Lernen aus der Katastrophe: Wie zehn Flugunfälle die Luftfahrt sicherer machten

Das Lernen aus Katastrophen ist ein Grundprinzip der Luftfahrt. Wir stellen zehn Unglücke vor, die besonders gravierende Auswirkungen auf die Sicherheit hatten.
Die Geschichte der Luftfahrt, wie die jedes Verkehrsträgers, ist von zahlreichen tragischen Unglücken geprägt. Doch alle am System Luftverkehr beteiligten Partner verstehen es, aus Fehlern zu lernen und das Fliegen immer sicherer zu machen. Diese Kultur führt zu einem Sicherheitsniveau, von dem man vor wenigen Jahrzehnten noch nicht zu träumen wagte. Nachfolgend beleuchten wir zehn Unfälle der Luftfahrtgeschichte, von denen der älteste schon rund neun Jahrzehnte zurückliegt. Ihnen ist gemein, dass die daraus gezogenen Lehren aus Autorensicht zu einem maßgeblichen Zugewinn an Flugsicherheit führten.
30.Oktober 1935: Tod im Prototyp
An diesem Tag startete auf dem Wright Field im US-Bundesstaat Ohio der Prototyp der neuen Boeing 299 zu einem Testflug im Rahmen des Zulassungsprogramms. An Bord der „X13372“ befand sich unter anderem Major Ployer Peter Hill, ein Pionier der Militärluftfahrt. Die viermotorige Maschine nahm Fahrt auf, hob ab und stieg gen Himmel. Doch der Steigflug wurde immer steiler, bis das Model 299 fast senkrecht stand. Die Strömung am Flügel riss ab und das große Flugzeug stürzte unkontrollierbar zu Boden. Von den fünf Insassen starben zwei, darunter auch Peter Hill. Der lukrative Produktionsauftrag war erstmal futsch und das Überleben der Firma Boeing hing an einem seidenen Faden. Auf die 299, Prototyp des Bombers B-17, hatte die Firma aus Seattle alles gesetzt. Schnell kam die Unglücksursache ans Licht.
Die Crew hatte vergessen, die „gusts locks“ vor dem Flug zu entfernen. Diese rot gekennzeichneten Sperrklammern werden bei längeren Standzeiten am Höhen- und Seitenleitwerk eingesetzt, um bei aufkommenden Winden ein Hin- und Herschlagen der Steuerflächen zu verhindern und das Risiko einer Beschädigung zu minimieren. Doch mit eingesetzten Sperren sind alle Ruder blockiert. Egal wie stark ein Pilot am Steuerknüppel zerrt, ist es für ihn unmöglich, irgendeine Kontrolle über Flughöhe oder Kurs auszuüben. Wie konnte eine so erfahrene Besatzung nur so etwas Wichtiges vergessen? Um einer Wiederholung vorzubeugen, wurde die Idee einer verbindlichen Checkliste geboren, an die sich jeder Pilot zu halten hat. Für die Flugvorbereitung, den Start, den Anflug und die Landung ist seitdem diese oberste Pilotenregel zu befolgen. Erst wenn alle Punkte der Checkliste geprüft sind, darf ein Pilot starten. Der Crash von „X13372“ hatte somit eine neue Ära für jeden Piloten eingeleitet. Die Verwendung der Checkliste wird bis heute jedem Piloten eingeimpft.
08. April 1954: Das Comet-Desaster
Großbritannien war Vorreiter einer neuen Flugzeuggeneration. Die de Havilland DH- 106 Comet verschob Anfang der fünfziger Jahre als erster Jet-Airliner die Grenzen des Flugzeugbaus. Er ging zuerst bei der legendären Fluggesellschaft BOAC in Dienst. Fast doppelt so schnell und deutlich höher fliegend als herkömmliche Propellermaschinen, versprach die Comet auf Jahre konkurrenzlos zu sein. Sie besaß eine Druckkabine, die den Innendruck im komfortablen Bereich hielt. Doch die Pionierarbeit hatte ihren Preis. Da Erfahrungswerte fehlten, wurde die Flugzeugzelle für die permanenten Belastungen im Flugalltag zu schwach ausgelegt. Am 10. Januar 1954 zerbrach die als G-ALYP registrierte Comet 1 im Steigflug von Rom nach London über dem Tyrrhenischen Meer – und riss alle 35 Insassen in den Tod.
