Der Urahn der Global-Reihe ging bereits vor mehr als vier Jahrzehnten in die Luft – die heutigen Modelle zählen zu den begehrtesten Geschäftsreiseflugzeugen im Luxussegment.

Es kommt drauf an, was man daraus macht. Dieser Spruch, der einst für die Vielseitigkeit von Beton werben sollte, gilt auch in der Luftfahrt uneingeschränkt. Beispiel gefällig? Dann stellen Sie sich mal eine Bombardier, heute Mitsubishi CRJ900 und eine Bombardier Global 7500 nebeneinander vor. Das eine Flugzeug wird wegen der empfundenen Enge bei einer Bestuhlung mit 90 Passagieren als Angströhre tituliert, das andere ist als Businessjet für Langstrecken der Inbegriff von Luxus am Himmel.

Beide haben denselben Rumpfquerschnitt mit einem Durchmesser von 2,7 Metern. Und beide gehen auf denselben Urahn zurück, die Canadair Challenger CL-600, den ersten Businessjet, in dem man aufrecht stehen konnte. Erstflug: 1978.

Bombardier CRJ und Borbardier-Global-Familie sind revolutionäre Flugzeuglinien

Aus der Challenger erwuchsen zwei revolutionäre Flugzeuglinien, die Bombardier CRJ und die Bombardier-Global-Familie, die derzeit aus der Global 5500, Global 6500 und Global 7500 besteht. Eine Global 8000 existiert als Projekt, wobei unklar ist, ob und wann sie realisiert werden könnte. Die Zahl in der Typenbezeichnung steht für die ungefähre Reichweite in Nautischen Meilen. Eine Global 8000 würde demnach 14 800 Kilometer weit fliegen können, wobei es Bombardier bei allen bisherigen Modellen gelungen ist, ein paar hundert Kilometer mehr herauszukitzeln, als der Name hergibt.

Bombardier
5500 Nautischen Meilen Reichweite verspricht die Typenbezeichnung der kleinsten Global. Tatsächlich übertrifft sie diesen Wert um weitere 400 NM. Foto: Bombardier

Reichweite, darum ging es von Anfang an. Mitte der achtziger Jahre begann das Fahrt aufzunehmen, was wir heute als Globalisierung kennen. Die Verknüpfungen internationaler Unternehmen mit Lieferanten und Kunden wurden vielfältiger und enger. Waren für Businessjets bis dahin noch New York – Los Angeles oder auf der Langstrecke London – New York das Maß der Dinge, so stellten die Kunden jetzt zunehmend höhere Ansprüche. Wer will schon auf dem Weg von New York nach Tokio zweimal zwischenlanden müssen, um zu tanken?

Mit maximal einer Zwischenlandung jeden relevanten Flughafen erreichen

Der Name, mit dem Bombardier diesem Trend Rechnung tragen wollte, war Programm: Global Express. Mit höchstens einer Zwischenlandung sollte jeder relevante Flughafen der Welt zu erreichen sein. Statt transatlantischer Reichweite sollte der neue Jet mit acht Passagieren und vier Besatzungsmitgliedern an Bord eine Reichweite von rund 12 000 Kilometern haben und damit genug für den Sprung über den Pazifik.

Bombardier war mit diesem ehrgeizigen Projekt nicht allein auf weiter Flur. 1500 Kilometer südlich von Toronto, in Savannah, Georgia, arbeitete die Konkurrenz bereits an der Gulfstream V. Dort versuchte man den Wettbewerber mit Hilfe der Börse durch bewusst konservative Prognosen abzuschütteln, um sich den Kuchen allein zu sichern. Der Bedarf für Businessjets dieser Größe betrage maximal 350 Stück, lautete die Botschaft, zu wenig für zwei Anbieter. Heute weiß man: Das neue Marktsegment ist für beide Anbieter eine äußerst lukrative Angelegenheit.

19 Zentimeter Vorsprung gegenüber Gulfstream

Hatte Gulfstream zeitlich die Nase um ein gutes Jahr vorn, so verschaffte sich Bombardier durch die Entscheidung für denselben Rumpfdurchmesser wie bei der Challenger einen lange Zeit nicht einholbaren Vorteil von genau 19 Zentimeter gegenüber der „G-Five“ und ihren Nachfolgern.

Das Vision Flight Deck der Global 6500 basiert auf dem Avioniksystem Pro Line Fusion von Rockwell Collins.

Auch bei der Aerodynamik gelang es Bombardier, einen Vorsprung herauszuholen. Bei einer Geschwindigkeit von Mach 0,80 konnten beide Flugzeuge zwar genauso weit fliegen. Aber dank ihres superkritischen, um 35 Grad gepfeilten Flügels verlor die Global Express („GLEX“) bei höherer Reisegeschwindigkeit nur wenig an Reichweite. Bei Mach 0,85 schaffte sie immer noch 11 300 Kilometer, deutlich mehr als die Konkurrenz. Am Heck beider Flugzeuge werkelten dabei dieselben Motoren: das BR-710 entstand in einem Joint Venture von BMW und Rolls-Royce, aus dem sich der deutsche Autobauer inzwischen zurückgezogen hat.

