Vaitape, 28. Mai 2019 „Alles war wie ein Traum“ – so besang ein Schlager Bora Bora. Das Atoll in der Südsee ist legendär. Doch die Gesellschaftsinseln haben mehr zu bieten als das Paradies. Drei Tage am anderen Ende der Welt. Wenn im klaren Wasser des Ozeans plötzlich dunkle Flossen auftauchen, ist das ein gutes Zeichen: Das Ökosystem […]

Vaitape, 28. Mai 2019

„Alles war wie ein Traum“ – so besang ein Schlager Bora Bora. Das Atoll in der Südsee ist legendär. Doch die Gesellschaftsinseln haben mehr zu bieten als das Paradies. Drei Tage am anderen Ende der Welt.

Wenn im klaren Wasser des Ozeans plötzlich dunkle Flossen auftauchen, ist das ein gutes Zeichen: Das Ökosystem ist intakt. Ein gutes Dutzend Schwarzspitzenriffhaie schwimmt um das Ausflugsboot. Rein ins Wasser oder nicht? Kein Problem, versichern die Einheimischen. Jetzt heißt es mutig sein, runter vom Boot – und schnorcheln inmitten von Haien! Nervenkitzel in der Südsee.

Niemand muss in seinem Leben die Lagune von Bora Bora gesehen haben. Aber es braucht auch niemand eine Hermes Birkin Bag oder einen Porsche 911 Carrera. Beides gilt dennoch als begehrlich, ob aus ästhetischen Motiven oder Statusgründen. Oder aus beidem. Französisch-Polynesien ist quasi die Designerhandtasche oder der Luxus-Sportwagen unter den Sehnsuchtsreisezielen.

Das französische Überseegebiet im Südpazifik besteht aus mehreren Inselgruppen. Die Gesellschaftsinseln mit klangvollen Eilanden wie Tahiti sind am bekanntesten. Der Name stammt von Seefahrer James Cook, der die Inseln zu Ehren der Geographic Society in London die Society Islands taufte, auf Deutsch Gesellschaftsinseln.

Wer dieser Tage mit einem Kreuzfahrtschiff anreist, ist zwar mit Sicherheit kein bedürftiger Mensch, spart sich aber absurde Hotelkosten an Land von teils mehr als 1000 Euro pro Nacht. Und lernt dennoch, dass die tropische Inselwelt auf der anderen Seite des Globus vielfältiger ist, als die Postkartenmotive vermuten lassen.

Bora Bora: Schnorcheln mit Haien

Der Name ist eine Verheißung: Bora Bora. Tony Marshall formulierte schon 1978 die Erwartungshaltung und trällerte: «Mein Paradies im Sommerwind, wo alle Menschen glücklich sind.» 30 Jahre später wurde der Schlagersänger Ehrenbürger von Bora Bora.

Das weltberühmte Atoll wird vom 727 Meter hohen Mount Otenanu überragt, ein von Hibiskus überzogener, erloschener Vulkan. Der Korallenring ist von Palmeninseln besetzt, in Polynesien Motus genannt, und umschließt eine türkis schillernde Lagune. Jenseits der Gischtkante strahlt der Ozean kobaltblau. Wie Bora Bora aussieht, so würde ein Kind wahrscheinlich die Südsee malen.

Weil diese archetypische Landschaftsform, die Charles Darwin genau beschrieb, aus der Luft besonders zur Geltung kommt, werden auch Helikopter-Rundflüge angeboten. Faszinierender ist die Natur aber aus der Nähe, zum Beispiel bei einem Ausflug in der Lagune.

Beim Anleger in Vaitape besteigen die Landausflügler ein Boot, das von einem Polynesier mit Blumenhemd gesteuert wird, der zwar wenig redet, aber häufig zur Mini-Gitarre greift und heitere Lieder anstimmt. Vielleicht ein alter Freund von Tony Marshall?

Der Schnorchel-Halt ist ein besonderes Erlebnis: Stachelrochen schweben inmitten der Touristenbeine durchs klare Wasser, angefüttert von den Bootsführern. Manchmal streift eine Flosse eine Wade. Eine Amerikanerin schreit auf und klammert sich an ihren Freund.