Noch während die Unfalluntersuchungen liefen, dann der nächste Schock: Das für South African Airways fliegende Schwesterflugzeug G-ALYY zerbrach ebenfalls im Steigflug nach dem Start in Rom – alle 21 Menschen an Bord fanden den Tod. In der Folge wurde ein Startverbot über die Comet verhängt. Mit einem zuvor noch nie gesehenen Aufwand wurden die Unfälle untersucht. Es zeigte sich eine konstruktionsbedingte Schwäche des Rumpfs der den permanenten Druckunterschieden im Flugbetrieb nicht gewachsen war. Es bildeten sich feinste Haarrisse im Metall, die bei jedem Steigflug unbemerkt größer wurden. Um dieser Materialermüdung vorzubeugen, baut man seitdem Düsenflugzeuge im „Fail safe“-Prinzip: Versagt ein Rumpfbauteil, übernimmt die übrige Konstruktion die Mehrlast, ohne dass das Risiko eines Auseinanderbrechens besteht.
30. Juni 1956: Kollision über dem Grand Canyon
Es war die erste Flugzeugkatastrophe, bei der mehr als 100 Menschen ums Leben kamen: Weder die 58 Insassen der Douglas DC-7 von United Airlines noch die 70 Menschen, die sich an Bord der Lockheed L-1049 Super Constellation der TWA befanden, hatten eine Überlebenschance. Die beiden Maschinen stießen in 21 000Fuß Höhe über dem Grand Canyon National Park im US-Bundesstaat Arizona zusammen. Während die L-1049 unkontrolliert abstürzte, hätte es die Crew der DC-7 beinahe noch über den Kamm des Canyons geschafft. Dieses Unglück hatte Folgen.
Das Civil Aeronautics Board (CAB) ermittelte, dass „beide Piloten sich nicht sahen und so eine Kollision nicht vermeiden konnten“. Viele Fachleute hatten damals so einen Zusammenstoß über den USA vorausgesagt, da das antiquierte Flugkontrollsystem die stetig steigende Zahl an Flugbewegungen nicht mehr bewältigen konnte. Abseits der großen Metropolen gab es so gut wie nirgends eine Radarüberwachung. Die Piloten waren während des Reiseflugs weitgehend auf das Prinzip „Sehen und gesehen werden“ angewiesen. Das war jedoch für schnellere Flugzeuge in größeren Höhen und bei eingeschränkten Sichtverhältnissen ein Sicherheitsrisiko. Schon vorher kam es am Himmel Amerikas zu mehreren Zusammenstößen und Beinahe-Kollisionen. Der Grand-Canyon-Crash stellte eine Zäsur dar, und mündete schließlich in der modernen Luftraumüberwachung, die wir heute kennen. Es wurden „Luftstraßen“ eingeführt, ebenso eine weitgehend lückenlose Radarüberwachung und einer Abkehr vom Sichtflugprinzip bei größeren Maschinen.
10. Juni 1960: Das Rätselraten von Mackay
Es war gegen 22 Uhr in tiefer Dunkelheit an diesem Winterabend am Flugplatz der australischen Provinzstadt Mackay. Aus Brisbane kommend befand sich Flug 538 der Trans Australian Airlines mit 25 Passagieren und vier Crew-Mitgliedern im Landeanflug. Die Fokker F-27, die sich dem Flughafen näherte, war erst vor einem Jahr ausgeliefert worden. Das Wetter war gut, nur eine niedrige Wolkenschicht hing über der Küste im Landeanflug, die den Piloten etwas die Sicht auf die Piste nahm. Dann riss der Funkverkehr ab. Erst am nächsten Morgen entdeckte man auf dem Meer treibende Trümmerteile. Keiner an Bord hatte überlebt. Doch die Gründe einer der schlimmsten Flugkatastrophen Australiens konnten nie geklärt werden.
Nach diesem Unfall wollte man endlich Klarheit über das, was an Bord vor sich ging. Hierfür erließ die Australische Unfalluntersuchungsbehörde eine Vorschrift, in allen Flugzeugen, die 50 Sitze oder mehr hatten, einen Flugdatenschreiber zu installieren, der wichtige Parameter wie Höhe, Kurs, Geschwindigkeit oder Klappenstellung in Echtzeit mitschrieb. Die sogenannte „Black Box“ wurde geboren. Später kam – auch federführend durch Australien – der Cockpit Voice Recorder hinzu.
