Münchner Bürger entscheiden über dritte Rollbahn
München Stuttgart 21 lässt grüßen: An diesem Sonntag entscheiden die Münchner Bürger über eines der großen Verkehrsprojekte der bayerischen Landeshauptstadt: Es geht um den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen. Der Ausgang der Abstimmung ist offen. Es ist ein Bürgerentscheid mit weitreichenden Folgen über die Region hinaus: An diesem Sonntag stimmen die Münchner Bürger über […]
München
Stuttgart 21 lässt grüßen: An diesem Sonntag entscheiden die Münchner Bürger über eines der großen Verkehrsprojekte der bayerischen Landeshauptstadt: Es geht um den Bau einer dritten Startbahn am Flughafen. Der Ausgang der Abstimmung ist offen.
Es ist ein Bürgerentscheid mit weitreichenden Folgen über die Region hinaus: An diesem Sonntag stimmen die Münchner Bürger über den Bau der umstrittenen dritten Start- und Landebahn am Flughafen Franz Josef Strauß ab. Der Ausgang ist offen. Wie die Mehrheit der Wähler entscheiden wird ist ebenso unklar wie die Frage, ob am Ende das nötige Quorum von zehn Prozent der Stimmberechtigten erreicht wird. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) – bei der Landtagswahl 2013 Kontrahenten – werben in ungewohnter Eintracht für das 1,2-Milliarden-Euro-Projekt. Grüne und Freie Wähler sind dagegen.
«Die Münchnerinnen und Münchner haben es in der Hand zu bekennen: Zukunft statt Blockade», betont Seehofer in einem gemeinsamen Appell mit Ude. Der argumentiert: «Es geht um Tausende neue Arbeitsplätze, um mehr Wirtschaftskraft und um Mobilität für die gesamte Region. Es geht um die Zukunft unserer Stadt.»
Konkret entscheiden die Münchner darüber, ob die Stadt als Mitgesellschafter des Flughafens in der Gesellschafterversammlung für oder gegen den Bau der neuen Startbahn stimmen soll. Denn auch wenn München mit 23 Prozent kleinster Anteilseigner hinter Freistaat (51 Prozent) und Bund (26 Prozent) ist: Die Stadt hat ein Veto-Recht und kann damit den Bau stoppen. Die direkt betroffenen Bürger in den Landkreisen rund um den Flughafen können dagegen nicht mit abstimmen. Ein bayernweiter Volksentscheid war aus rechtlichen Gründen bislang immer ausgeschlossen worden – auch wenn die Juristen der Staatskanzlei mittlerweile eine gegenteilige Meinung vertreten.
Nun aber blickt alles auf München – und die Befürworter und Gegner kämpfen bis zur letzten Minute. «4000 Meter Zukunft», heißt es bei den einen, «2 gewinnt!» werben die anderen für den Status quo. Die Gegner haben dazu noch ein Protestcamp vor der Staatskanzlei aufgeschlagen.
Der Flughafen und die Startbahn-Befürworter verweisen bei ihrer Argumentation auf das rasante Wachstum des Flughafens: Seit 1992 hat sich die Zahl der Flugbewegungen mehr als verdoppelt und die Zahl der Passagiere auf heute 37,8 Millionen mehr als verdreifacht. Und im Jahr 2025 sei mit mehr als 58 Millionen Passagieren zu rechnen – wenn das Wachstum nicht behindert wird. Denn, so heißt es, die Kapazitätsgrenze der beiden bisherigen Startbahnen sei erreicht.
Die dritte Startbahn soll statt der heute möglichen 90 dann insgesamt 120 Starts und Landungen pro Stunde ermöglichen. Zudem verweisen die Startbahn-Befürworter darauf, dass der Flughafen sich langfristig nur mit einer dritten Bahn als internationales Drehkreuz behaupten könne. Und sie argumentieren mit der Bedeutung für den Wirtschaftsstandort.
Die Gegner halten die dritte Startbahn dagegen für nicht notwendig – weil die Zahl der Starts und Landungen schon seit einigen Jahren stagniere und auch künftig nicht mehr stark steigen werde. Die Wachstumsprognosen des Flughafens seien deutlich überhöht. Grünen-Landeschef Dieter Janecek spricht von «Luftikus-Prognosen» und betont: «Wir sehen schlichtweg keinen Bedarf für eine dritte Startbahn.» Tatsächlich war der bisherige Höchststand bei den Flugbewegungen im Jahr 2008 mit etwas mehr als 432 000 erreicht worden. Zudem verweisen die Gegner auf Klima- und Umweltschutz und die Belastungen für die Anwohner.
Wer sich am Ende durchsetzt, wird sich am Sonntag zeigen. Klar ist: Wenn sich genügend Wahlberechtigte beteiligen und eine Mehrheit gegen den Bau votiert, ist das Projekt gestoppt. Andernfalls läuft das Verfahren zum Startbahn-Bau weiter. Dann haben am Ende die Gerichte das Wort. Denn Klagen sind bereits eingereicht.
Quelle: Christoph Trost, dpa