Außerhalb der flachen Lagune, hinter der Riffkante, wird es noch spektakulärer: Der Bootsführer lockt mit Fischabfällen die Schwarzspitzenriffhaie an. Als zwei größere Zitronenhaie in kreisenden Bewegungen langsam vom Grund nach oben steigen, verlässt den Amateur-Schnorchler der Mut. Zügig zurück in Richtung Boot!

Späte Mittagspause auf einem Motu. Für die Besucher wird Ota’ika angerichtet, in Limettensaft und Kokosmilch marinierter Fisch, eine polynesische Spezialität ähnlich dem südamerikanischen Ceviche. Der Lunch-Tisch steht im flachen Wasser, Fische schwimmen um die Füße herum, und links im Bild thront majestätisch der Otenanu.

Honolulu liegt 4260 Kilometer entfernt, Chile fast 8000 Kilometer und Singapur rund 11 800 Kilometer. Auf der Weltkarte wird das durch die Verzerrung nicht so deutlich. Doch nun fühlt es sich tatsächlich an, als wäre hier, in maximaler Entfernung zur hektischen Moderne, das Paradies aus dem Ozean emporgestiegen. Darauf einen Weißwein!

Raiatea: Polynesische Kultstätten

Raiatea, das sich mit der Nachbarinsel Tahaa ein Korallenriff teilt, erinnert weniger an das Klischeebild der Südsee. Das gebirgige Eiland fällt in zerklüfteten Hängen steil zum Ozean hin ab. Bei der Anfahrt mit dem Schiff verhüllen schwere Wolken die Berge, als grollten sie den Besuchern. Badestrände gibt es nur auf den Motus.

Doch Raiatea eignet sich ohnehin eher für Kultur-Sightseeing. Auf der Insel liegt eine der bedeutendsten religiösen und sozialen Kultstätten Polynesiens: Marae Taputapuatea, ein Unesco-Welterbe.

Die Marae, die es überall in Polynesien in verschiedenen Ausprägungen gibt, waren einmal wichtige Landmarken, Orte der Macht und ein Ausdruck der gesellschaftlichen Hierarchie mit zahlreichen Herrschergeschlechtern. Hier hielten die Polynesier einst Zeremonien ab, riefen ihre Ahnen an und ehrten den Schöpfergott Oro. Und manchmal brachten sie auch Menschenopfer dar. Die Europäer, die während der kulturellen Blüte kamen, gaben sich geschockt.

Das Archaische ist heutzutage weit weg. Der Besucher spaziert in der restaurierten Kultstätte zwischen Muschelkalk und verwitterten Lavasteinen, die wie stumme Zeugen auf einer Wiese herumliegen. Die hölzernen Elemente, zum Beispiel die Tische für die Opfergaben (fata), sind natürlich nicht mehr erhalten. Ohnehin braucht es etwas Phantasie, um die Szenerie mit Leben zu füllen.

Wer nach der Geschichtsstunde noch Zeit hat, fährt mit einem Ausflugsboot den Apoomau hinauf, den einzigen schiffbaren Fluss Polynesiens. Oder man setzt nach Tahaa über. Fitte Schwimmer können sich dort am Driftschnorcheln versuchen: Man treibt dabei mit der Strömung durch ein Korallenriff, im besten Fall ohne sich am scharfkantigen Gestein die Haut aufzuritzen. Die Belohnung sind Fotos von Clownfischen, die in Symbiose mit Seeanemonen leben.

Moorea: Dusche im Regenwald

Moorea ist wie alle Gesellschaftsinseln ein Vulkaneiland, das durch einen Hotspot unter der Pazifischen Platte entstanden ist: Magma drang dort durch die Erdkruste nach oben. Die Jurassic-Park-artige Dschungelinsel mit ihrem gewaltigen V-förmigen Gebirgszug könnte als letzter Zufluchtsort der Dinosaurier durchgehen.

Die gut 16 000 Einwohner sprechen jedoch gegen Urzeittiere. Sie finden auf der Insel eine brauchbare Infrastruktur vor: Post, Bank, Arzt, Apotheke, Ambulanz, Gendarmerie, Schule. An der Küste im Norden und Nordwesten mit den schönsten Stränden liegen einige Luxushotels. Früher wurde einmal Kaffee angebaut, heute sind es Ananas und die edle Tahiti-Vanille, ein beliebtes Souvenir.

