellschaft aufgetragen werden können. So müssen die Kunden nicht mehrere Lacke für diverse Flugzeugmuster und deren unterschiedliche Hersteller bestellen.“ Mankiewicz ist daher bestrebt, ein Produkt bei möglichst vielen Herstellern und deren Zulieferern zu qualifizieren. Es kann jedoch vorkommen, räumt Lang ein, dass die Anforderungen an den Lackaufbau zu unterschiedlich sind und doch mehrere Produkte benötigt werden.

Die von außen sichtbaren Lacke werden nicht direkt auf die Flugzeugstruktur aufgetragen. Vielmehr befindet sich zwischen Außenhaut und Lack eine Primer-Zwischenschicht. Diese Haftung herstellende Grundierung zwischen Flugzeugaußenhaut und Lackschicht ist eine Standardware. Man erkennt sie an ihrer oft grünen Farbe, die in der Endmontage von Flugzeugen noch zu sehen ist. Der Primer sorgt dafür, dass das Aluminium mit dem Lack eine feste Verbindung eingeht. Die farbgebende Schicht allein kann das nicht. René Lang: „Die Haftung muss diverse Belastungen aushalten, darunter die mit fast Schallgeschwindigkeit umströmende Luft, extreme Temperaturunterschiede, im Flugzeugbau und -betrieb eingesetzte Chemikalien oder UV-Strahlen. Alle Primer sind daher sehr spröde und fest.“

Power Week 2025: AERO INTERNATIONAL Abo-Angebot
Power Week 2025: AERO INTERNATIONAL Abo-Angebot Bild: Jahr Media

Die Struktur eines Flugzeugs ist sehr flexibel ausgelegt, um den extremen Kräften während des Flugs standzuhalten, die darauf einwirken. Das gilt sowohl für den Rumpf, als auch für die Steuerflächen, Tragflächen und Triebwerksgondeln. Somit bestehen auch an die Primer und Lacke hohe, sehr differenzierte Anforderungen. Flugzeuge mit Kohlefaser verstärkten Rümpfen, wie die Boeing 787 oder der Air- bus A350, sind nochmals flexibler als aus Aluminium gebaute Maschinen. Doch selbst wenn sich der Rumpf verwindet, darf die aufgebrachte Lackschicht nicht reißen. Das kann zum Eindringen von Wasser unter die Lackschicht führen, bis diese sich in großen Stücken ablöst.

Wingflex trotzt aggressiven Chemikalien

An bestimmten Bereichen eines Flugzeugs werden unterschiedliche Lacke benötigt, beispielsweise an den Flügelunterseiten mit ihren zahlreichen beweglichen Klappen. Hier finden sich Schmiermittel für deren Antrieb, zudem Hydraulikflüssigkeit sowie der von unten in die Flächen gefüllte Treibstoff – das sind alles aggressive Chemikalien, die Lacke angreifen können.

Lang erklärt: „Diese aggressiven Flüssigkeiten erfordern, dass wir uns hier am obersten Ende der High-Tech-Lacke in der Luftfahrt befinden.“ Mankiewicz entwickelte einen Lack namens Wingflex auf Eigeninitiative, der sowohl auf der Flügeloberseite als auch der Flügelunterseite verwendet werden kann. Diese Innovation wurde von den Airlines sehr positiv angenommen.

Zuvor waren in diesen Bereichen zwei Lacke erforderlich: einer, der die UV-Bestrahlung oben absorbiert – und einer, der die Belastung durch die Flügeldehnung und die Chemikalien auf der Flügelunterseite unbeschadet übersteht. „Eigentlich widersprechen sich Flexibilität und Beständigkeit – doch unsere Speziallacke vereinen die gewünschten Eigenschaften“, erklärt der Manager stolz.

Sonderlackierung, Westjet, Kanada, Boeing 737, Walt Disney
Die Flugzeug-Speziallacke von Mankiewicz ermöglichen so kunstvolle Flugzeuglackierungen wie diese der kanadischen Westjet. Bild: Westjet

Standort Deutschland

Zwischen Mai 2012 und Juni 2023 gab es in Deutschland keine Möglichkeit, große Verkehrsflugzeuge zu lackieren. Der Grund: Der Vorstand von Lufthansa Technik hatte beschlossen, die Abteilung für Flugzeuglackierungen in Hamburg aufzugeben. Allerdings lackiert der weltgrößte Wartungsbetrieb in Hamburg weiter Kabinenbauteile für VIP-Jets. Flugzeuge bis zur Größe eines Airbus A380 müssen zum Tochterunternehmen Lufthansa Technik Philippines in Manila fliegen, um eine neue Bemalung zu erhalten.

Seit zweieinhalb Jahren existiert mit APS – Altitude Paint Services wieder die Möglichkeit, Passagierjets bis zur Größe eines Airbus A321 in Deutschland zu lackieren. Das Unternehmen hat sich in einem Hangar am Flughafen Münster-Osnabrück angesiedelt. Ein prominentes Beispiel der APS-Arbeit mit Lacken von Mankiewicz ist die Lackierung des Lufthansa-Traditionsflugzeugs Lockheed Super Star. Dieses wird ein Highlight des neuen Besucher- und Konferenzzentrums der Airline in Frankfurt.

