Innerhalb weniger Jahre wurde der New Yorker Stadtflughafen bei laufendem Betrieb komplett renoviert – und gewann nun zum zweiten Mal den Skytrax World Airport Award, der sein Terminal B erneut zum besten Terminal der USA kürt.

Der LaGuardia Airport, kurz LGA, ist hierzulande der unbekannteste der drei großen Airports rund um New York: Newark und erst recht JFK haben jede Menge internationale Verbindungen; LaGuardia dagegen bietet nur Inlandsstrecken und einige Flüge nach Kanada. Am 15. Januar 2009 geriet er kurz in die Medien, als US Airways Kapitän Chesley Sullenberger mit einem Airbus A320 gleich nach dem Start Vogelschlag und Totalausfall beider Triebwerke erlitt und sicher auf dem Hudson River landete.

LGA liegt auf New Yorker Stadtgebiet in Queens, gegenüber von Manhattan. Er ist an drei Seiten von Wasser umgeben, nämlich von Buchten des East River. Seine Lage mitten im New Yorker Luftraum und anspruchsvolle Anflüge auf die relativ kurzen, von Häusern und Ufern gesäumten Start- und Landebahnen bringen Piloten gelegentlich ins Schwitzen: Sichtanflüge wie der spektakuläre Expressway Visual Approach auf die Bahn 31 mit einer engen Rechtskurve, steile Sinkflüge und häufige Seitenwinde erfordern hohe Konzentration. Dafür genießen die Passagiere herrliche Ausblicke auf Manhattan.

Früher ein Dritte-Welt-Flughafen: LaGuardia Airport

Terminal C
Der Terminal C wird von Delta Air Lines genutzt. Architektur und Design erinnern an die Gründungsjahre von LaGuardia in den Zwanzigern und Dreißigern. Bild: PANYNJ

Der Airport ist ein modernes Ensemble nobler Terminals mit allem Drum und Dran. Kaum zu glauben, dass er noch vor zehn Jahren einem Dritte-Welt-Flughafen glich: Staus auf den Zufahrtsstraßen, Gedränge in heruntergekommenen Terminals, überall Mief und Chaos – der Spitzname „La Garbage“ (garbage ist das englische Wort für Müll) war in aller Munde. „LaGuardia war so grauenhaft, dass keiner freiwillig herkam“ erinnert sich General Manager Anthony Vero. Der damalige Vizepräsident Joe Biden schimpfte nach einer Zwischenlandung: „… die schlechteste Passagierbetreuung der Welt, einfach inakzeptabel“. Nicht die Mitarbeiter seien schuld, sondern der völlig verbaute Flughafen: „Man wartet zu lange, die Flure führen in die Irre – wir alle wissen das.“

LaGuardia hat gewissermaßen deutsche Wurzeln. Der Klavierbauer Wilhelm Steinweg aus Seesen betrieb hier von 1890 bis 1920 einen profitablen Vergnügungspark für seine Belegschaft: Steinway & Sons residieren bis heute gleich um die Ecke. Das Flugzeugwerk Curtiss Wright baute das Gelände am East River in den zwanziger Jahren zum Flugplatz um, zuerst nur für Wasserflugzeuge, später auch mit Runways. 1931 sorgte das Flugboot Dornier Do X hier für Aufsehen, und 1935 übernahm die Stadt New York das Flugfeld als North Beach Airport.

Entstehung dank eines sturen Bürgermeisters

LGA Ramp und startendes Flugzeug
LaGuardia hat zwei gekreuzte Bahnen direkt am Wasser des East River. Bild: Rolf Stünkel

Ein Jahr zuvor war der New Yorker Bürgermeister Fiorello La Guardia mit einer TWA Maschine in Newark gelandet, dem damals einzigen Verkehrsflughafen der Region. Der temperamentvolle Sohn italienischer Einwanderer war verärgert: Auf seinem Ticket stand „Chicago New York“, doch Newark lag nun mal im Nachbarstaat New Jersey. La Guardia bestand darauf, zum kleinen New Yorker Flugplatz Floyd Bennet Field in Brooklyn geflogen zu werden. Er ließ nicht locker, bis das Projekt eines eigenen New Yorker Verkehrsflughafens in trockenen Tüchern war. Und dafür hatte er das Gelände des North Beach Airports in Queens vorgesehen.