«Es gibt keine giftigen Pflanzen, es ist sehr friedlich», sagt Hiro Damide, 46, über die Wanderung durch die Wildnis von Moorea. Der einheimische Guide führt eine kleine Gruppe an Touristen in den Bergwald, der nicht von Dinos, aber vielen Mücken bewohnt wird.

Bereits vom Aussichtspunkt Belvedere bietet sich ein großartiger Blick über den Norden der Insel mit der Cook’s Bay. Doch sogleich verschwindet die Gruppe im Tropenwald. Der Trampelpfad ist feucht wie die Luft und von nassen Wurzeln durchsetzt.

Was aussieht wie Jahrtausende alte Wildnis, ist trotz verworrener Vegetation stark durch den Menschen geprägt. Die Polynesier brachten auf ihrer Expansion in Richtung Osten viele Arten mit, die auf den Inseln zuvor nicht heimisch waren. So geht es vorbei an mächtigen Banyan-Feigenbäumen und meterhohem Bambus, der auf Moorea als Arbeitsmaterial und auch zum Kochen verwendet wird.

Damide kennt viele Pflanzen und ihre Verwendung. Zum Beispiel den Lichtnussbaum, dessen Kerne als Öl für Kerzen und Lampen verwendet werden. «Für zwei Stunden Licht brauchst du 20 Nüsse», schätzt der Polynesier. Dann zeigt er ein Ingwer-Gewächs, das als Inhaltsstoff für Shampoo in der Kosmetikindustrie genutzt wird.

Der Wind bläst mehr und mehr Wolken von der See hinein ins Gebirge. Die Berge dienen als Wetterscheide. So ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Feuchtigkeit entlädt. Dass der Regen ausgerechnet am höchsten Aussichtspunkt und somit in maximaler Entfernung zum Parkplatz einsetzt, muss an diesem Tag wohl so sein. Den gesamten Rückweg über schüttet es – eine echte Regenwalddusche.

Info-Kasten: Französisch-Polynesien

Reiseziel: Französisch-Polynesien ist ein Überseegebiet Frankreichs im Pazifischen Ozean. Es besteht aus den Gesellschaftsinseln, dem Tuamotu-Archipel, den Marquesas, den Austral- und den Gambierinseln. Die von James Cook so benannten Gesellschaftsinseln teilen sich wiederum auf in die Inseln über dem Wind (u.a. Tahiti und Moorea) und die Inseln unter dem Wind (u.a. Bora Bora und Raiatea).

Anreise: Die teure Anreise erfolgt über den internationalen Flughafen von Tahiti in Papeete oder per Kreuzfahrtschiff. Air France fliegt von Paris über Los Angeles nach Tahiti. Zudem gibt es Verbindungen zum Beispiel über Sydney und Auckland. Von Papeete aus mit dem Flugzeug weiter auf die einzelnen Inseln.

Einreise: Deutsche Staatsangehörige benötigen einen gültigen Reisepass. Zwar ist die Einreise theoretisch auch mit einem Personalausweis möglich, doch üblicherweise wird für den Zwischenstopp in einem Drittland ein Pass nötig.

Geld: Die Währung ist der Pazifische Franc. 1 Euro sind rund 120 CFP-Franc. Euro werden jedoch oft ebenfalls akzeptiert.

Gesundheit: Französisch-Polynesien gilt als malariafrei. Als Reiseimpfung wird Hepatitis A empfohlen.

Souvenirs: Neben der Tahiti-Vanille sind auch die dunklen Tahiti-Perlen ein beliebtes, landestypisches Mitbringsel. Seriöse Geschäfte gibt es auf den bekannten Touristeninseln. Bei der Ausfuhr von Schmuck unbedingt die Zollgrenzen beachten.

Informationen: Tahiti Tourisme Germany, c/o Eyes2Market GmbH Fasanenstr. 2, 25462 Rellingen (Tel.: 04101/696 88 02, E-Mail: info@tahititourisme.de, www.tahititourisme.de).

Philipp Laage, dpa