22. Oktober 1963: Strömungsabriss einer BAC 1-11
Im August 1963 erhob sich zum ersten Mal Großbritanniens neuer Kurzstreckenjet in den Himmel: die BAC 1-11. Die drei Prototypen flogen danach eifrig ihre Testprogramme ab, um die Musterzulassung der britischen Luftfahrtbehörde zu erlangen. An diesem Dienstag war die Baunummer 004 (G-ASHG) dafür vorgesehen, Testflüge zur Flugstabilität bei verschiedenen Anfluggeschwindigkeiten und unterschiedlicher Trimmung zu absolvieren. Damals musste das gesamte aerodynamische Flugverhalten in der Realität erflogen werden, heute hilft dabei der Computer. Sieben Crewmitglieder befanden sich an Bord, darunter Messtechniker und Ingenieure von BAC, als man an diesem Morgen abhob. Vier Langsamflugtests in verschiedenen Flughöhen wurden absolviert.
Beim fünften jedoch wurde die Nase so sehr aufgerichtet, dass die Luftströmung an den Tragflächen abriss und das Höhenleitwerk am Heck in die Wirbelschleppe der Tragflächen kam. Kein Pilot der Welt hätte sich aus diesem tiefen Überziehungszustand (auf Englisch „deep stall“) retten können. Die BAC 1-11 stürzte mit sehr hoher Sinkrate auf ein Feld nahe Chicklade in Südwestengland und explodierte beim Aufprall. Alle an Bord starben. Um der Crew den überzogenen Flugzustand, für den besonders Flugzeuge mit T-förmigen Leitwerken anfällig waren, rechtzeitig anzuzeigen, entwarf man den sogenannten „Stick Shaker“, auf Deutsch übersetzt Steuerknüppel-Schüttler. Sensoren an den Tragflächen erkennen, wenn ein Stall droht und aktivieren rechtzeitig vor dem Strömungsabriss einen Rüttelmotor, der die Steuersäulen der Piloten vibrieren lässt. Dieses Stick Shaker-System setzte sich seitdem weltweit als wirkungsvolle Sicherheitskomponente der Zivilluftfahrt durch.
1. Dezember 1974: Ahnungslos gegen den Berg
Ein weiterer Meilenstein in der langen Geschichte der stetig verbesserten Flugsicherheit war die Folge des Unglücks von Flug 514 der TWA, einer Boeing 727-200. Zum Zeitpunkt des Unglücks an einem Hang des Mount Weather herrschte schlechte Sicht und es fiel ein Regen-Schnee-Gemisch vom Himmel. Niemand der 85 Passagiere und der sieben Crewmitglieder hatte eine Chance, den Crash zu überleben. Zuvor hatten die Piloten aufgrund stürmischer Seitenwinde ihren geplanten Zielflughafen Washington National im Zentrum der US-amerikanischen Hauptstadt aufgegeben und wollten nach Washington Dulles ausweichen.
Beim Einkurven auf die Piste 12 sank Flug 514 aufgrund von Missverständnissen mit der Anflugkontrolle unter das erlaubte Minimum. Durch das schlechte Wetter hatten die Piloten keine Außensicht und kollidierten mit dem Gelände. Bis dahin verfügten Jets lediglich über einen Radio-Höhenmesser, der direkt unter dem Flugzeug den Abstand zum Boden messen konnte. Die US-Luftfahrtbehörde nahm das Unglück vom Mount Weather daher zum Anlass, das neuartige Ground Proximity Warning System (GPWS) vorzuschreiben.
Dieses System kann auch die Höhe des Geländes im Flugweg vor der Maschine analysieren und entsprechend warnen. Seitdem können Piloten nun bei einer drohenden Kollision mit ansteigendem Gelände auf einen automatischen Helfer bauen, der mit eindringlicher Stimme „Pull up!“ ruft, und auf diese Weise schon unzähligen Menschen das Leben gerettet hat – auch wenn das System je nach Flugsituation seine Grenzen hat.
31. August 1986: Kollision über Los Angeles
Ein weiterer einschneidender Tiefpunkt der Luftfahrtgeschichte ereignete sich im sonnigen Südkalifornien. Bereits 1978 war es zu einer Kollision am Himmel über San Diego mit insgesamt 144 Toten gekommen, als ein Linienjet mit einem einmotorigen Kleinflugzeug vom Typ Cessna 182 zusammenstieß. Schon damals wurden strengere Regeln in den Lufträumen um größere Flughäfen erlassen, doch es bedurfte einer weiteren Tragödie, bis man die entscheidende Risikolücke in der Luftraumkontrolle schloss. Flug AM 498 der Aeromexico befand sich von Süden her im Landeanflug auf Los Angeles. Um 11.52 Uhr kollidierte die DC-9 mit einem Kleinflugzeug Piper PA-28 und stürzte auf das dichtbesiedelte Häusermeer der Metropole.
