Mit Kreuzfahrtschiffen erreichen jährlich Zehntausende die Falklandinseln. Doch die Eilande im Südatlantik bieten viel mehr, als in ein paar Stunden zu sehen ist. Schon die Anreise ist abenteuerlich.

Mit Kreuzfahrtschiffen erreichen jährlich Zehntausende die Falklandinseln. Doch die Eilande im Südatlantik bieten viel mehr, als in ein paar Stunden zu sehen ist. Schon die Anreise ist abenteuerlich.

Wer es nicht weit bis zu den Pinguinen haben will, kann sich an Tony Smith halten. Entspannt lenkt der Tourguide seinen Jeep durch die Schlaglöcher zur Yorke Bay.

Ein kurzer Spaziergang durch die Dünen, und zu Hunderten stehen die schwarz-weißen Vögel vor einem. Im Gemisch aus Schnee und Sand sehen sie fast noch possierlicher aus. Immer wieder kommen kleine Gruppen von ihnen aus dem Meer an Land, halten zum Trocknen kurz inne und nehmen dann den Weg über den Strand zur Kolonie.

Da berührt Tony mich leicht an der Schulter und weist auf die Brandung. «Eine Mähnenrobbe», sagt der Endfünfziger. «Sie macht Jagd auf die Pinguine.» Im seichten Wasser patrouilliert sie vor dem Strand. Die Pinguine haben den Jäger bemerkt, versuchen auszuweichen. Sie schwimmen nach links, nach rechts, wollen die Robbe abschütteln. Vereinzelt retten sie sich an Land.

Doch dann passiert es: Der Seelöwe packt zu. Es ist ein blutiges Naturschauspiel – nur wenige Kilometer von Stanley entfernt, der Hauptstadt der Falklandinseln.

Naturparadies vor der Haustür

Die Eilande am Ende der Welt – hunderte Kilometer vor der argentinischen Küste im Südatlantik gelegen – sind ein Paradies für Tierbeobachter und Naturfreunde. «Es ist so beeindruckend: Wir haben das alles fast vor der Haustür», schwärmt Anne, die wegen der Arbeit aus Großbritannien hergezogen ist und sich wie alle hier nur mit Vornamen vorstellt.

«Neulich haben wir beim Picknick Königspinguine gesehen und einen Tag später Orcas», sagt Anne. Dazu kommen zahlreiche Vogelarten wie der Schwarzbrauenalbatros mit seiner Flügelweite von bis zu 2,50 Meter.

Anders als für die etwa 3400 Bewohner der Inseln, die in vielen Fällen nur ein paar Kilometer Schotterpiste überwinden müssen, um mitten unter Tieren zu sein, ist die Anreise für Ornithologen und Naturliebhaber deutlich aufwendiger.

Zwar laufen nach zwei Jahren Corona-Pause wieder Kreuzfahrtschiffe die Inseln an. Zehntausende kamen vor der Pandemie jährlich auf diese Weise in das britische Überseegebiet. In kleinen Booten werden sie zur Königspinguin-Kolonie am Volunteer Point am nordöstlichsten Zipfel der Inselgruppe gebracht.

Sie bummeln in Stanley über die Hafenpromenade, trinken vielleicht einen Kaffee im Waterfront Café und kaufen sich ein Pinguin-T-Shirt im Souvenirladen. Dann geht es weiter.

Die Falklands – ein teures Pflaster

Doch wer längere Zeit auf den Inseln verbringen und sich auf die Natur einlassen will, braucht Zeit – und auch als Individualreisender viel Geld. Die Falklands sind ein teures Pflaster.

Im Camp, wie die Falkländer alles außerhalb von Stanley nennen, kosten Unterkünfte meistens weniger als im Inselhauptort. Doch dort hinzukommen, ist noch schwieriger. Einen öffentlichen Nahverkehr gibt es nicht. Da bleibt nur, einen Wagen zu mieten. Oder einen Fahrer zu buchen. Zum Laufen sind die Distanzen viel zu weit.

«Touristen wundern sich immer, sie schätzen die Inseln deutlich kleiner ein», sagt Guide Tony lachend. Aber der Blick auf die Karte täuscht. Dort wirken die Eilande wie hingekleckst.

Tatsächlich sind die Falklands etwa halb so groß wie Wales. So erklärt Tony das seinen britischen Kunden. Oder für Deutsche: Sie sind mehr als vier Mal so groß wie das Saarland.

