Mit der neu entwickelten De Havilland Canadair 515 startet die Europäische Union ab 2028 mit modernsten Löschflugzeugen in die Zukunft. Angesichts der Auswüchse des Klimawandels eine vorausschauende Entscheidung.

Zahlreiche Nationen rund ums Mittelmeer sind auf Grund extremer Hitze und Trockenheit aktuell mit infernalischen Wald- und Buschbränden konfrontiert. Die Feuerwehren am Boden kämpfen dabei Seite an Seite mit den fliegenden „gelben Engeln“ erfolgreich gegen die Flammen an.

Dabei kommen vor allem die gelb und rot lackierten Canadair CL-215 und CL-415 mit einer Tankkapazität von bis zu 6.137 Litern sowie die ebenfalls in gelb lackierten Air Tractor AT-802F Fireboss zum Einsatz, die ihrerseits je 3104 Liter Löschwasser aufnehmen können.

Feuerbekämpfung
Die „gelben Engel“ der fliegenden Löschflotte, nicht zu verwechseln mit jenen des ADAC, unterstützen die am Boden Schwerstarbeit leistenden Feuerwehren. Bild: Europäische Union

Sowohl die Canadair Amphibienflugzeuge als auch die AT-802F löschen die Brände durch das Ablassen des in ihren Rümpfen gespeicherten Wassers.

Auftanken in Sekunden

Allen drei Mustern ist gemein, dass sie ihre Löschtanks beim Gleitflug auf Flüssen, Seen und dem Meer binnen weniger Sekunden wieder auffüllen können. Dies geschieht über „Scoops“ genannte Klappen, die der CL-415 Super Scooper zu ihrem Namen verhalf.

Bei der CL-415 dauert dieser Vorgang rund zwölf Sekunden, während die AT-802F knapp unter fünfzehn Sekunden für einen „refill“ benötigt.

Feuerlöschflugzeug, Air Tractor AT-802F
Die Air Tractor AT-802F Fire Boss wird von Aquarius Aerial Firefighting europaweit eingesetzt. Sie ist eine Tochtergesellschaft der luxemburgischen Frachtairline Cargolux. Bild: Cargolux

Die rund ums Mittelmeer eingesetzten Canadair werden von den nationalen Behörden der Mittelmeeranrainer betrieben. Anders die zwölf von Aquarius Aerial Firefighting bestellten Air Tractor AT-802F Fire Boss, von denen bislang sieben Exemplare ausgeliefert wurden. Aquarius Aerial Firefighting ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der luxemburgischen Frachtfluggesellschaft Cargolux.

Cargolux im Löscheinsatz

Die Löscharbeit aus der Luft mit Wasser und Löschmitteln (Retardant) wird auch dann fortgesetzt, wenn die Bodentruppen eintreffen. Ohne Luftunterstützung sind größere Feuer kaum in den Griff zu bekommen. So ist es oft schwer, Wasser in ausreichender Menge mit Löschfahrzeugen in unwegsames Gelände zu bringen, während eine AT-802 FB bis zu 50.000 Liter pro Stunde abwerfen kann. Die Wendigkeit der AT-802 erlaubt es auch in schwierigem Gelände die Ziele genau zu treffen.

Die Flugzeuge der Aquarius Aerial Firefighting operieren so gut wie immer als Formation; mindestens zwei Maschinen. Die größte Formation dieses Jahres umfasste elf AT-802 Fire Boss von Aquarius und anderen Betreibern dieses Musters.

Die im Jahr 1967 erstmals an den Start gegangene Canadair CL-215 begründete die Familie der CL-Amphibienflugzeuge, die künftig mit der DHC-515 ihre Fortsetzung finden wird. Nachdem im Jahr 1990 die Produktion der CL-215 endete, folgte im Jahr 1993 mit der CL-415 die neu motorisierte Nachfolgerin. Auch wurden einige CL-215 mit den moderneren Turboprops des Musters Pratt & Whitney Canada PW123AF umgerüstet.

Der Klimawandel begünstigt rund um den Globus Waldbrände
Der Klimawandel begünstigt rund um den Globus Waldbrände, die effektiv auf der Luft bekämpft werden. Bild: Europäische Union

Doch selbst heute tun noch einzelne Exemplare der CL-215 mit ihren Pratt & Whitney R-2800-CA3-Sternmotoren im Löscheinsatz ihren Dienst.

Die Typenbezeichnung der jüngsten Version De Havilland Canadair 515 ist ein Ausdruck der wechselhaften Geschichte des kanadischen Flugzeugbaus. Nachdem die Firma Viking Air im Jahr 2016 das CL-415-Programm übernommen hatte, machte sie sich mit dem damals noch als CL-515 bezeichneten Löschflugzeug an dessen nächsten Evolutionsschritt.

De Havilland of Canada übernimmt

Nachdem Canadair im Jahr 1986 ein Teil von Bombardier Aerospace wurde, verkaufte diese im Jahr sämtliche Rechte an den traditionellen Flugzeugen von De Havilland of Canada an Viking Air. Im Juni 2016 folgten die CL-215 und CL-415.

Longview Aviation Capital, Eignerin von Bombardier und Viking Air, gründete am 3. Juni 2019 die De Havilland Aircraft of Canada, in der die historischen und aktuellen Flugzeugprogramme, einschließlich der DHC-6 und Dash-8-Verkehrsflugzeuge – sowie die CL-215, CL-415 und CL-515 von Viking Air transferiert wurden. Die neue Ausrichtung des Unternehmens führte auch dazu, dass die CL-515 zunächst zur De Havilland of Canada DHC-515 avancierte.

Am 4. Oktober 2024 feierten Vertreter der Europäischen Kommission, der kanadischen Regierung, der EU-Mitgliedstaaten und von De Havilland Aircraft of Canada Limited den Kauf von zwölf neuen Löschflugzeugen. Diese werden ab 2027 der strategischen Reserve der EU für den Katastrophenfall namens Resc EU zugeordnet.

Europäische Einsatzreserve

Langfristig hat die Europäische Kommission erhebliche finanzielle Mittel für die Anschaffung von zwölf neuen Löschflugzeugen bereitgestellt, die in Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Kroatien und Griechenland stationiert werden sollen, sowie von drei Hubschraubern, die in der Slowakei, Tschechien und Rumänien ihre Basis haben sollen.

Diese Flugzeuge werden die „ständige rescEU-Flotte“ bilden. Die ersten Hubschrauber sollen 2026 ausgeliefert werden, die ersten Canadair-Flugzeuge sollen während der Waldbrandsaison 2028 zur Verfügung stehen.

De Havilland Canadair 616
So sollen die De Havilland Canadair 515 der Europäischen Union zum Zeitpunkt ihrer Auslieferung im Jahr 2027 aussehen. Bild: De Havilland of Canada

Im Rahmen der Veranstaltung gab De Havilland Canada bekannt, dass der Name des DHC-515 Firefighter geändert wird, um der Geschichte und der überwältigenden Beliebtheit des Namens „Canadair” in Europa Rechnung zu tragen.

„Wenn Menschen in Europa von einem Waldbrand bedroht sind, fragen sie, wann die Canadairs kommen, um ihre Gemeinde zu schützen”, sagte Brian Chafe, CEO von De Havilland Canada. „Heute würdigen wir die Geschichte der Canadair-Flotte, indem wir das Flugzeug in ‚De Havilland Canadair 515‘ umbenennen.“