SAS ersetzt Boeing 737 durch A320neo als MEDEVAC-Jet
In enger Zusammenarbeit mit den norwegischen Streitkräften betreibt die skandinavische Fluglinie SAS ein speziell konfiguriertes medizinisches Evakuierungsflugzeug (MEDEVAC), das für verschiedene internationale Missionen zur Verfügung steht.
Kristian Elden ist Leiter der Kommunikationsabteilung der Norwegian Armed Forces Joint Medical Services (NAFJMS). Er erläutert gegenüber AERO INTERNATIONAL, dass die strategische medizinische Luftrettung eine wichtige medizinische Mission der norwegischen Streitkräfte ist, die das ganze Jahr über rund um die Uhr zur Verfügung steht.
Elden betont, dass diese Kompetenz einzigartig sei, da die norwegische Armee über hochqualifiziertes medizinisches Personal verfügt und seit langem mit dem zivilen Luftfahrtunternehmen Scandinavian Airlines (SAS) zusammenarbeitet. „Nach unserem Kenntnisstand hat kein anderes Land eine ähnliche zivil-militärische Zusammenarbeit im Bereich der medizinischen Luftrettung mit großen Verkehrsflugzeugen aufgebaut“, unterstreicht Kristian Elden.
Die zum Einsatz kommenden MEDEVAC-Flugzeuge sind speziell für den Transport von bis zu drei intensivmedizinischen Patienten mit Beatmungsgeräten sowie von Patienten auf Tragen und in sitzender Position ausgestattet.
Globaler humanitärer Einsatz
Das medizinische Personal an Bord wird aus den Reihen des NAFJMS handverlesen und verfügt über umfangreiche Erfahrungen aus Intensivstationen, Anästhesieabteilungen, Luftrettungsdiensten und Bodenrettungsdiensten.
Ein Standardteam besteht aus einem medizinischen Crew-Leiter, einem Anästhesisten, einer Anästhesiepflegerin, einer Intensivpflegerin, einer examinierten Krankenschwester und einem Rettungssanitäter, wobei das Team bei Bedarf verstärkt werden kann.
Beim Einsatz der SAS Boeing 737 arbeiten speziell für diese Missionen ausgebildete und ausgewählte Piloten, Kabinenpersonal und technisches Personal der SAS mit den Mitarbeitern der NAFJMS zusammen. Diese Zusammenarbeit besteht seit vielen Jahren, wobei die erste große gemeinsame Mission während der Evakuierung nach dem Tsunami 2004 in Thailand stattfand.
Speziell geschultes SAS-Personal
Strategische medizinische Lufttransporte werden vom gemeinsamen Hauptquartier der norwegischen Streitkräfte geplant und geleitet und vom NAFJMS in enger Zusammenarbeit mit anderen Militäreinheiten, SAS, dem norwegischen Außenministerium, der Direktion für Zivilschutz, der Gesundheitsdirektion und dem Universitätsklinikum Oslo durchgeführt. Diese Zusammensetzung der Kooperationspartner hängt von den speziellen Anforderungen eines Einsatzes ab.
Zu den eingesetzten Flugzeugen gehören sowohl die C-130J Hercules (betrieben von der Königlich Norwegischen Luftwaffe) als auch die Boeing 737-700 der SAS. Beide können mit Tragen, Überwachungsgeräten und Beatmungsgeräten ausgestattet werden, sodass Intensivpatienten, andere Patienten auf Tragen, sitzende Patienten sowie Angehörige transportiert werden können. Medizinisches Begleitpersonal kann Patienten auch auf regulären Zivilflügen begleiten. Die C-130J bietet außerdem die Möglichkeit, bis zu sechs Patienten mit Infektionskrankheiten zu isolieren und zu transportieren.
Für die meisten strategischen Einsätze verwendet die NAFJMS bislang die Boeing 737-700. Scandinavian Airlines verabschiedete bereits vor zwei Jahren ihre 737-Flotte in den Ruhestand, doch verblieb dieses einzige Exemplar weiterhin als MEDEVAC-Flugzeug im Einsatz.
Unikat in der SAS-Flotte
Das Flugzeug ist ein normales Passagierflugzeug vom Typ Boeing 737, das zu einem fliegenden Krankenhaus umgebaut wurde und mit medizinischer Ausrüstung und Krankenhausbetten ausgestattet ist.
SAS und die norwegische Armee schulen die Flugbesatzungen dieser MEDEVAC-Flüge für die anspruchsvolle Aufgabe. Wie die Fluglinie betont sind darunter auch Flugbegleiter, die über eine Ausbildung im Pflegebereich verfügen. Das medizinische Personal der norwegischen Streitkräfte ist allerdings für die Behandlung und Versorgung an Bord des Flugzeugs verantwortlich.
