Er ist der dritte Chef am neuen Hauptstadtflughafen in wenigen Jahren und inzwischen hat er das gleiche Problem wie seine Vorgänger: Karsten Mühlenfeld läuft die Zeit davon. Berlin (dpa) – Karsten Mühlenfeld ist nicht zu beneiden. Dem Chef des neuen Hauptstadtflughafens ging es dieses Jahr wie einem Radfahrer, der voller Elan in die Pedale steigt – […]

Er ist der dritte Chef am neuen Hauptstadtflughafen in wenigen Jahren und inzwischen hat er das gleiche Problem wie seine Vorgänger: Karsten Mühlenfeld läuft die Zeit davon.

Berlin (dpa) – Karsten Mühlenfeld ist nicht zu beneiden. Dem Chef des neuen Hauptstadtflughafens ging es dieses Jahr wie einem Radfahrer, der voller Elan in die Pedale steigt – und dabei springt die Kette ab. Das Rad rollt zwar noch ein paar Meter, aber schnell ist anders. Im März stieg der 52-Jährige als Nachfolger Hartmut Mehdorns auf den Sattel des Chefs der Berliner Flughäfen. Es folgten: die Pleite einer wichtigen Baufirma, Korruptionsfälle, ein vorübergehender Baustopp.

Schon rennt Mühlenfeld den von Mehdorn gesetzten Terminen hinterher, die Zeit bis zur Eröffnung 2017 wird knapp. Die Kette muss wieder aufs Zahnrad.

Dem Aufsichtsrat hat der frühere Rolls-Royce-Manger nun einen neuen Zeitplan vorgelegt und «Beschleunigungsmaßnahmen» vorgeschlagen. «Auf dieser Grundlage ist weiterhin die Inbetriebnahme in 2017 möglich», sagt der Berliner Flughafenkoordinator und Aufsichtsratsmitglied Engelbert Lütke Daldrup. Und das interessante Wort in diesem Satz lautet «möglich».

Das klang vor einem Jahr noch anders. Da zurrten Mehdorn und sein Technikchef Jörg Marks den Zeitplan zur Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 fest – sechs Jahre später als geplant. Vier Eröffnungstermine für den drittgrößten deutschen Flughafen waren da schon geplatzt – wegen Technikproblemen, Baupfusch und Managementfehlern.

«Das schaffen wir, da gibt es keine irgendwie gearteten Pleiten mehr», versicherte Mehdorn, verkündete dann überraschend seinen Rücktritt und rief seinem Nachfolger öffentlich noch «toi, toi, toi» zu. Und den Flughafen-Mitarbeitern: «Das ist schon längst mehr als ein Job – das ist eine nationale Aufgabe. Sie schaffen das!»

Höher kann man die Latte kaum legen, über die ein Nachfolger springen muss. Mühlenfeld musste ein halbes Jahr nach Amtsantritt zugeben, dass er schon drei bis vier Monate hinter dem Mehdornschen Plan liegt. «Ich bin mir sicher, dass wir auch künftig auf Vorgänge aus der Vergangenheit stoßen, die auf den ersten Blick unfassbar erscheinen.» Das Projekt sei in einer schwierigen Phase.

Der Rückstand ist bis heute geblieben. Inzwischen müssen die Projektsteuerer länger arbeiten, in Teilbereichen gilt eine Sechs-Tage-Woche. Der Aufsichtsrat wollte am Freitag hinter verschlossenen Türen weitere «Beschleunigungsmaßnahmen» diskutieren.

Das Wort weckt unheilvolle Erinnerungen. Vor der geplatzten Eröffnung 2012 hatte der Aufsichtsrat Millionen bewilligt, um das Projekt noch rechtzeitig über die Ziellinie zu bringen. Tausende Arbeiter schufteten in Schichten im Terminal – und mancher baute völlig ohne Plan. Der Murks macht bis heute Probleme.

Flughafenkoordinator Lütke Daldrup widerspricht dem Vergleich mit den «Beschleunigungsmaßnahmen» von damals. «Das sind nicht ähnliche Vokabeln.» Doch auch die immer neuen Spekulationen kreisen seit Jahren um ähnliche Themen: Firmen, die aus der Notlage der Bauherren Kapital schlagen, kritische interne Gutachten, Machtkämpfe in der Geschäftsführung. Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider ficht das am Freitag nicht an. Er sagt nur: «Alles wird gut.»