Am 9. September 1937 erfolgte der erste Spatenstich. Schon zwei Jahre später wurde der New York Municipal Airport feierlich eröffnet und bald zu Ehren seines Schöpfers in LaGuardia Airport umbenannt. Er war einer der modernsten US Flughäfen. Von seinem Marine Air Terminal starteten von 1940 an Pan Ams Clipper Flugboote nach Europa. Mit dem Ende der großen Wasserflugzeuge und dem Verkehrszuwachs am nahen Flughafen Idlewild (heute John F. Kennedy Airport) begann der schleichende Niedergang. Hauptgrund der Misere war – wie bei so vielen Stadtflughäfen – Platzmangel.

Der große Umbau des LaGuardia Airports

„Unser Flughafen ist ein Handtuch“, bestätigt Tony Vero. „Man muss sich einmal vorstellen, wie klein wir sind: rund 275 Hektar. JFK hat siebenmal so viel.“ LGA fertigte schon 2015 jährlich rund 24 Millionen Passagiere ab, 35 Millionen waren für 2030 prognostiziert. „Mit maximal zulässigen 71 Flugbewegungen pro Stunde“, ergänzt Tony Vero. „Wachstum war nur mit größeren Flugzeugen wie Boeing 737 900 und A321 möglich, aber dafür war kein Platz.“ Es sah also schlecht aus, doch im Jahr 2015 kam ein unerwarteter Befreiungsschlag: New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo und US Vizepräsident Joe Biden kündigten den Umbau des Flughafens an.

Der Plan glich einem Puzzle im engen Schuhkarton: Um Platz zu schaffen, sollten zunächst ganz außen, dicht am begrenzenden Parkway, zwei neue Terminals B und C auf abgeräumten Flächen entstehen und anschließend die bisherigen Terminals B, C und D für neue Gates und Vorfeldflächen abgerissen werden. Das denkmalgeschützte Marine Air Terminal (Terminal A), zwei historische Flugzeughallen und ein Verwaltungstrakt sollten erhalten bleiben.

Ein acht Milliarden US Dollar schweres Projekt

LaGuardia Airport von oben
Terminal A ist das alte Wasserflug-Terminal, es liegt abseits der anderen Abfertigungsgebäude. Bild: Google Earth

Das acht Milliarden US Dollar schwere Projekt geriet zum ersten großen Flughafen Neubau der USA seit 25 Jahren, finanziert zu zwei Dritteln aus privaten Mitteln und Passagiergebühren. Es war die bis dahin größte Beteiligung privater Unternehmen an einem öffentlich rechtlichen Projekt in der Geschichte des Bundesstaats New York: Die späteren Betreiber der Terminals waren selbst für deren Bau verantwortlich. „Die größte Herausforderung war die Lenkung der Passagierströme und des Autoverkehrs bei laufendem Betrieb“, erinnert sich Tony Vero, der von Anfang an dabei war. Am 1. Juni 2016 begann für ihn und seine Kollegen ein jahrelanger Kampf um die Gunst der Passagiere und Medien.

„Die Fluggäste waren total verwirrt, sie fanden sich auf ihrem Airport nicht mehr zurecht“, erklärt Vero. „Wir stellten überall neue Schilder auf, aber der Verkehr floss in den ersten Monaten sehr zäh.“ Um nicht zu viel negative Presse zu bekommen, lieferte Veros Team ständig positive Nachrichten. „Jedes kleine Nebengebäude wurde gefeiert, nach dem Motto: Es geht voran.“ Die Verkehrsmanagementzentrale war mit Architekten, Ingenieuren, Polizisten und Flughafenleuten besetzt, die über Kameras jeden Quadratmeter des Straßennetzes überwachten. Sie ermittelten, wie viel Verkehr eine Straße aufnehmen konnte, und wann der Peak erreicht sein würde. So ging es viele Jahre weiter, bis kein altes Stück Asphalt und Beton mehr übrig war.

