Austrian Airlines wird auch in den kommenden Jahren Wetlease-Flugzeuge von Partnergesellschaften anmieten müssen, um ausreichend Kapazitäten anbieten zu können. Zudem beeinträchtigt aktuell die Nahost-Krise den Flugplan. Die Details.

Lieferschwierigkeiten der Hersteller sowie aufgrund von Triebwerkproblemen am Boden stehende Flugzeuge: Etlichen Fluggesellschaften fällt es momentan schwer, ihr geplantes Flugprogramm tatsächlich auch lückenlos durchführen zu können. Wie geht Austrian Airlines mit dem Kapazitätsmangel um? Das fragte AERO INTERNATIONAL den Chief Operating Officer (COO) des österreichischen Nationalcarriers, Francesco Sciortino.

Auch Austrian Airlines ist aktuell auf Wetlease-Kapazitäten angewiesen. Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen?

Aktuell stellen unsere Wetlease-Partner im Sommerflugplan – gemessen in ASK (Available Seat Kilometres, also verfügbare Sitzkilometer) – rund drei Prozent der Kapazität von Austrian Airlines. Im Winterflugplan ist der Wert geringer. Der aktuelle Vertrag über drei ATR mit Braathens läuft bis März 2027. Wir evaluieren hier eine Verlängerung beziehungsweise möglicherweise auch eine Ausweitung der Zusammenarbeit. Unser zweiter Wetlease-Partner, AirBaltic, betreibt jeweils im Sommer 2025, 2026 und 2027 drei A220-300 für uns. Auch hier prüfen wir eine Ausweitung.

Weltweit leiden Fluggesellschaften unter den Problemen mit Pratt&Whitney-Triebwerken. Wie viele Ihrer fünf A320neo müssen nun in die Inspektion und sind dann nicht verfügbar?

Bis vor kurzem sah das Szenario dazu noch so aus: Die Maschine mit der Kennung OE-LZP war geplanterweise für maximal zwei Jahre nach Herstellervorgaben gestored, also abgestellt. Dazu sind regelmäßige Kontrollen und Tests während der Standzeit und ein ausführliches Boden- und Flugtestprogramm am Ende der Standzeit notwendig. Nach aktuellem Stand sieht es ganz danach aus, dass bereits im Sommerflugplan 2026 wieder alle fünf A320neo für Austrian Airlines fliegen werden.

Im ersten Quartal 2026 sollen wir die fehlenden beiden Triebwerke bekommen. Sobald das geschehen ist, erfolgen alle notwendigen Checks, um die OE-LZP wieder aus dem Storage zu bekommen. Außerdem steht auch ein fälliger C-Check an. So soll das Flugzeug pünktlich zum Start des Sommerflugplans Ende März 2026 wieder in der Luft sein.

Auch bei der Boeing 787-9 müssen Sie Geduld beweisen. Der nächste Dreamliner soll erst 2026 kommen. Gibt es schon einen Zeitplan? Und was bedeutet das für die gegenwärtige Wartung der Boeing-767-Flotte, die nun ja länger fliegen muss?

Austrian Airlines hat ja, wie bekannt, im Sommer 2024 zwei Boeing 787-9 übernommen, die davor von Bamboo Airlines betrieben worden waren. Der aktuelle Stand ist, dass heuer keine weitere Boeing 787-9 mehr für Austrian abheben wird. Wann genau der nächste Dreamliner eingeflottet werden kann, ist nach wie vor offen.

Unsere drei Boeing 767 werden angesichts der Lieferverzögerungen bei Boeing, was sich ja auf unsere neuen Dreamliner auswirkt, vermutlich länger als geplant, jedenfalls bis Ende dieses Jahres und auch ins Jahr 2026 hinein, in Betrieb bleiben. Alles weitere hängt vom Auslieferungstermin der weiteren 787 ab. Wir sind jedenfalls auf alle Szenarien gut vorbereitet.

Noch eine aktuelle Frage zum Thema Israel. Wie hoch ist der Umsteigeanteil aus Tel Aviv über Wien nach Nordamerika. Welche Ziele werden neben Tel Aviv aufgrund der Krise im Nahen und Mittleren Osten gegenwärtig nicht bedient?

Grundsätzlich ist das saisonal sehr unterschiedlich. Würden wir im Moment nach Tel Aviv fliegen, wäre rund jeder zehnte Passagier einer, der über Wien von beziehungsweise nach Nordamerika fliegt. Zur Einordnung: Nach Tel Aviv wären aktuell 18 Verbindungen je Richtung pro Woche geplant. Zu den Zielen: Die Austrian-Flüge von und nach Tel Aviv und Teheran werden bis einschließlich 31. Juli ausgesetzt.

Unsere Flüge nach Amman und Erbil werden bis einschließlich 11. Juli ausgesetzt. Die jeweiligen Lufträume werden entsprechend umflogen. Sämtliche Flugpläne werden aktuell entsprechend aktualisiert.

Gibt es schon konfliktbedingte Auswirkungen bei Buchungen für Zypern, das ja nicht weit vom Krisenherd entfernt liegt?

Im Moment ist es noch sehr früh, dazu eine Auskunft zu geben, deswegen ist die Lage noch schwer einzuschätzen. Es ist aber davon auszugehen, dass entsprechende Medienberichte eine Auswirkung auf die touristische Nachfrage nach Zypern haben werden.

Francesco Sciortino von Austrian Airlines im Kurz-Porträt

Francesco Sciortino ist seit dem 1. April 2021 als Chief Operating Officer (COO) Teil des Vorstandes der Austrian Airlines. Er hat seine Piloten-Ausbildung in der Flugschule der Lufthansa absolviert. Seine fliegerische Karriere startete er 1997 als A320-Copilot bei Austrian Airlines. Parallel zu seiner Pilotenlaufbahn begann er 2001 als Flottenreferent bei Lufthansa, verantwortete später die Gepäckprozesse der deutschen Airline und das leitete das seinerzeit neugegründete Irregularity Management.

2010 und 2011 sammelte er berufliche Erfahrung als Ground Operations Chef bei Lufthansa Italia. 2015 wechselte er als Projektleiter für die Einflottung der A330 zu SunExpress Deutschland, wo er in weiterer Folge auch als Accountable Manager tätig war. Als Managing Director und Accountable Manager zog er 2017 in die Geschäftsführung von Germanwings ein. Sciortino hält eine Trainerlizenz als Airbus A320/A330 Kapitän.