Im Nordosten der Republik rüstet sich Deutschlands erster rein privatwirtschaftlich geführter Airport für die Zukunft. Wie sieht die Lage am Flughafen Rostock-Laage aus?

Einwohner zählenden Ort im Herzen von Mecklenburg-Vorpommern. Dabei liegt in direkter Nachbarschaft der größte Airport des Bundeslandes. Der Flughafen Rostock-Laage wurde 1984 eröffnet, also noch zu DDR-Zeiten. Zunächst fanden am Flughafen ausschließlich das Jagdbomberfliegergeschwader 77 und das Marinefliegergeschwader 28 der Nationalen Volksarmee (NVA) eine Heimat. Im Zuge der Wiedervereinigung wurden die Geschwader aufgelöst, und der Flughafen ging in den Besitz der Luftwaffe über, die den militärischen Flugbetrieb aufrecht erhielt und weiter ausbaute.

Flughafen Rostock-Laage als teil-ziviler Flughafen

In jenen Jahren waren ziviler Luftverkehr in Laage untersagt, kurz nach der Wende setzte ein Umdenken ein. Im Januar 1992 konnte mit der Bundeswehr eine Einigung über eine Mitbenutzung erzielt werden. Aus der rein militärischen Basis wurde nun ein teil-ziviler Flughafen. Dessen Betreiber, die Flughafen Rostock-Laage-Güstrow GmbH, errichtete ein erstes Terminal im Süden des heute rund 500 Hektar großen Areals und der Airport bekam den Namen „Flughafen Rostock-Laage“. Anteilseigner der Betreibergesellschaft waren die Rostocker Versorgungs- und Verkehrsholding, der Landkreis Rostock und die Stadt Laage.

Der Flughafen bietet 1000 Parkplätze – allesamt beleuchtet und videoübewacht. Bild: Fabian Lührs/Aviation Media

Fokussierten sich die Verantwortlichen zu Beginn auf den innerdeutschen Linienverkehr, wurde dieser schnell vom Ferienflugverkehr mit Warmwasserzielen rund ums Mittelmeer überholt. Doch auch der Bereich Luftfracht gewann an Bedeutung. Von 1994 bis 2005 war der Flughafen Teil des Nachtflugpostsystems der Deutschen Post. Und es folgten weitere Investitionen in die gesamte Infrastruktur. Am 9. September 2005 konnte beispielsweise das neue Terminal in Betrieb genommen werden. Mit zwei Fluggastbrü- cken und insgesamt fünf Abstellpositionen rüsteten sich die Rostocker für die Zukunft.

Aufschwung durch Nähe zur Ostsee

Knappe 40 Kilometer trennen den Flughafen von der Ostsee und auch Rostock, der größten Stadt Mecklenburg-Vorpommerns. Die Nähe zur Küste der Ostsee sowie die Autobahnanbindung sind gute infrastrukturelle Bedingungen für den Airport, der daran zu partizipieren wusste. Der Tourismus boomte, insbesondere Kreuzfahrten waren nachgefragt. Im Zuge von Kooperationen mit diversen Kreuzfahrtunternehmen und dem Kreuzfahrtterminal in Warnemünde stiegen die Flugbewegungs- und Passagierzahlen.

Ziviler Flugbetrieb ist in Rostock-Laage erst seit etwas mehr als 30 Jahren erlaubt. Bild: Fabian Lührs/Aviation Media

Ab Januar 2015 wurden regelmäßig sogenannte Kreuzfahrer-Charterflüge aus dem Süden Europas nach Rostock-Laage durchgeführt. Dabei waren des Öfteren Widebodies wie A330 oder Boeing 747-400 zu Gast am Airport. Doch auch dieses Geschäftsfeld durchkreuzte Covid-19. Nach der Corona-Pandemie kehrten die Kreuzfahrerflüge nicht wieder zurück nach Rostock. Stattdessen nutzte Hersteller Airbus die weitläufigen Abstellpositionen, um bereits produzierte und von den Airlines nicht abgenommene Verkehrsflug- zeuge zu parken. So floss zumindest etwas Geld in die leeren Kassen.