Interview: Terminals in fremden Händen

Anthony C. Vero, General Manager LaGuardia Airport
Anthony C. Vero, General Manager LaGuardia Airport Bild: PANYNJ

Anthony C. Vero, General Manager des LaGuardia Airport, über neue Betreiberstrukturen und tägliche Verantwortung.

AERO INTERNATIONAL: Mr. Vero, wie lange arbeiten Sie schon am LGA-Airport?

VERO: Ich kam 2002 als Ingenieur zur Port Authority. 2016 wurde ich Deputy General Manager, seit 2023 bin ich hier verantwortlich tätig. Mein Arbeitgeber ist die Port Authority.

2016 begann der Neubau.

Ja, hätte ich das geahnt! Im Ernst: Ich habe mich auf diese Aufgabe gefreut – es war ein toller, herausfordernder Job.

Was war das Besondere?

Wir gaben die Terminals in andere Hände, ließen den neuen Betreibern volle Gestaltungsfreiheit – im Gegenzug trugen sie den Löwenanteil der Baukosten. Das ist und bleibt eine Win-Win-Situation.

In welcher Hinsicht?

LGA wird wie die anderen New Yorker Flughäfen von der Port Authority of New York and New Jersey verwaltet; jedes Projekt wird vom Vorstand genehmigt. Vor 2016, als LGA noch alles in Eigenregie machte, standen die Manager ständig zur Bewilligung von Mitteln beim Vorstand auf der Matte. Seit damals mussten wir nicht mehr antreten. Die neuen Terminalbetreiber haben das Acht-Milliarden-Projekt LGA zum großen Teil finanziert, den Rest konnten wir erwirtschaften.

Welche Rolle spielt die Port Authority also heute?

Sie trägt weiterhin die Gesamtverantwortung für den Betrieb von LaGuardia. Ich bin als Vertreter vor Ort auch der erste Ansprechpartner, wenn etwas nicht läuft. Nehmen wir an, in einem der Restaurants bricht ein kleiner Schwelbrand aus: Man wird uns zur Verantwortung ziehen und nicht den Terminalbetreiber, der das Restaurant gebaut hat – das ist nun mal so. Ich laufe jeden Tag durch alle Bereiche und melde mich, wenn mir etwas besonders gut gefällt oder etwas nicht ganz rund läuft. Das kann schon ein umgekippter Pott Kaffee sein, den niemand vom Fußboden aufwischt.

Der LaGuardia Airport 2.0 ist fertig

LaGuardia Airport Terminal B in New York City
Eine farbige Fensterfront im Terminal B zeigt stilisiert die New Yorker Skyline Bild: picture alliance/newscom/John Angelillo

2022 war es endlich soweit: Das Terminal B war fertig. Zwei Jahre später folgte auch das neue Terminal C. Tony Vero erinnert sich: „Die Passagiere rieben sich die Augen und fragten sich: ,Bin ich am richtigen Flughafen? Das kann doch nicht LaGuardia sein!’“ Aus dem verhassten „La Garbage“ war ein Schmuckstück geworden, das – völlig verdient – mehrere Preise errang. „LaGuardia 2.0“ hat, abgesehen vom nostalgischen ehemaligen Wasserflug Terminal A, nicht mehr das Geringste mit dem alten Flughafen zu tun. Elegante neue Terminals erstrecken sich nun direkt an der Zufahrtsstraße Grand Central Parkway, wo vorher nur Parkflächen und Nebengebäude waren. Das historische Art Déco Empfangsgebäude des Terminal A erstrahlt ebenfalls in neuem Glanz.

