Von der schnellen Cirrus bis zu Businesslinern für VVIP: Nach drei Jahren Corona-Pause kommt die Business Aviation vom 23. bis 25. Mai wieder in Genf zusammen.

Es ist eine wichtige Standortbestimmung, denn in den vergangenen drei Jahren hat sich vieles getan, technologisch ebenso wie bei den Rahmenbedingungen für diesen Teil der Luftfahrt. Zwar gab es im vergangenen Oktober die NBAA in Las Vegas, aber für Europa, Afrika und den Nahen Osten ist die Ebace die entscheidende Messlatte.

Nach so langer Zeit ist die Ebace 2022 ohne Zweifel „the place to be“. Vier Wochen vor Messebeginn waren denn auch die vorhandenen Ausstellungsflächen ausgebucht, von wenigen Leerstellen abgesehen. Während die Airlines noch an den Folgen der Pandemie leiden, gehört die Geschäftsluftfahrt zu den Gewinnern. Angesichts ausgedünnter Streckennetze und reduzierter Frequenzen ist der eigene oder gecharterte Flieger häufig ohne echte Alternative. Viele wohlhabende Privatpersonen und Unternehmen, für die es nie zur Debatte stand, einen Businessjet zu nutzen, haben in den vergangenen zwei Jahren die Vorteile dieses Verkehrsmittels zu schätzen gelernt. Dadurch ist die Nutzerbasis gewachsen und auch die Akzeptanz. Das gestiegene Bedürfnis nach Sicherheit und Hygiene leistet ein Übriges.

Ein Highlight auf der Ebace 2022 ist die Gulfstream G800

Auf der Außenfläche wird die gesamte Bandbreite der Geschäftsluftfahrt vertreten sein – von der schnellen einmotorigen Cirrus für den selbstfliegenden Geschäftsmann bis zu Businesslinern aus den Häusern Airbus und Boeing für VVIP und Head-of-States. Als Highlight sind zwei neue Large Cabin Jets mit interkontinentaler Reichweite angekündigt.
Einer dieser Überraschungsgäste dürfte die Gulfstream G800 sein, die das Unternehmen am 4. Oktober vorigen Jahres vorgestellt hatte. Das Flugzeug ist quasi eine Kreuzung zwischen G650ER (Rumpf) und G700 (Flügel, Pratt & Whitney Pearl 700, Symmetry Flight Deck). Es wird mit 8000 Nautischen Meilen (14 800 Kilometer) die größte Reichweite aller Gulfstreams haben. Der 75,5 Millionen US-Dollar teure Jet hat schon einen großen Teil in der Flugerprobung abgeschlossen und soll ab 2023 ausgeliefert werden.

Im Innovationspavillon präsentiert die EBACE ein ganz neues Thema: Advanced Air Mobility. Ein Dutzend Modelle unter anderem von Aeromobil, Lilium and Pipistrel Vertical Solutions werden dort zu sehen sein. Im Beiprogramm geht es um die Frage, wie eVTOLs in die Business Aviation integriert werden können. Auch wenn dieser Aspekt angesichts der auf absehbare Zeit bescheidenen Reichweite dieser Fluggeräte überraschen mag, so ist das Thema doch gut gewählt. Zum massentauglichen innerstädtischen Verkehrsmittel, das das Fliegen zum Uber-Preis für jedermann erschwinglich macht, taugt keines der heutigen eVTOLs. Aber wer mit Mach 0.9 um den Globus jettet, der will anschließend auf dem Weg vom Flughafen in die City nicht stundenlang im Stau stecken, so wie dies in Sao Paulo, Mexiko-Stadt oder vielen asiatischen Metropolen heute normal ist. Und er ist bereit, den entsprechenden Preis für ein lärmarmes und emissionsfreies Expressshuttle zu zahlen.

Auf der Ebace 2022 ist Verringerung der Umweltbelastung ein Thema

Großen Raum wird die Verringerung der Umweltbelastung durch die Geschäftsfliegerei einnehmen. Der Aufgabe, die klimawirksamen Emissionen so schnell wie möglich zu senken, kann sich auch dieser Bereich der Luftfahrt nicht entziehen. VistaJet ist mit seiner Ankündigung, bis 2025 CO2-neutral zu werden, vorgeprescht, nachdem 80 Prozent der Kunden von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, die Emissionen ihres Fluges durch den Erwerb von CO2-Zertifikaten zu kompensieren, deren Erlös dann in Nachhaltigkeitsprojekte investiert wird. Der Königsweg aber ist der Einsatz von SAF (Sustainable Aviation Fuel). Es steht derzeit erst in begrenzten Mengen zur Verfügung und ist immer noch mehr als doppelt so teuer wie konventionelles Kerosin. Aber die Nutzer der Business Aviation sind am ehesten in der Lage, die Mehrkosten für eine nennenswerte Beimischung zu verkraften. Indem die Branche die Nachfrage schafft, die für den Aufbau von Produktionskapazitäten nötig ist, könnte sie eine Pionierrolle auf dem Weg zur klima- neutralen Luftfahrt einnehmen

Text: Heinrich Großbongardt & Fotos: Rob Mitchell/EBACE