Flug aus Chile oder vom britischen Luftwaffenstützpunkt

Wer länger bleiben möchte, muss mit dem Flugzeug anreisen. Mittlerweile gibt es dafür wieder zwei mögliche Routen. Seit Juli fliegt die südamerikanische Airline Latam einmal die Woche von der chilenischen Hauptstadt Santiago auf die Falklandinseln.

Auf dem Weg legt die Maschine einen Zwischenstopp in Punta Arenas in Patagonien ein und einmal im Monat – dazu später mehr – im südargentinischen Rio Gallegos.

Viele Briten und Falkländer auf Verwandtenbesuch im Vereinigten Königreich aber nutzen eine direktere Verbindung. Vom britischen Luftwaffenstützpunkt Brize Norton bei Oxford aus hebt zwei Mal die Woche eine Maschine ab. Nach rund sechsstündigem Flug stoppt der Airbus A330 auf Kap Verde vor der westafrikanischen Küste – zum Tanken und für einen Personalwechsel.

Je nachdem, wie das Flugzeug im Zeitplan ist, dürfen die Reisenden sich im Flughafengebäude die Beine vertreten. «Bitte konsumieren Sie keinen Alkohol», mahnt die Crew gleich mehrmals. An Bord sind stets britische Soldaten, die für mehrere Monate auf den Falklandinseln ihren Dienst leisten. Mit ihnen soll es früher immer wieder Zwischenfälle gegeben haben.

Die Air Tanker nimmt auch Zivilisten mit

Von Kap Verde sind es noch zehn Stunden über den Atlantik bis zu den Falklandinseln. Der Flug der Chartergesellschaft Air Tanker steht auch Zivilisten offen. Jamie und Bruce etwa sind Handwerker, sie haben sich für ein halbes Jahr zum zivilen Dienst verpflichtet.

Auf den Falklandinseln wird gut gezahlt. Viele Einwohner sind zwar «Do-it-yourself»-Könner und reparieren vieles selbst. Spezialisten aber sind rar. Der schottische Installateur Cameron wird von seinem Unternehmen nur für drei Tage nach Stanley geschickt, dann will er schon wieder den weiten Weg nach Norden auf sich nehmen. «Ich bin länger unterwegs als vor Ort», erzählt er grinsend.

«Luftbrücke» nennen sie die Verbindung auf den Falklandinseln. «Vorher waren wir doch sehr abgeschnitten», erzählt Autohändler Simon in Stanley. Dank der «Luftbrücke» sind zumindest die Menschen nicht mehr auf lange Schifffahrten angewiesen.

Weihnachtsschmuck im Mai bestellen

Für Waren gilt das nicht. Wer sichergehen will, dass der Schmuck wirklich zu Weihnachten am Tannenbaum hängt, sollte ihn spätestens bis Ende Mai bestellen. Dank einer Abmachung mit einer britischen Einzelhandelskette werden die Waren gesammelt und auf ein Schiff geladen, das im November in Stanley eintrifft.

Wenn alles nach Plan läuft zumindest. Wegen des unvorhersehbaren und oft stark windigen Wetters im Südatlantik ist nicht garantiert, dass die Dezember-Verbindung rechtzeitig zum «Christmas Day» da ist.

Wenn die Rückreise sich wetterbedingt verzögert

Auch die «Luftbrücke» kann dem Wetter zum Opfer fallen. Bläst der Wind auf dem britischen Insel-Luftwaffenstützpunkt Mount Pleasant aus Norden, bleibt der Airbus am Boden. Für Anschlussflüge aus London sollte man genügend Puffer einplanen. Verzögerungen von ein oder sogar zwei Tagen sind keinesfalls selten, vor allem im Winter.

Der herrscht hier, wenn in Europa Sommer ist. Entgegen der Annahme schneit es auf dem Archipel aber eher selten. Doch keine Regel ohne Ausnahme: «So viel Schnee wie in diesem Jahr habe ich seit mehr als einem Jahrzehnt nicht erlebt», sagt Tourguide Tony. Einige Farmen waren tagelang abgeschnitten.

Schneewehen machen auch unsere Fahrt von Stanley zum Stützpunkt Mount Pleasant zur Rutschpartie. Nur langsam kommen die Jeeps voran, nur um Stunden später die Reisenden wieder zurückzufahren. Die Enteisung des Fliegers dauert zu lange, die Crew würde nicht auf die nötige Ruhezeit kommen. Nächster Versuch am nächsten Morgen.

Als der Krieg über die Inseln kam

Doch das gibt Zeit für einen weiteren Ausflug mit Tony. Durch eine malerische Landschaft geht es quer über die Hauptinsel East Falklands von Stanley zum Örtchen Goose Green. Grell trifft die Wintersonne auf den weißen Schnee.

