05.08.2014 Die deutsche Flugsicherung will ihre Gebühren drastisch erhöhen. Die Altersversorgung der Fluglotsen als eigentlicher Kostentreiber soll aber unangetastet bleiben. Langen  – Mit Durchschnittsjahresgehältern von mehr als 100 000 Euro gehören Fluglotsen zu den bestbezahlten Angestellten in Deutschland. Wegen der hohen Sicherheitsanforderungen im Job können sie zudem bereits ab einem Alter von 52 Jahren in […]

05.08.2014

Die deutsche Flugsicherung will ihre Gebühren drastisch erhöhen. Die Altersversorgung der Fluglotsen als eigentlicher Kostentreiber soll aber unangetastet bleiben.

Langen  – Mit Durchschnittsjahresgehältern von mehr als 100 000 Euro gehören Fluglotsen zu den bestbezahlten Angestellten in Deutschland. Wegen der hohen Sicherheitsanforderungen im Job können sie zudem bereits ab einem Alter von 52 Jahren in den Vorruhestand gehen, ausgestattet mit einer Übergangsversorgung, die sich hinter den Regeln für Lufthansa-Piloten nicht zu verstecken braucht. Trotz steigenden Preisdrucks müssen die Lotsen der Deutschen Flugsicherung (DFS) aber nicht um ihre Privilegien fürchten.

«Unsere Übergangsversorgung ist noch einbetonierter als bei der Lufthansa», sagt Klaus-Dieter Scheurle auf die Frage nach weiterem Einsparpotenzial. Der frühere Staatssekretär ist Chef der 1993 privatisierten GmbH im Bundesbesitz, die drei von vier Euro für ihre Mitarbeiter aufwenden muss. Die Pensionslasten nehmen einen immer größeren Kostenblock ein, weil am Kapitalmarkt kaum noch Zinsen zu erwirtschaften sind – insbesondere nicht mit mündelsicheren, langfristigen Anleihen. Was an Zinsen nicht reinkommt, muss aus Eigenmitteln finanziert werden – die Kosten für Airlines und letztlich für deren Passagiere steigen.

Da gerade europaweit die Gebühren für Starts, Landungen und Überflüge in den kommenden fünf Jahren festgelegt werden, haben Scheurles Leute spitz gerechnet: Um die bestehende Lücke bei den Betriebsrenten zu schließen, müsse man in den kommenden 15 Jahren rund 1,3 Milliarden Euro ansparen. Über eine Kündigung der Pensionsregelungen nach dem Vorbild der Lufthansa wird in der Langener Zentrale bislang nicht nachgedacht. Ohnehin laufe der entsprechende Mantel-Tarifvertrag bis 2018. Neue Regelungen, sofern sie überhaupt erreichbar seien, könnten dann nur für Neulinge gelten, während die bereits vorhandenen Mitarbeiter Bestandsschutz genießen.

Die bereits beschlossenen Sparmaßnahmen zielen daher auf die zu komplexen internen Abläufe, zusätzliches externes Geschäft wie ab dem kommenden Jahr in London-Gatwick und ein langsames Abschmelzen der Personaldecke. Etwa jeder zehnte der zuletzt noch rund 6000 DFS-Beschäftigten soll 2019 nicht mehr an Bord sein. Auch die Ausbildung neuer Lotsen wird reduziert. Kleinere Verkehrsflughäfen sollen nach aktuellen DFS-Plänen künftig aus der Ferne gesteuert werden, im Tower sitzen dann nur noch Kameras.

Die kleine Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) will die Privilegien der Kollegen natürlich verteidigen. Es sei klar, dass bei 75 Prozent Personalkosten die Tarifverträge als die große Sparbüchse angesehen würden, sagt die GdF-Tarifexpertin Petra Reinecke. Man will daher frühzeitig in Überlegungen eingebunden werden, in ihrer Zeitschrift fordert die Spartengewerkschaft den neuen Arbeitsdirektor Michael Hann zu intensiveren Gesprächen auf.

In die aktuelle Preisrunde mit der Europäischen Union ist die DFS mit einer Forderung nach rund 30 Prozent höheren Preisen gegangen, 20 Prozent wegen der Pensionslasten und 10 Prozent wegen nicht eingetretener Steigerungen im deutschen Luftverkehr. Für die in Deutschland aktiven Fluggesellschaften würde das zusätzliche Kosten von rund 300 Millionen Euro im Jahr bedeuten, eine lästige Bremse im ohnehin margenschwachen und international hartumkämpften Geschäft.

Sollten die Pläne Realität werden, zahlen die Fluggesellschaften in Deutschland zukünftig die teuersten Streckengebühren in ganz Europa, kritisiert der Geschäftsführer des Airline-Verbandes BDF, Michael Engel. Das könne nicht ohne nachhaltigen Schaden für den Luftverkehrsstandort Deutschland bleiben. In zahlreichen anderen europäischen Ländern müsse die Altersversorgung der Lotsen nicht aus den laufenden Einnahmen der weiterhin staatlichen Flugsicherungen finanziert werden, sondern werde vom Steuerzahler übernommen.

Das zumindest hält DFS-Chef Scheurle in Deutschland für undenkbar. Er halte die Privatisierung der Flugsicherung nach wie vor für richtig. Nun müsse das Unternehmen auch mit der ihm zur Verfügung gestellten Ausstattung zurechtkommen.

Christian Ebner, dpa