Hinter den Kulissen der Flugsicherung: Unterwegs mit dem Vermessungsflug über Stuttgart

Für die Flugsicherheit unerlässlich sind hundertprozentig funktionsfähige Navigationsanlagen. Wir waren bei einem Vermessungsflug jener High-Tech-Geräte rund um den Stuttgarter Flughafen dabei.
Während am Flughafen Stuttgart der normale Flugbetrieb läuft hebt ein Flug ab, den kaum jemand wahrnimmt – aber ohne den der Luftverkehr nicht in dieser Genauigkeit und Sicherheit funktionieren würde. Es handelt sich um einen hochpräzisen Vermessungsflug, durchgeführt von der FCS Flight Calibration Services GmbH aus Braunschweig, im Auftrag der DFS Deutsche Flugsicherung.
Ziel des Einsatzes: die regelmäßige Überprüfung von Navigationsanlagen, die für die Luftfahrt unverzichtbar sind – insbesondere das VOR STG, ein Drehfunkfeuer direkt am Flughafen Stuttgart. AERO-INTERNATIONAL-Mitarbeiter Daniel Kessler hatte die Gelegenheit, einen dieser besonderen Flüge zu begleiten.
Vermessungsflug im Auftrag der Flugsicherung
Zum Einsatz kommt ein speziell ausgestattetes Flugzeug vom Typ Beechcraft King Air 350. Dieses zweimotorige Turboprop-Flugzeug zeichnet sich durch seine hohe Zuverlässigkeit, ökonomische Effizienz, leistungsstarke PT6A-Triebwerke sowie geringe Geräuschemissionen aus – ideal für wiederholte Kalibrierungsflüge auch in dicht besiedelten Gebieten.
An Bord befindet sich modernste Avionik: ein ProLine21-Glascockpit, ein Flight Management System FMS 3000 mit WAAS-, EGNOS- und SBAS-zugelassener Avionik, sowie TCAS II-, TAWS-, ADS-B-, EGPWS- und RVSM-Zulassung für Höhenflüge mit reduziertem Staffelungsabstand. Die Maschine ist ein fliegendes Hightech-Labor – ausgestattet für präziseste Flugvermessung.
Ein fliegendes Messlabor: Die King Air 350
Im Mittelpunkt des begleiteten Flugs stand die Kalibrierung des VOR STG, eines Drehfunkfeuers auf dem Flughafengelände Stuttgarts. Es ist eines der wichtigsten Navigationssysteme in Süddeutschland – essenziell für An- und Abflüge im Instrumentenflug.
Die Crew bestand aus Captain Thomas Wede, der den Flug präzise steuerte, Copilotin Louisa Wengenroth sowie Lucas Schwarz, einem Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik. Während Wede und Wengenroth das Flugzeug durch das Messprofil manövrierten, analysierte Lucas Schwarz die technischen Daten an Bord in Echtzeit.
Geflogen wurden mehrere Vollkreise in einem Abstand von 20 nautischen Meilen (ca. 37 Kilometern) um das VOR. Das Ziel war es, die Signalqualität aus allen Richtungen zu überprüfen. Anschließend wurde die magnetische Ausrichtung des Signals kontrolliert, um sicherzustellen, dass die Richtungsangaben für die Navigation im Cockpit präzise stimmen.
Kalibrierung in Echtzeit
Ein besonderer Aspekt dieses Einsatzes: Während des gesamten Fluges bestand über eine spezielle Funkfrequenz direkter Kontakt zu Ingenieuren am Boden, die sich direkt an der VOR-Anlage befanden.
So konnten sofortige Feinjustierungen an der Bodenstation vorgenommen werden – in direkter Abstimmung mit den Messwerten aus der Luft. Diese enge Koordination zwischen Flugzeug und Bodenpersonal erhöht die Effizienz erheblich und spart oft zeitaufwendige Nacharbeiten.
Weitere Anlagen im Fokus
Im Rahmen der aktuellen Vermessungsflüge der FCS werden auch zwei weitere VOR in Baden-Württemberg überprüft – allerdings nicht am selben Tag.
- VOR LBU „Luburg“: gelegen auf einem Feld bei Affalterbach im Landkreis Ludwigsburg
- VOR SUL „Sulz“: zwischen Sulz am Neckar und Neckarhausen, auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche
Diese VOR ergänzen das System in der Region Stuttgart und sind vor allem für den überregionalen Streckenflugverkehr relevant.
Was ist ein VOR?
Ein VOR (Very High Frequency Omnidirectional Range) ist ein Funknavigationssystem, das Flugzeugen eine exakte Richtungsinformation zur Bodenstation liefert. Es sendet zwei Signale:
- eine ungerichtete Komponente, die in alle Richtungen gleichmäßig abgestrahlt wird,
- und eine gerichtete Komponente, die sich 30-mal pro Sekunde um die Station dreht.
Aus dem Phasenunterschied dieser beiden Signale kann das Flugzeug den Azimutwinkel (Radial) berechnen – also den Winkel von der Station zur eigenen Position. Diese Information wird im Cockpit auf dem Navigationsdisplay dargestellt.
Was ist ein ILS?
Ein ILS (Instrument Landing System) ist ein Instrumentenlandesystem, das Flugzeugen eine präzise horizontale und vertikale Führung beim Landeanflug ermöglicht – besonders wichtig bei schlechtem Wetter oder schlechter Sicht.
Während VORs einmal jährlich überprüft werden, erfolgt die Kalibrierung von ILS-Systemen alle 180 Tage – ebenfalls durch die FCS im Auftrag der DFS.
Die Arbeit der FCS – in enger Abstimmung mit der DFS – geschieht meist im Hintergrund, ist aber elementar für die Sicherheit in der Luft. Der begleitete Flug über Stuttgart zeigte eindrucksvoll, wie moderne Technik, erfahrenes Fachpersonal und nahtlose Kommunikation dafür sorgen, dass Piloten sich auf ihre Navigationssysteme jederzeit verlassen können.