Heute geht es nicht um die beeindruckende Natur, sondern um Geschichte. Denn auf den Falklandinseln ist die Erinnerung an den Krieg gegen Argentinien vor 40 Jahren allgegenwärtig.

Rückblende: Schon seit 1833 beansprucht Argentinien die zu Großbritannien gehörenden Inseln nahe seiner Küste für sich. Nachdem Verhandlungen keinen Durchbruch brachten, besetzten argentinische Truppen am 2. April 1982 auf Befehl von Diktator Leopoldo Galtieri das Gebiet. Die wenigen britischen Soldaten mussten sich ergeben.

Gut 12 500 Kilometer entfernt in London wollte die damalige Premierministerin Margaret Thatcher die Invasion nicht hinnehmen. Sie schickte ein Expeditionskorps, das die Insel zurückeroberte. 255 britische und 649 argentinische Soldaten starben, zudem drei Zivilistinnen. Hunderte wurden verletzt.

Der Konflikt dauert an und beschäftigt die Menschen

Der Krieg prägt die Inseln, die sich in einem Referendum 2013 fast einstimmig zum Vereinigten Königreich bekannten, noch heute. Nicht nur, weil mittlerweile gut 1000 britische Soldaten dauerhaft hier stationiert sind und die Verteidigung deutlich gestärkt wurde.

Kaum ein Gespräch, ohne dass nach wenigen Minuten der noch immer andauernde Konflikt mit Argentinien zur Sprache kommt. «Wir wollen keine Argentinier sein», sagt Schaffarmer Michael stellvertretend für viele der Inselbewohner.

Auch jetzt hat die Regierung in Buenos Aires ihre Ansprüche nicht aufgegeben und versucht zudem, wirtschaftlichen Druck auszuüben. Der monatliche Latam-Flugstopp in Rio Gallegos ist ein Zugeständnis, damit die Route durch argentinischen Luftraum führen darf.

Durch den Schnee zum Erinnerungsort

Auf dem Weg nach Goose Green hält Tony immer wieder an. In seinem Schneeanzug stapft er vorneweg, der tiefe Schnee macht es schwierig mitzuhalten. Ziel ist ein kleiner Gedenkstein. Er erinnert an Lieutenant Colonel Herbert Jones, 2. Fallschirmjägerregiment, der hier bei der Schlacht um Goose Green am 28. Mai 1982 getötet wurde.

Fast minutengenau kann Tony schildern, wie sich der Kampf entwickelte und wie Jones zu Tode kam. Immer wieder zeigt er auf die sanften Hügelkuppen, wo Briten und Argentinier sich nur wenige Meter entfernt gegenüberstanden. Bevor es weitergeht, schenkt Tony auf der Ladefläche seines Geländewagens Kaffee aus.

Will man den Falklandkrieg begreifen, ist Goose Green ein guter Ausgangspunkt. Der kleine Weiler inmitten großzügiger Schafweiden hat nur ein paar Dutzend Einwohner. Doch die Rückeroberung war ein symbolischer erster Erfolg für das britische Expeditionskorps.

In der Gemeindehalle hatten die argentinischen Truppen mehr als 100 Falkländer wochenlang gefangen gehalten. Das kleine Goose Green Museum – den Schlüssel kann man sich im nahen Café holen – schildert die Zeit ausführlich. Auch in der noch heute genutzten Gemeindehalle ist ein Erinnerungsort eingerichtet.

Rosenkränze auf dem argentischen Kriegsfriedhof

Wintertage sind kurz auf den Falklandinseln. Doch für einen kleinen Abstecher zum argentinischen Kriegsfriedhof sollte man sich noch Zeit nehmen. Dutzende Tote liegen hier in Reihen, an die Kreuze sind von Frost überzogene Plastikblumen und Rosenkränze gebunden. Weit geht der Blick übers Land. Für Tony ist es wichtig, dass auch die Argentinier hier einen Gedenkort haben.

Auf die argentinische Regierung ist er weniger gut zu sprechen. Sie unternehme keine Versuche, die Gefallenen heimzuholen, sagt Tony. Stattdessen ermuntere die Führung ihre Landsleute, auf den Falklandinseln, die dort Islas Malvinas heißen, die argentinische Flagge hochzuhalten und die Fotos in sozialen Netzwerken hochzuladen.

