25 Jahre liegt der Anschlag von Lockerbie zurück. Der Name des schottischen Örtchens steht noch immer als Synonym für blutigen Terror. Und für dubiose geheimdienstliche und diplomatische Verstrickungen. London (dpa) – Der schottische Bauer David Gould kann den Lärm und die Schreckensbilder nach dem Terroranschlag über Lockerbie nicht vergessen. Er saß an dem dunklen Winterabend […]

25 Jahre liegt der Anschlag von Lockerbie zurück. Der Name des schottischen Örtchens steht noch immer als Synonym für blutigen Terror. Und für dubiose geheimdienstliche und diplomatische Verstrickungen.

London (dpa) – Der schottische Bauer David Gould kann den Lärm und die Schreckensbilder nach dem Terroranschlag über Lockerbie nicht vergessen. Er saß an dem dunklen Winterabend des 21. Dezember 1988 beim Abendessen, als er glaubte, das Grollen eines Gewitters zu hören. Eine mögliche Explosion in einem nahe gelegenen Kernkraftwerk war sein nächster Gedanke. Dann sah er durchs Fenster «große brennende Objekte vom Himmel fallen», sagte Gould der BBC Scotland.

Der Zusammenstoß zweier Kampfjets schien ihm eine plausible Erklärung. Nur wenige Schritte vor seiner Tür entdeckte er dann vier Leichen. «Darunter war ein junger Mann in Jeans, alle trugen Zivilkleidung», erinnert sich Gould. Dann habe er langsam begriffen, welche Katastrophe sich am Himmel über dem kleinen Städtchen Lockerbie abgespielt hatte.

Eine Maschine der amerikanischen PanAm war Ziel von Terroristen geworden. 270 Menschen fanden in den Trümmern den Tod, darunter elf Einwohner von Lockerbie.

In Schottland, London und in den USA fanden zum Jahrestag Gottesdienste und Gedenkveranstaltungen statt, um an die 270 Opfer zu erinnern. Es waren vor allem Amerikaner. Auch Libyen reiht sich inzwischen in das Gedenken ein. Die Regierung in Tripolis drückte wie das Weiße Haus und die Downing Street ihr «tiefstes Mitgefühl» für die Opfer und ihre Hinterbliebenen aus.

Dabei ist noch immer nicht völlig klar, wer für den Anschlag eigentlich verantwortlich ist. Das Regime von Muammar al-Gaddafi hatte einst de facto die Verantwortung übernommen. Nur um wenig später mit den Briten Frieden zu schließen – und ein entscheidendes Hindernis für gemeinsame Ölgeschäfte in Libyen aus dem Weg zu räumen.

Dass Abdel Basset al-Megrahi 2001 als einziger Verdächtiger verurteilt und 2009 aus humanitären Gründen entlassen wurde, ist ein Indiz dafür, dass es noch unbeantwortete Fragen im Fall Lockerbie gibt. Von Wikileaks veröffentlichte Dokumente deuten auf damalige Absprachen hin. Der schottische Ministerpräsident Alex Salmond hatte schon vor Tagen orakelt, das schottische Gesetz sehe es durchaus vor, dass die Akten auch nach dem Tod al-Megrahis – er war 2012 an Krebs in Tripolis gestorben – noch einmal geöffnet werden könnten.

Jetzt stimmten auch die Regierungen in London, Tripolis und Washington in dieses Lied ein – die Geschehnisse sollen noch einmal untersucht werden. Schon bald werde ein Ermittlerteam nach Libyen reisen – es habe «das volle Vertrauen» aller drei Länder, hieß es am Wochenende. Al-Megrahi – ein libyscher Agent unter Gaddafi – hatte eine Beteiligung stets bestritten.

Wie tief der Stachel von Lockerbie bei den Betroffenen noch immer sitzt, zeigt das Beispiel einer Frau aus den USA. Sie hatte erst im April erfahren, dass ihr Sohn unter den Opfern war. Sie hatte das Kind bei seiner Geburt zur Adoption gegeben. Als sie Angaben über Kenneth Bissett auf einer Lockerbie-Seite fand, habe sie sich gefragt, warum dort nur «ein Teil seines Lebens» beschrieben wurde.