„Wir stehen im globalen Wettbewerb“ – Interview mit Swiss Chef Harry Hohmeister Mit der Swiss führt CEO Harry Hohmeister eine der profitabelsten Airlines im Lufthansa Verbund. Warum die Swiss im globalen Wettbewerb vielleicht trotzdem schrumpfen muss, erfuhr unser Mitarbeiter Kurt Hofmann. Seit 1. Juli hat Hohmeister in seiner neuen Funktion als Lufthansa Konzernvorstand zudem die […]

„Wir stehen im globalen Wettbewerb“ – Interview mit Swiss Chef Harry Hohmeister

Mit der Swiss führt CEO Harry Hohmeister eine der profitabelsten Airlines im Lufthansa Verbund. Warum die Swiss im globalen Wettbewerb vielleicht trotzdem schrumpfen muss, erfuhr unser Mitarbeiter Kurt Hofmann. Seit 1. Juli hat Hohmeister in seiner neuen Funktion als Lufthansa Konzernvorstand zudem die Aufsicht über Brussels und Austrian Airlines. Wer könnte besser einschätzen, dass es für die AUA „noch ein weiter Weg“ ist.

Wo steht die SWISS aktuell im schwierigen Branchenumfeld?

Hohmeister: Eine Airline die stehen bleibt verliert, Stillstand ist Rückschritt. Im Jahr 2011 haben wir angefangen, uns grundlegend zu ändern. Das ging zu Beginn vielleicht etwas langsam, aber mittlerweile haben wir volle Fahrt aufgenommen. Ein wesentliches Element für die neue Aufstellung der SWISS im Europaverkehr ist unser Vorstoss in Genf. Hier verbessern wir unsere Point-to-Point Verbindungen und ein neues Team vor Ort kümmert sich um den lokalen Markt. Wir erzielen damit Fortschritte. Wir haben eine höhere Auslastungs und sehen zudem eine gewisse Stabilisierung bei den Durchschnittserlösen.

Sind weitere Sparmaßnahmen notwendig?

Hohmeister: Natürlich. In der Schweiz sitzen wir auf einer Währungsinsel, was uns im Wettbewerb nachhaltig belastet. Alle Dienste von Arbeitnehmern und Zulieferern, also Leistungen, die wir mit Schweizer Franken beziehen, sind durch den starken Franken um bis zu 30 Prozent teurer geworden – ohne dass wir gleichzeitig 30 Prozent mehr Einnahmen bekämen. Wir stehen im globalen Wettbewerb und somit auch im Währungswettbewerb. Wir müssen unseren Mitarbeitern und Zulieferern klar machen, dass sie daran partizipieren müssen.

Und haben es ihre Partner schon begriffen?

Hohmeister: Das ist sicher nicht so einfach. Wer gibt schon gerne etwas her. Aber es geht uns ja nicht darum einfach Cost-Cutting zu betreiben, sondern vielmehr an den richtigen Stellen die Effizienz zu steigern und die Produktivität zu erhöhen. Beispiel: In den Jahren 2009 und 2010 konnten wir bei der Tarifpolitik, etwa beim Cockpit, noch großzügig sein. Heute muss man sich überlegen, wie man in der Schweiz langfristig Luftfahrt-Politik betreiben will, um vernünftig wachsen zu können. Oder ob man wegen zunehmendem Wettbewerbsdruck aus dem Ausland irgendwann sogar wieder schrumpfen muss. Das würde dann Arbeitsplätze kosten und daran haben auch die Sozialpartner kein Interesse.

Hat man diese Nachricht den Mitarbeitern verständlich übermittelt?

Hohmeister: Ich denke, wir sind in der Kommunikation noch deutlicher geworden als im Jahr 2012. In der Luftfahrt findet ein struktureller Wandel statt, dem wir uns stellen müssen. Das unterscheidet die Situation von früheren Krisen, die temporären Charakter hatten.

Hat die Swiss genügend Zeit sich zu restrukturieren?

