Der Verlust eines stillgelegten Notausstiegs im Flug wirft viele Fragen auf. Neben Boeing als Hersteller der fast fabrikneuen 737-9 richtet sich der Fokus nun auch verstärkt auf Alaska Airlines – und deren Wartungsabteilung.

Wie bereits von AERO INTERNATIONAL ausführlich berichtet, ereignete sich am 5. Januar ein Zwischenfall mit einer Boeing 737-9 der Alaska Airlines. Rund zehn Minuten nach dem Start in Portland, im US-Bundesstaat Oregon, löste sich in einer Höhe von 16000 Fuß (rund 4900 Meter) ein deaktivierter Notausstieg aus seiner Verankerung – und stürzte zu Boden. Auf Grund der relativ niedrigen Flughöhe wurde keine Passagiere durch den Druckverlust in der Kabine verletzt, oder gar nach außen mitgerissen. Dies war jedoch mit einer großen Portion Glück verbunden, denn ein kleiner Junge konnte nur durch das beherzte Festhalten seiner neben ihm sitzenden Mutter vor diesem Schicksal bewahrt werden. So wurde ihm „nur“ sein T-Shirt durch den Luftsog vom Laib gerissen.

Notausstieg der Boeing 737-9 im Garten entdeckt

Mittlerweile konnte der betreffende Notausstieg geborgen werden. Ein Lehrer entdeckte ihn auf seinem Grundstück, und meldete seinen Fund umgehend an die ermittelnde US-amerikanische Flugunfallbehörde NTSB. Auch zwei aus der Kabine herausgesaugte Handys wurden gefunden und von den Behörden für die Unfalluntersuchung ausgewertet. Die Analyse der Ereignisse wird dadurch erschwert, dass das Aufzeichnungsgerät für die Cockpitgespräche (Cockpit Voice Recorder) nach dem Unfall nicht gesichert, sondern überschrieben wurde.

Ein Boeing-Sprecher kommentierte den Vorgang am gestrigen Tag mit diesem Statement: „Sicherheit hat für uns oberste Priorität, und wir bedauern zutiefst die Auswirkungen, die dieser Vorfall auf unsere Kunden und ihre Passagiere hatte. Wir stimmen mit der Entscheidung der FAA (US-Zulassungsbehörde; anm. d. Red.) überein und unterstützen sie voll und ganz, sofortige Inspektionen von 737-9-Flugzeugen mit der gleichen Konfiguration wie das betroffene Flugzeug zu verlangen. Darüber hinaus unterstützt ein technisches Team von Boeing die Untersuchung des Unfalls vom 5. Januar durch das NTSB. Wir werden weiterhin in engem Kontakt mit unserer Aufsichtsbehörde und unseren Kunden stehen.“

Boeing 737-9 hatte vorher mit diversen technischen Auffälligkeiten zu kämpfen

Wie das NTSB heute bekanntgab, zeigte die jetzt in den Vorfall verwickelte 737-9, die erst im Oktober 2023 von Boeing an Alaska fabrikneu ausgeliefert wurde, diverse technische Auffälligkeiten. So habe die Airline intern angeordnet, dass die N704AL registrierte Boeing nicht über den Pazifischen Ozean nach Hawaii fliegen dürfe, um im Fall der Fälle schnell einen Ausweichflughafen sicher erreichen zu können. Am 7. Dezember 2023, sowie am 3. Januar und 4. Januar dieses Jahres, leuchtete dreimal im Cockpit die Warnung für den automatischen Druckaufbau in der Kabine auf – ohne, dass ein Grund erkennbar gewesen sei. Die Wartungsabteilung von Alaska Airlines untersuchte nach jedem Fall das Flugzeug, setzte das System zurück, und retournierte die 737-9 an den Flugbetrieb.

Ob diese Anomalie Auslöser des jetzigen Zwischenfalls gewesen ist, müssen die laufenden Untersuchungen zeigen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!