Das NASA-Raumschiff Artemis I mit seiner Orion-Kapsel soll am 11. Dezember wieder die Erde erreichen. Doch wie fing die Geschichte der Raumfahrt an?

Die Orion-Raumkapsel der noch unbemannten Mondmission Artemis 1 entfernte sich am 28. November 2022 mit 435000 Kilometern so weit von der Erde, wie kein anderes für die bemannte Raumfahrt konzipiertes Gefährt zuvor. Der Weg für künftige, dann bemannte Mondmissionen scheint geebnet. Damit könnte der Traum einer permanenten Besiedlung des Erdtrabanten in Erfüllung gehen, der bereits 1955 mit dem Trans World Airlines Moonliner begann.

Im dritten Anlauf hat es geklappt. Das NASA-Raumschiff Artemis I mit seiner Orion-Kapsel ist am 16. November 2022 vom Kennedy Space Center in Florida Richtung Mond gestartet. Der noch unbemannte Testflug ist Teil mehrerer Missionen die laut NASA „die Grundlagen für die Erforschung des Weltraums durch den Menschen bilden und unser Engagement und unsere Fähigkeit demonstriert, die menschliche Existenz auf den Mond und darüber hinaus auszudehnen.“ Das langfristige Ziel, nach der Etablierung einer Basis auf dem Mond, ist eine bemannte Mission zum Mars!

Um erste Daten für eine derartige Langzeitreise zu sammeln wird Orion länger im All bleiben als jedes andere für Astronauten gebaute Raumschiff – ohne dabei an eine Raumstation anzudocken. Aktuell befindet sich Orion in ihrer letzten Missionsphase und hat Kurs zur Erde genommen, die sie am Sonntag, den 11. Dezember erreichen soll. Anlässlich dieses epochalen Ereignisses erinnert AERO INTERNATIONAL an eine Raumfahrtgeschichte des Luftverkehrs, die vor 67 Jahren ihren Anfang nahm.

Wernher von Braun und Walt Disney sind begeisterte Raketen-Fans

Basierend auf der während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland entwickelten Flüssigkeitsrakete Aggregat 4 (V2), begaben sich die USA unmittelbar nach Kriegsende auf den Weg zur Eroberung des Alls. Dieses Schaulaufen der Nationen fand 1969 mit der Landung des ersten Menschen auf dem Mond seinen vorläufigen Höhepunkt. Treibende Kraft war Wernher von Braun. Er war zusammen mit seinem Team bereits maßgeblich an der Konzeption der V2 in Deutschland beteiligt. Nach 1945 arbeitete er in den USA, zunächst für die US-Streitkräfte, und später als leitender Mitarbeiter der US-Weltraumbehörde NASA. So war von Braun in den 60er-Jahren unter anderem für den Bau der Saturn-Trägerraketen des NASA-Mondprogramms verantwortlich.

Ein Moonliner-Modell im Disneyland. Bild: TWA / Luftfahrtsammlung Wolfgang Borgmann

Bereits in den 50er-Jahren fand Wernher von Braun in Walt Disney einen ebenso begeisterten Fan der Raketentechnologie. Dessen Schaufenster diverser Ideen futuristischer Transportmittel war das „Tomorrowland“ im Disneyland Anaheim bei Los Angeles. Das Highlight des Themenparks sollte ab 1955 ein 23 Meter hohes Modell eines Raumschiffs werden, das von Braun und Disney für Passagierflüge zum Mond erdachten. Als Marketingpartner des Disneyland erfuhr Trans World Airlines (TWA) schon bald von den Plänen jenes „Moonliner“, was wiederum deren Eigner Howard Hughes auf den Plan rief.

Trio konstruiert TWA-Mondrakete – Modell für Firmensitz angefertigt

Wie bei der von ihm initiierten Lockheed Constellation stets auf der Suche nach außergewöhnlichen Projekten die seiner Airline einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten, klinkte sich Hughes in die Konzeption des Raumschiffs mit ein. Hughes wird auch zugeschrieben, dass die Landestützen des Moonliners im Stil der Lockheed Constellation ausgelegt wurden. So machte sich das Trio, bestehend aus Walt Disney, Wernher von Braun und Howard Hughes an die Kreation der künftigen TWA-Mondrakete, die, so die damalige Vorstellung, Passagiere mit Nuklearantrieb zu einer imaginären Mondstation in den Urlaub fliegen würde.

Howard Hughes war von der Idee eines TWA-Liniendienstes Richtung Mond so begeistert, dass er ein Modell des Moonliners zur Zierde des TWA-Firmensitzes in Kansas City anfertigen ließ. Im Gegensatz zur Rakete des Disneylands, die ihrerseits nur eine verkleinerte Ausfertigung der dreimal so groß geplanten originalen Mondrakete war, maß der Moonliner auf dem Dach des TWA-Gebäudes ganze 6,6 Meter.

Moonliner-Modelle werden umgehend entfernt und landen auf Schrottplatz

Nachdem Howard Hughes im Jahr 1962 seine Anteile an TWA abgeben musste, ließen die neuen Eigentümer das Moonliner-Modell umgehend entfernen. Nicht besser erging es dem Original im kalifornischen Anaheim. Nachdem das neue TWA-Management auch die Kooperation mit Disney aufgekündigt hatte, sprangen die Douglas-Flugzeugwerke im benachbarten Long Beach bis 1967 als neue Sponsoren ein. Doch dann erneuerte Disneyland sein Tomorrowland, und der Moonliner fand sein unrühmliches Ende auf einem Schrottplatz.

Hier hätte die Moonliner-Geschichte zu Ende sein können, doch gab es über die Jahrzehnte immer wieder Fans dieser großartigen Vision, die den Nachbau von zwei Großmodellen in Auftrag gaben. So ziert ein neues TWA Moonliner-Modell seit 2006 erneut das Dach des zwischenzeitlich im originalen TWA-Stil restaurierten, einstigen Firmensitzes der Airline. Auch das Disneyland hat sich einen zwanzig Meter hohen Nachbau gegönnt, der seit 1998 an fast identischer Stelle wie das Original steht. Das von Howard Hughes für das TWA-Dach bestellte Modell wurde von Enthusiasten über die Jahrzehnte bewahrt. Dann vor wenigen Jahren komplett restauriert, und ist jetzt ein Exponat des Airline History Museums am Flugplatz von Kansas City.

Der Trans World Airlines Moonliner war eine kühne Vision, ganz im Geist der aktuellen Artemis I-Mission. Doch im Gegensatz zu damals sollen die heutigen Träume auch zur Realität werden!