Für die Bewohner ist das eine Provokation. Zu tief sitzen schlechte Erinnerungen an die Besatzungszeit. Die Angst ist groß, dass es mit der Wiederaufnahme der Latam-Flüge neue Vorfälle gibt. Viele fordern, das Gepäck von Argentiniern nach der Landung zu kontrollieren.

Mit Fähre oder Flugzeug an entlegene Orte

Auf dieser Reise ist Goose Green der weiteste Ausflugsort. Wer weiter fahren will, sollte vorausplanen. Einzelne Lodges bieten Unterkunft, doch oft wohnen die Eigentümer in Stanley und treffen sich dort auch zur Schlüsselübergabe. Die Einwohnerzahl jenseits der Hauptstadt ist schon äußerst gering, auf West Falklands wohnen noch weniger.

Die Hafensiedlung Port Howard ist dort mit gut 20 Einwohnern der größte Ort. Eine Fähre verbindet die beiden Hauptinseln. Im südatlantischen Sommer, unserem Winter, verkehrt das Boot mindestens einmal am Tag, im südatlantischen Winter auch mal nur auf Anruf. Das unbeständige Wetter im Falkland Sound kann die Überfahrt zum Abenteuer machen.

Wer es komfortabler mag, kommt mit dem Flugzeug her. Vom kleinen Airport von Stanley, nahe der Pinguinbucht Yorke Bay gelegen, fliegen Islander-Maschinen, die auf den Gras- oder Schotterpisten landen können. Das ist günstiger als es klingt. Für eine Tagestour von Stanley nach West Falklands werden knapp 90 Pfund fällig.

Voraussetzung: Die Piloten, die in der Regel Waren zu den entlegenen Gehöften bringen, müssen Platz für die Passagiere freihaben.

Info-Kasten: Falklandinseln

Einreise: Reisende aus der EU benötigen kein Visum, nur einen Reisepass. Wer nicht oder nicht vollständig geimpft ist, muss einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 72 (PCR) bzw. 48 Stunden (Antigen) sein darf. (Stand: 10.08.2022)

Anreise: Flüge von der Airforce-Basis Brize Norton fliegen zwei Mal die Woche. Informationen und Buchung via travel@falklands.gov.fk. Die Airline Latam fliegt einmal wöchentlich von Santiago de Chile nach Mount Pleasant auf den Falklandinseln.

Hinweis: Die Fahrt von London nach Brize Norton ist je nach Uhrzeit umständlich. Mit dem Zug vom Londoner Bahnhof Paddington bis Oxford und dann knapp eine Stunde mit Bus Nummer S1 zur Basis. Ein Taxi von Oxford kostet 50 Pfund, von London aus muss man mit mindestens 150 Pfund für die knapp zweistündige Fahrt rechnen.

Währung: Die Falklandinseln haben eine eigene Währung, das Falklandpfund, dessen Wert aber 1:1 dem britischen Pfund entspricht. Britische Pfund können auf den Inseln genutzt werden, Falklandpfund – vor allem die Banknoten – aber nicht im Vereinigten Königreich.

Genügend Bargeld sollte man auf jeden Fall mitnehmen. Es gibt einen Geldautomaten auf den Inseln – an der Tankstelle von Stanley. Im Ortszentrum bietet auch die einzige Bankfiliale ansonsten Barauszahlungen gegen Gebühr.

Wechselkurs: 1 Falkland Pfund = 1,18 Euro (Stand: 10.08.2022)

Reisezeit: Saison ist im südatlantischen Sommerhalbjahr, die beste Reisezeit ist zwischen Oktober und März.

Führungen: Tourguide Tony Smith nimmt für einen Tagesausflug 190 Pfund. Absprache über E-Mail (discovery@horizon.co.fk)

Flüge nach West Falklands: Diese «Round Robin» genannten Flüge starten vom Flughafen Stanley. Informationen und Buchung per E-Mail (operations@figas.gov.fk) oder Telefon (+500 27219)

Übernachtungen: Unterkünfte in Stanley sind rar. In Shorty’s Motel kostet eine Übernachtung im Doppelzimmer plus Frühstück 95 Pfund pro Nacht. Im gehobeneren Malvina House Hotel an der Hafenpromenade gibt es das Doppelzimmer in der Hauptsaison von Oktober bis März ab 150 Pfund, im südatlantischen Winter ab 136 Pfund.

Außerhalb von Stanley gibt es einfache Lodges, die Regionalregierung bietet online eine Übersicht zu Unterkünften auf den Inseln: www.falklandislands.com/accommodation

Informationen: Jetty Visitor Centre in Stanley, Ross Road/Philomel Street (Tel.: +500 22281; Website: www.falklandislands.com)

dpa