Die Planung und Vorbereitung dieser Art von Flügen erfordert ein hohes Maß an Erfahrung und Professionalität und umfasst eine Vielzahl von Fachgebieten und Abteilungen der Fluggesellschaft.
Die Boeing 737-700 ist seit Februar 2024 mit 18 Krankenhausbetten, davon drei für Intensivpatienten und 39 regulären Sitze ausgestattet. Die Konfiguration kann jedoch je nach Art des Einsatzes geändert werden. Insgesamt sind sechs verschiedene Konfigurationen möglich, bei denen die Anzahl der Tragen und Sitze angepasst werden können.
Auszeichnung für SAS-Crews
Im Rahmen der offiziellen Feierlichkeiten Norwegens zum 80. Jahrestag seiner Befreiung von Nazideutschland am Donnerstag, dem 8. Mai 2025, wurden sechs SAS-Piloten, zwölf Flugbegleiter, zwei Flugkoordinatoren und vier Ingenieure mit der Medaille der norwegischen Streitkräfte für internationale Einsätze (FMIT) ausgezeichnet.
„Für uns alle bei SAS ist diese Anerkennung von großer Bedeutung, und wir sind unglaublich stolz auf die SAS-Crews, die bei diesen anspruchsvollen Missionen im Einsatz waren. Ihre Professionalität, ihr Engagement und ihre Bereitschaft, einen so wichtigen Beitrag zu leisten, verkörpern das Beste, wofür SAS steht. Es ist uns eine Ehre, die wichtigen humanitären Bemühungen für die Ukraine durch diese Medevac-Partnerschaft zu unterstützen“, sagt Anko van der Werff, Präsident und CEO von SAS.
Neben dem SAS-Jet kommen Lockheed C-130J der norwegischen Streitkräfte besonders dann zum Einsatz, wenn die Boeing 737-700 gewartet wird, wie in diesem Sommer, oder wenn die Einsatzanforderungen dies erfordern – beispielsweise nach dem Erdbeben in der Türkei im Jahr 2022.
Seit 2022 haben NAFJMS und SAS mehr als 3.000 ukrainische Patienten und begleitende Angehörige von Polen in zehn europäische Länder evakuiert, darunter Deutschland, die Niederlande, Frankreich, Belgien, Ungarn, Kroatien, Finnland, Dänemark, Schweden und Norwegen.
Diese Einsätze werden im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Europäischen Union durchgeführt. Zu den vom NAFJMS transportierten Patienten zählen schwerverletzte und schwerkranke Personen jedes Alters, darunter auch Kinder.
Ihre Erkrankungen reichen von schweren Amputationen und Kopfverletzungen bis hin zu septischen Infektionen, großflächigen Verbrennungen und Krebs. Darüber hinaus haben wir auch Evakuierungen von Patienten aus dem Gazastreifen nach Irland und Norwegen durchgeführt.
Neuer Airbus löst Boeing ab
Die Vereinbarung zwischen den norwegischen Streitkräften und SAS besteht aus zwei Teilen: einem Kooperationsvertrag zur Entwicklung einer auf dem A320neo basierenden Lösung und einem Vertrag über operative Einsätze.
„Wir fühlen uns geehrt, dass die norwegischen Streitkräfte SAS für zukünftige Evakuierungsmissionen ausgewählt haben, nachdem wir bereits mehrere Jahre lang gemeinsam weltweit Einsätze durchgeführt haben. Die derzeit eingesetzten Flugzeuge haben uns gute Dienste geleistet, aber nun ist es an der Zeit, dass die emissionsärmere A320neo der nächsten Generation diese ehrenvolle Aufgabe gemeinsam mit unseren hochqualifizierten und engagierten Mitarbeitern übernimmt. Wir nehmen unsere Verantwortung für den sicheren Transport von Bürgern auf der ganzen Welt in Krisensituationen sehr ernst und sind dankbar für das Vertrauen, das uns das norwegische Verteidigungsministerium durch diese Arbeit entgegenbringt“, sagt Paul Verhagen, Chief Commercial Officer bei SAS.
Die A320neo ist ein reguläres Passagierflugzeug der SAS-Flotte und kann – sobald das neue Design fertiggestellt ist – wie die bisher genutzte 737-700 mit medizinischer Ausrüstung und Krankenhausbetten zu einem fliegenden Krankenhaus umgebaut werden.
Im Vergleich zur Boeing 737-700 verursacht der Airbus A320neo etwa 18 Prozent weniger CO2-Emissionen. Darüber hinaus sind diese Flugzeuge um 30 Prozent leiser, was laut SAS eine angenehmere Umgebung für Evakuierte und Besatzung an Bord schafft.
SAS blickt auf eine 25-jährige Geschichte bei der Teilnahme an Evakuierungsmissionen zurück, darunter Einsätze nach dem Tsunami in Thailand, Evakuierungsmissionen aus Afghanistan, dem Flüchtlingslager Moira und für ukrainische Patienten.
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