Flybmi und Germania waren Partner

Seit Gründung der Flughafengesellschaft Anfang der neunziger Jahre ist die finanzielle Not am Airport groß. Aufbau der Infrastruktur, Aufrechterhaltung der Betriebserlaubnis, Modernisierung sowie Insolvenzen der damaligen Partner Flybmi und Germania sorgten für durchgehend rote Zahlen. Die jährlichen Verluste gingen teilweise in den Millionenbereich und mussten immer wieder durch die Gesellschafter ausgeglichen werden. Zuletzt erhielt der Airport jährlich 1,8 Millionen Euro von den Gesellschaftern und eine weitere Million vom Land Mecklenburg-Vorpommern. Die Rufe nach einem Verkauf wurden immer lauter.

Und sie wurden gehört. Im November 2021 sorgte der Flughafen für folgende Schlagzeile: „Der zivile Teil des Airports wird für 200 000 Euro verkauft, alle Mitarbeiter werden übernommen.“ Der Käufer ist in der Luftfahrtbranche längst kein Unbekannter mehr. Die Zeitfracht GmbH aus Berlin, die bereits 2017 die damalige WDL Aviation übernahm und heute alle Airline-Aktivitäten unter dem neuen Namen German Airways bündelt, sieht den Airport als weiteres Puzzlestück in ihrem stark diversifizierten Geschäftsfeld.

Das Fluggastterminal bietet eine Kapazität von einer Million Passagieren pro Jahr. Bild: Fabian Lührs/Aviation Media

Die Absicherung der Versorgungssicherheit ist entscheidend für die Unternehmensgruppe, die neben der Luft- und Raumfahrt auch noch in den Bereichen Spedition, Transport und Logistik oder Mode tätig ist. Und der neue Eigner hat große Investitionen angeschoben. Unter anderem ist der Bau eines neuen Logistikzentrums geplant, dessen Inbetriebnahme für Mitte bis Ende 2024 vorgesehen ist. Hier entstehen weitere 100 bis 150 Arbeitsplätze auf dem Gelände des Flughafens.

Anpassungen notwendig

Die derzeitige Lage lässt keinen profitablen Betrieb zu. Um den „Baltic Port“, wie der Flughafen nun offiziell heißt, erfolgreich in die Zukunft zu führen, ist eine Sanierung des Geschäftsmodells unumgänglich. Dabei setzt Zeitfracht nicht nur auf den Luftverkehr. Die Passagierzahlen werden in naher Zukunft nicht deutlich anwachsen, das Wachstum ist in dem Bereich begrenzt. Dennoch möchte das Unternehmen den Charterverkehr weiterentwickeln.

Die Embraer-Betreiberin German Airways zählt wie der Flughafen zur Zeitfracht-Gruppe. Bild: Fabian Lührs/Aviation Media

Mond-Ausstellung soll Reisende bringen

Das Terminal selbst ist mittlerweile nicht mehr nur Anlaufstelle für Reisende, sondern auch für Unternehmen aus der Raumfahrt. In Zusammenarbeit mit dem Zeitfracht-Unternehmen Planetary Transportation Systems (PTS) aus Berlin entsteht das größte in Europa privat finanzierte Mondbett. Unter den Augen der Öffentlichkeit können dort kleine Start-ups, aber auch etablierte Unter- nehmen wie die Europäische Weltraumorganisation ESA ihre Entwicklungen auf der nachempfundenen Mondatmosphäre testen, inklusive geringerer Anziehungskraft. Diese wird mittels eines Krans simuliert. Zudem sind Kooperationen mit Universitäten bereits in Planung. Neben einer Ausstellung über die Entwicklung der Luftfahrt in Mecklenburg-Vorpommern haben Interessierte die Möglichkeit, sich in der Mond-Ausstellung weiter darüber zu informieren.

Künftig soll auch die Raumfahrt eine Rolle am Airport spielen. Bild: Fabian Lührs/Aviation Media

Und weil sie in der Logistikbranche groß geworden ist, hat für Zeitfracht der Ausbau des Frachtgeschäftes eine große Bedeutung. Durch den nun unternehmenseigenen Flughafen und den Bau eines neuen Logistikzentrums erreicht der Logistiker Unabhängigkeit und kann auf die Bedürfnisse der Gruppe abgestimmte Lieferketten anbieten. Diese breite Diversifikation und der Aufbau einer Nische können sich für Zeitfracht, aber auch die Region des Landkreises Rostock bezahlt machen.

Text & Fotos: Fabian Lührs/Aviation Media