Weder die 64 Menschen an Bord des Linienflugs noch die drei Insassen der Piper überlebten den Absturz. Zusätzlich kamen 15 Personen am Boden zu Tode. Der Pilot der Einmotorigen war ohne Wissen der Flugsicherung in den Luftraum des Linienjets eingedrungen und hatte keine der vorgeschriebenen Positionsmeldungen abgesetzt. Zwei große Katastrophen durch Mid-Air- Kollisionen binnen acht Jahren zwangen die Luftfahrtbehörde FAA zum Handeln. Da mittlerweile die Technik vorhanden war, verordnete man eine Vorschrift, die bald weltweit umgesetzt wurde. Danach mussten alle Flugzeuge, die im Luftraum um einen größeren Flughafen herum unterwegs waren, einen aktiven Transponder an Bord haben. Dieses Gerät macht Flugzeuge per Radar besser erkennbar und sendet einen von der Flugsicherung zugewiesenen Nummerncode sowie die Flughöhe aus. So können Fluglotsen die Maschinen eindeutig identifizieren.
12. November 1996: Das Desaster von Charki Dhadri
Erneut stellte eine Kollision am Himmel eine Zäsur in der Geschichte der Flugsicherheit dar. Schauplatz dieses Unglücks war Indien, ein Land dessen Zivilluftfahrt damals von den Belangen des Militärs eingeschränkt war. So existierte für den Hauptstadtflughafen in Delhi nur ein einziger ziviler An- und Abflugkorridor, durch den sämtlicher Passagier- und Frachtverkehr wie durch einen Flaschenhals hindurch musste. Viele Piloten hatten seit langem vor diesem Sicherheitsrisiko gewarnt, doch es änderte sich nichts.
An diesem Tag startete eine Boeing 747- 100 der Saudia zum Flug 763 von Delhi nach Dhahran mit 312 Insassen an Bord. Gleichzeitig näherte sich eine Iljuschin IL-76 der Kazakhstan Airlines von Westen mit dem Ziel Delhi. Der Anfluglotse gab den saudischen Jumbo-Jet auf 14 000 Fuß frei, während er die IL-76 anwies, auf 15 000 Fuß zu sinken. Durch sprachliche Missverständnisse der Luftraumkontrolle und mangelnde Englischkenntnisse im Cockpit der IL-76 verstand die Kasachische Crew jedoch, auf 14 000 Fuß sinken zu dürfen. Es kam zur Kollision.
Beide Flugzeuge wurden in der Luft zerschmettert und fielen auf ein zum Glück nur spärlich bewohntes Gebiet etwa 100 Kilometer westlich der Hauptstadt. Binnen einer Minute waren 349 Menschen zu Tode gekommen. Dieses furchtbare Unglück zog nicht nur eine radikale Neuordnung des indischen Flugüberwachungssystems nach sich, sondern führte auch zur Einführung des Traffic Collision Avoidance Systems (TCAS). Dieses Gerät prüft permanent den Luftraum darauf, ob eine gefährliche Annäherung mit einem anderen Flugzeug droht, und gibt im Konfliktfall optische und akustische Ausweichempfehlungen, die mit dem TCAS an Bord des anderen Flugzeugs abgestimmt werden. In den USA war TCAS damals bereits seit ein paar Jahren Vorschrift. Dieser Crash beschleunigte dessen weltweite Einführung.
11. September 2001: 9/11
Kein anderes singuläres Ereignis hatte einen ähnlich starken Effekt auf Sicherheitskontrollen bei Flugreisen, als der Tag, an dem der Terror über Amerika kam. An jenem Dienstag entführten 19 Terroristen vier Passagierjets. Zwei starteten am Morgen in Boston: eine Boeing 767 von United Airlines und eine Boeing 767 von American Airlines. Eine Boeing 757 von American kam aus Washington, DC, eine United-757 aus New York-Newark. Die Angreifer gelangten mit großer Brutalität in die Cockpits, wo sie die Piloten entweder töteten oder schwer verletzten und sich selbst ans Steuer setzten.