Hohmeister: Ja, wir haben mehr Zeit als andere, weil Swiss im Vergleich immer noch besser aufgestellt ist. Und wir verdienen Geld. Wir müssen nicht aus der Verlustzone auftauchen. Aus dieser Position heraus können wir uns strukturiert überlegen, wie wir uns neu aufstellen. In Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und mit ganzheitlichen Ansätzen, nicht einfach nur mit Cost-Cutting.

Ab 1.Juli sind Sie zusätzlich für die Verbundfluglinien der Lufthansa zuständig. Was könnte dort effizienter laufen?

Hohmeister. Da gibt es eine ganze Reihe von Themen, an denen aktuell gearbeitet wird. Wir werden das Rad sicher nicht neu erfinden. Aber wir haben im Konzern bereits begonnen, die Dinge auch einmal von einer anderen Seite aus zu betrachten. Dabei gilt nicht mehr nur der Blick aus Frankfurt auf die kleineren Airlines. Ich werde vermehrt einbringen, dass auch die Verbund-Airlines etwas bewegen können, dass sie aktiver partizipieren können und die beste Lösung einmal aus Frankfurt, ein anderes Mal aus Zürich, Wien oder Brüssel kommen kann. Es besteht sicherlich weiteres Potential aus dem internen Wettbewerb heraus.

Ein bißchen weniger Zentralismus wäre also gut?

Hohmeister: Wir haben heute keinen Zentralismus, sondern eine dezentrale Führungsphilosphie. Swiss hat die wesentlichen Entscheidungen immer für sich getroffen. Vielleicht aber wirdes künftig eine noch aktivere Art der Koordination geben. Ich glaube, dass mehr Partizipation der kleinen Airlines im Konzern Vorteile bringen kann. Das bedeutet aber nicht, dass es heute zu viel Zentralismus gibt. Wir müssen eine Form der Zusammenarbeit entwickeln, von der wir gegenseitig stärker profitieren.

Konkrete Beispiele?

Hohmeister: Wir prüfen gerade, wie unser Programm für den Winterflugplan sowie für den Sommer 2014 aussehen soll. Dabei müssen alle Karten auf den Tisch, um zu sehen, wer die besten verkehrsgeographischen Kompetenzen hat. Die Brussels Airlines ist eher für Verkehr Richtung Afrika und Nordamerika aufgestellt, Austrian Airlines besser für den Verkehr in Richtung Osteuropa und Asien. Wir können unsere Kräfte noch besser aufteilen, darin steckt viel Potential. Dadurch, dass alle Beteiligten an diesen Diskussionen teilhaben und erst dann entschieden wird, ergibt sich eine verbesserte Dynamik.

Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Austrian Airlines?

Hohmeister: Sehr zufrieden, weil der Turnaround geschafft wurde. Das bedeutet aber nicht, dass wir unsere Ziele bereits erreicht haben. Die Austrian hat vom ursprünglich schwierigen Ausgangspunkt den richtigen Weg beschritten. Aber auf der Erlösseite müssen wir noch einiges mehr erreichen als heute. Daher investieren wir beispielsweise in das Produkt auf der Langstrecke. Bis die AUA abernachhaltig profitabel ist,müssen wir noch zwei bis drei Jahre arbeiten. Die AUA ist insofern noch nicht am Ziel. Es ist noch ein weiter Weg bis zur angestrebten achtprozentigen Umsatzrendite.

Ist der Betriebsübergang auf Tyrolean gelungen?

Hohmeister: Ja und dieser war auch dringend notwendig, sonst hätte die AUA nicht überlebt. Ich sitze ja nun schon seit einigen Jahren im Aufsichtsrat der AUA und habe viel gehört. Viele Versprechungen, viele Aussagen darüber, was hätte kommen sollen und was dann doch nicht gekommen ist. Der Vorstand hatte gar keine andere Wahl. Und die Umsetzung hat funktioniert, das ist nicht selbstverständlich.