Langlebiger Korrosionsschutz

René Lang weiß, dass Chromat-freie Strukturlacke aktuell das brennendste Thema der Branche sind. Auf Aluminiumflugzeugen muss der Korrosionsschutz-Primer 30 Jahre lang auf der Oberfläche halten. Selbst wenn Beschädigungen am Flugzeug entstehen, beispielsweise durch ein Cateringfahrzeug oder eine Fluggastbrücke, kann das Chromat diese Beschädigung sogar nach 25 Jahren noch heilen. So besonders die für die Flugsicherheit wichtigen Eigenschaften der Chromate sind, sind sie in der Verarbeitung ein sehr komplizierter, bei unsachgemäßer Handhabung die Gesundheit und Umwelt gefährdender Stoff.

Neben dem Chromat-freien Strukturlack ist die Gewichts- und somit Treibstoffeinsparung durch geringeren Farbauftrag ein großes Branchenthema. Dabei beträgt die Dicke der Lackschicht nur wenige Mikrometer. Dies motivierte Mankiewicz, einen speziellen Basecoat-Clearcoat für die Luftfahrt zu entwickeln. Nach nur einem Farbauftrag deckt der Basecoat in jedem Farbton ein darunter liegendes Schwarz komplett ab – ohne, dass es noch durchscheint. Beim früheren Topcoat-Lack benötigten die Lackierer pro Farbton mindestens drei Schichten, um einen vergleichbaren Deckungsgrad zu erreichen.

Glänzender Flugzeuglack

Die Basecoat-Clearcoat-Entwicklung ist der Automobilbranche entlehnt. „Früher hatten die Lacke Glanz und Farbton in einem – und waren, einfach ausgedrückt, „durchlässiger“ und nicht so stark deckend. Man brauchte sehr viele Schichten mit Zwischentrocknung. Bei einem Basecoat-Clearcoat sind Farb- und Glanzschicht getrennt. Das heißt, man lackiert zunächst die farbigen Anteile und bringt am Ende eine Schicht

Klarlack darüber auf. Damit erreicht man je nach Bemalung eine signifikante Zeitersparnis und Qualitätssteigerung, berichtet René Lang. Die zuvor unerreichte Deckkraft ermöglicht es nun, dass beispielsweise die Lackierung von Easyjet zeitsparender aufgebracht werden kann. Zuvor wurde die größere Weißfläche aufgesprüht und dann mit Papier großflächig abgeklebt, bevor die orangefarbenen Flächen lackiert werden konnten.

Bei mehreren Farbtönen musste dieser Vorgang für jede Farbe wiederholt werden. Dieser Prozess kann nun Zeit, Material und Ressourcen sparend umgekehrt werden. Erst werden jetzt die kleineren Farbflächen lackiert und abgedeckt – und dann das Weiß großflächig aufgetragen. Zwar zog der Wettbewerb von Mankiewicz nach und entwickelte ebenfalls Basecoat/Clearcoat-Lacke, aber die Umkehrung der Lackierprozesse dank seiner hohen Deckkraft schafft nur der Lack „made in Hamburg“.

Airbus, A321LR, KLM, Basecoat/Clearcoat-Lack, Mankiewicz
Die Basecoat/Clearcoat-Lacke von Mankiewicz ermöglichen es, Flugzeuglackierungen wie dieser einer KLM A321neo. einen hochwertigen, glänzenden Look zu verleihen. Bild: KLM

Erstkunde Qantas

Höhere Lackaufbauten mit mehreren Farbschichten führen dazu, dass sich diese Lackstufen durch die hohen Geschwindigkeiten des Flugzeugs ablösen können – und überarbeitet werden müssen. Der Klarlack im Basecoast/Clearcoat-Verfahren legt sich hin- gegen wie eine schützende Schicht über den Lack. Er bewirkt zudem, dass das UV-Licht der Sonne besser reflektiert wird. Besonders die Farbe Rot war im alten System sehr anfällig. Die australische Qantas mit ihren Ultra-Langstrecken in großer Höhe war Erstkundin für die Mankiewicz-Entwicklung. René Lang: „Qantas musste zuvor alle paar Jahre ihre Flugzeuge neu lackieren, da der Rotfarbton ausgekreidet war. Diese Lackierungen in kurzem Abstand waren für die Airline richtig teuer. Unser Basecoat-Clearcoat-Lacksystem war daher die optimale Lösung für Qantas. Seit 14 Jahren fliegt bereits ein Airbus A330 der australischen Fluglinie mit dem identischen Lack – vorher unvorstellbar.“ So entwickelt Mankiewicz stets neue Innovationen – auch für ICEs, Traktoren und andere Spezialgebiete, von denen wir noch gar nicht geredet haben.

Mankiewicz bietet für das Jahr 2026 mehrere Ausbildungsberufe an. Wer Fragen hat kann sich per Email an ausbildung@mankiewicz.com an das Unternehmen wenden oder per Telefon unter 040-75103-0.