Der General Manager bittet zur Tour, wir beginnen im Westen am Terminal A – hier blieb weitgehend alles beim Alten. „Spirit Airlines betreibt das Terminal mit sechs Gates“, erklärt Vero; im Hintergrund stehen einige gelblackierte Jets der Airline. Weiter geht es zum preisgekrönten Terminal B in der Mitte des Airports. Es umfasst nun stolze 1,3 Hektar Fläche und wird von American Airlines, JetBlue, Southwest, United und Air Canada genutzt. Die Haupthalle ist über zwei hohe, verglaste Fußgängerbrücken mit zwei L förmigen Abflugbereichen mit insgesamt 35 Gates verbunden. „Die Brücken sind länger als ein Footballfeld“, erklärt Tony Vero nicht ohne Stolz. „Sie liegen 19 Meter hoch, die Flugzeuge rollen darunter hindurch.“

Luxuriöse Lounges für die Gäste

Im historischen Terminal A erinnert eine Büste von Bürgermeister Fiorello La Guardia an den Namensgeber. Bild: Rolf Stünkel

Das Terminal wirkt hell und luftig, mit raumhohen Fenstern, Kunstwerken und einer weltweit einzigartigen Wasserinstallation mit faszinierenden Lichteffekten. Zwei Lounges stehen den Gästen zur Verfügung, die luxuriöse Chase Sapphire Lounge und die American Express Centurion Lounge. „Terminal B wird vom privaten Konsortium LaGuardia Gateway Partners (LGP) eigenverantwortlich betrieben“, erklärt Tony Vero. „LGP war von Anfang an bei der Planung, dem Bau und der Gestaltung beteiligt, der Pachtvertrag läuft bis 2050.“

Direkt ans Terminal B schließt sich, barrierefrei zu erreichen, das große Parkhaus für 3000 Fahrzeuge an. Es ähnelt eher einem Verkaufsraum, mit sauberen Fußwegen und klar beschilderten Abholstationen für Transportfirmen. Terminal C liegt im Osten von LGA. Seine zentrale Halle und die vier Abflugbereiche mit ihren 37 Gates sind über einen langen Gang miteinander verbunden. „Terminal C wird von Delta Air Lines betrieben, die hier einen Hub haben“, sagt Tony Vero. Das hübsche Gebäude trägt eine eigene Handschrift mit Kunstwerken, die in Zusammenarbeit mit dem Queens Museum ausgewählt wurden. Terminal C beherbergt die größte Delta Sky Club Lounge der Airline, mit Sitzplätzen für fast 600 Gäste und einem Sky Deck mit Aussicht auf das Flugfeld. Auch hier entstand gleich nebenan ein großes neues Parkhaus.

Gute Verbindungen vom LaGuardia Airport in die City

Halle Terminal C
Der Mix aus Moderne und Retro-Look im Terminal C ist gelungen. Bild: PANYNJ

Die letzte Frage: Wie kommt man hin und her, wo kann man übernachten? „Mehrere Busverbindungen führen nach Manhattan und in die Umgebung“, erklärt Tony Vero. „Vier Hotels sind fußläufig zu erreichen, zwei ein paar hundert Meter weiter entfernt.“ Überlegungen, einen Schnellzug zum Flughafen zu bauen, wie in Newark oder JFK, wurden 2003 aus Kostengründen aufgegeben.

So stellen wir zum Abschied das Transportsystem von LGA auf die Probe und tippen beim Dienstleister Uber als Reiseziel unser Hotel in Manhattan ins Handy. Eine Minute später erscheint die Bestätigung mit der Abfahrtposition im Parkhaus, nur wenige Schritte entfernt auf derselben Ebene – das Fahrzeug wartet schon. Kurz darauf sitzen wir im Wagen und fahren über den Central Parkway an der Startbahn entlang. „Welcome to New York“, steht am Rollweg, gut lesbar für die Passagiere gelandeter Flugzeuge. Fiorello La Guardia hätte sich gefreut.

Text: Rolf Stünkel