Die 767 der American wurde um 8.46 Uhr in den Nordturm des World Trade Centers in New York gelenkt, 17 Minuten später flog die zweite 767 in den Südturm. 34 Minuten später wurde die American 757 in das Pentagon in Washington gestürzt. Nur der Flug der vierten Maschine, United Flug 93, verlief anders als von den Attentätern geplant. Die Passagiere bekamen Wind von dem selbstmörderischen Vorhaben, überwältigten ihre Peiniger und waren dabei ins Cockpit vorzudringen, als die Terror- Piloten die 757 in ein Feld nahe Shanksville, PA lenkten.
Niemand der 246 Menschen an Bord der vier Flugzeuge überlebte. Zusätzlich starben 125 Menschen im Pentagon und 2606 in den eingestürzten Twin Towers in New York. Die Welt stand unter Schock. Nie wieder sollte es möglich sein, so ein furchtbares Attentat zu verüben. Es folgten die wohl rigorosesten Sicherheitsverschärfungen, die die Zivilluftfahrt je gesehen hatte. Seitdem müssen wir alle, wann immer wir fliegen wollen, deutlich aufwendigere Sicherheitschecks für Körper und Handgepäck durchlaufen.
Kriminelle Trittbrettfahrer versuchten, in den Monaten nach 9/11 bei vereitelten Anschlägen Sprengstoffe am Körper, in Flaschen oder im Schuh zu verstecken – entsprechende Checks wurden üblich. Alle personenbezogenen Passagierdaten werden international ausgetauscht. Auch Flughafenmitarbeiter sind betroffen. Die früher besonders für Kinder beliebten Cockpitbesuche während des Reiseflugs sind tabu. Alle Cockpittüren wurden einbruchssicherverstärkt und mit einem Schließmechanismus ausgerüstet, der es Eindringlingen unmöglich macht, zu den Piloten vorzudringen.
8. März 2014
Beispiellos in der Geschichte war das bis heute ungelöste Schicksal des Flugs MH 370 von Malaysia Airlines, einer Boeing 777-200ER, die von Kuala Lumpur nach Peking fliegen sollte. An Bord befanden sich zwölf Besatzungsmitglieder und 227 Passagiere. 41 Minuten nach dem Start, als sich der Langstreckenjet über dem Golf von Thailand befand, brach der Funkkontakt ab und das Transpondersignal erlosch. Was sich zu dieser Zeit im Cockpit ereignet hat, ist bis heute rätselhaft. Eines aber war klar: Jemand saß auf dem Pilotensitz und lenkte den großen Jet.
Wie man später rekonstruierte, schlug die Boeing einen scharfen Haken nach Westen, stieg auf über 40 000 Fuß und flog hinaus in Richtung Andamanisches Meer, wo sich um 2.22 Uhr der letzte Radarkontakt des Fluges verlor. Wer auch immer dort im Cockpit saß, wollte nicht entdeckt werden. Anhand von Satellitenkommunikation konnte aber zweifelsfrei ermittelt werden, dass die Boeing noch mindestens eine Stunde nach der geplanten Ankunftszeit in Peking einen automatisierten Datenaustausch sendete. Von wo die Sendung kam, wurde versucht zu ermitteln.
Eine in ihrer Dimension noch nie dagewesene Suchaktion wurde gestartet. Fachleute hatten berechnet, dass Flug MH 370 sich wohl weiter Richtung Süden bewegt hatte und dann infolge Treibstoffmangels in einem Seegebiet rund 2500 Kilometer vor der Westküste Australiens niedergegangen sein musste. Doch fündig wurde man bis heute nicht. Wobei das nicht ganz stimmt. Im Jahr 2015 wurde eine Tragflächenklappe der Boeing an einem Strand von La Réunion entdeckt. 2016 wurden weitere Trümmerteile der Maschine in Mosambik angetrieben – tausende Kilometer von der vermuteten Absturzstelle entfernt. Doch auch die akribischsten Analysen konnten dieses Rätsel der Luftfahrtgeschichte nicht lösen.
Trotz moderner Technologie nicht in der Lage zu sein, den Verbleib eines Großraumjets nachvollziehen zu können, war eine frustrierende Erfahrung – inakzeptabel für die moderne Zivilluftfahrt. Neue Vorschriften wurden entwickelt: Seit 2018 setzen alle Flugzeuge, die über Ozeanen unterwegs sind, alle 15 Minuten eine Positionsmeldung ab. Alle ab 2021 gebauten Flugzeuge haben autonome Tracking-Geräte an Bord, die in einer Notsituation jede Minute ein Positionssignal aussenden. Zudem sollen die Peilsender der Flugdatenschreiber nun 90 statt nur 30 Tage senden können.