Absturz der Maschine von Azerbaijan Airlines: Was steht im Unfallbericht?

Sechs Wochen nach dem Absturz eines aserbaidschanischen Passagierflugzeugs in Kasachstan mit 38 Todesopfern hat die kasachische Regierung einen ersten Untersuchungsbericht veröffentlicht.
Laut einem 53-seitigen Unfallbericht wurde der Absturz der Embraer E190 von Azerbaijan Airlines durch „Beschädigungen von außen“ verursacht. Doch wer oder was genau für den Schaden verantwortlich war, bleibt unklar.
Fotos zeigen Löcher im Rumpf – doch ein wichtiges Detail fehlt
Der Bericht des kasachischen Transportministeriums enthält Fotos, die kleine viereckige Löcher im Rumpf und am Heck des Flugzeugs zeigen. Zudem wurden verbogene Metallteile in der Unglücksmaschine gefunden. Experten halten solche Schäden für mögliche Einschläge durch Splitter oder Projektilteile.
Allerdings erwähnt der Bericht nicht, ob die Maschine möglicherweise von einem Flugabwehrsystem getroffen wurde – eine These, die seit dem Absturz kursiert. Besonders brisant: Der Airbus war auf dem Weg nach Baku, als er über dem russischen Luftraum bei Grosny in Schwierigkeiten geriet.
Russische Flugabwehr: Wurde das Flugzeug versehentlich getroffen?
Der Verdacht, dass die russische Luftabwehr für den Absturz verantwortlich sein könnte, wird durch den Bericht nicht bestätigt, aber auch nicht ausgeschlossen. Tatsächlich hatte Russland zum fraglichen Zeitpunkt den Luftraum über Grosny für zivile Flüge gesperrt. Grund war die Abwehr ukrainischer Drohnen.
Russische Behördenfunkmeldungen, die in dem Bericht zitiert werden, weisen darauf hin, dass der Flugzeugcrew die Landung in Grosny verweigert wurde. Die Piloten steuerten daraufhin das kasachische Aktau an, doch trotz einer einstündigen Notflugphase stürzte die Maschine kurz vor der Landung ab.
Putins Entschuldigung – doch Aserbaidschan fordert mehr
Der Vorfall hat politische Spannungen zwischen Russland und Aserbaidschan ausgelöst. Kremlchef Wladimir Putin entschuldigte sich offiziell für das Unglück, ohne jedoch eine Schuld der russischen Luftabwehr einzugestehen. Die aserbaidschanische Regierung fordert hingegen eine klare Anerkennung möglicher Fehler sowie eine Entschädigung für die Opfer.
Geheim gehaltene Beweise?
Laut der Nachrichtenagentur „Reuters“ könnte die Regierung in Baku über entscheidende Beweise verfügen, die auf einen Abschuss durch ein russisches Pantsir-S-Flugabwehrsystem hindeuten. Eine anonyme Quelle berichtete, dass Aserbaidschan ein Fragment einer Pantsir-S-Rakete geborgen und mit Unterstützung internationaler Experten untersucht habe.
Sollte sich dieser Verdacht erhärten, könnte der Vorfall weitreichende diplomatische Folgen haben. Russland steht bereits wegen seines Vorgehens in der Ukraine international unter Druck – ein versehentlicher Abschuss eines Passagierflugzeugs könnte die Spannungen mit weiteren Staaten verschärfen.
Noch viele offene Fragen
Während der kasachische Bericht erste Hinweise auf äußere Schäden liefert, bleibt die zentrale Frage offen: War es ein tragischer Unfall oder ein militärisches Versehen? Weder Kasachstan noch Russland oder Aserbaidschan haben bisher eine eindeutige Antwort geliefert.
Mit der laufenden Untersuchung und möglichen neuen Beweisen aus Baku könnte jedoch bald Klarheit herrschen. Sollte sich die Theorie eines versehentlichen Abschusses bestätigen, wäre es ein schwerwiegender Zwischenfall mit politischem Sprengstoff – ähnlich wie der Abschuss von Malaysia-Airlines-Flug MH17 im Jahr 2014.
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