Global 5000 erhält als erster Businessjet ein Cabin Management System

Zwischen Global Express und Challenger 604 klaffte, was Kapazität und Reichweite betraf, eine riesige Lücke. Für Kunden, die keine weltumspannenden Sprünge machen wollen, entwickelte Bombardier daher die Global 5000. Sie unterschied sich von der GLEX rein äußerlich durch einen um 81 Zentimeter verkürzten Rumpf. Auf Kosten des Komforts an Bord ging das aber nicht, da bei einer Reichweite von 9600 Kilometern kein Ruhebereich für die Piloten mehr nötig war. Die Verkürzung der Reichweite beruhte darauf, dass man auf die Tanks im Heck verzichtete und einen Teil der Tanks in den Flügeln trocken legte. Das maximale Abfluggewicht verringert sich dadurch um rund drei Tonnen.

Mit dem Collins Airshow 21 erhielt die Global 5000 als erster Businessjet ein Cabin Management System, das alle wesentlichen Kabinenfunktionen einschließlich Bordunterhaltung und Internetzugang in einem System zusammenfasste. Im April 2005, drei Jahre nach Programmstart, wurde das erste Flugzeug ausgeliefert.

Verbesserte Druckkabine bei der global Express XRS

Parallel arbeitete Bombardier an einem Update der Global Express zur Global Express XRS, das zu diesem Zeitpunkt nur noch sechs Monate vor seinem Abschluss stand. Gulfstream hatte Bombardier mit der neuen G650 die Reichweitenkrone entrissen. Bombardier sah sich in Zugzwang. Dank zusätzlicher Treibstoffkapazität hatte die XRS wieder die längsten Beine der Branche. Aber bei dieser Veränderung blieb es nicht.

Die Kabinenausstattung in Bombardiers Global-Modellreihe zählt zu
den komfortabelsten aller Langstrecken-Geschäftsreiseflugzeuge.

Bombardier verstärkte den Rumpf, sodass die Druckdifferenz zwischen außen und innen erhöht werden konnte. Der Kabinendruck in 45 000 Fuß (13 700 Meter) Flughöhe entspricht bei der XRS nur 4500 Fuß, ein spürbarer Gewinn an Reisekomfort. Es kamen zwei Fenster hinzu, LED-Beleuchtung wurde eingeführt und das Layout so verändert, dass es mehr nutzbaren Platz gab.

Aus Marketinggründen wird aus Global Express XRS Global 6000

In einem zweiten Schritt erhielt die XRS als erster Businessjet ein Synthetic Vision System von Collins. Bei ihm wird den Informationen im Head-up-Display auch noch ein Infrarot-Bild überlagert. Die Piloten können also quasi durch Nebel sehen, was nicht nur einen Gewinn an Sicherheit bedeutet, sondern auch an operationeller Flexibilität. Wenn andere Jets schon nicht mehr landen dürfen, kommt die XRS noch sicher runter. Später wurde das Flugzeug aus Marketinggründen in Global 6000 umbenannt.

Während der NBAA-Show 2010 sattelte Bombardier noch eins drauf und kündigte mit der Global 7000 und 8000 zwei weitere Versionen der Familie an. Das Versprechen hieß nicht nur noch mehr Reichweite, sondern auch mehr Platz als in jedem anderen Flugzeug dieser Kategorie. Die Global 7500, wie sie inzwischen heißt, um der tatsächlichen Reichweite auch im Namen Rechnung zu tragen, ist mehr als nur eine um 3,43 Meter gestreckte Global Express, es ist ein in weiten Teilen neues Flugzeug.

Global 7500 stellt im März 2019 einen Reichweitenrekord auf

Der neuentwickelte, dünnere Flügel hat weniger Widerstand, ist für eine Reisegeschwindigkeit von Mach 0,85 optimiert, liefert aber auch im unteren Geschwindigkeitsbereich mehr Auftrieb. Die maximale Reisegeschwindigkeit beträgt Mach 0,925. Während der Flugerprobung kratzte der Jet mit Mach 0,995 sogar an der Schallmauer. Zur Reichweite von 14 760 Kilometern tragen auch die neuentwickelten Passport-Triebwerke von General Electric bei. Mit einem Flug von Singapur nach Tuscon/Arizona über eine Entfernung von 15 098 Kilometern stellte eine Global 7500 im März 2019 einen Rekord für diese Flugzeugklasse auf. Mit der 2021 präsentierten neuen G800 hat Gulfstream aber schon die nächste Runde in diesem Meilen-Wettrüsten eingeläutet.

Der bewährte Rumpfquerschnitt wurde bei der Gobal 7500 beibehalten, aber durch den Wechsel auf Aliminium-Lithium war es möglich, dünnere Spanten zu bauen und so ein paar Zentimeter mehr Platz in der Kabine zu schaffen. Auch die Fenster wurden um 80 Prozent vergrößert.

Bombardier setzt bei der Kabine auf größtmögliche Flexibilität

Bei der Auslegung der Kabine achtete Bombardier auf größtmögliche Flexibilität. In der Standardkonfiguration bietet sie vier Zonen mit Schlafmöglichkeiten, eine außerhalb dieses Bereichs liegende Toilette und ein Crew Rest Compartment. Bombardier entwickelte für die Global 7500 einen eigenen hochkomfortablen Sitz. Das Cockpit ist technisch neuester Standard mit vier großen Bildschirmen, Synthetic Vision und – erstmals bei einer Global – Fly-by-Wire-Steuerung. Letzteres wurde von der C Series abgeleitet, die sich damals parallel in der Entwicklung befand und heute als Airbus A220 Verkaufserfolge feiert.

Zur EBACE 2018 landeten Bombardier und Rolls-Royce gemeinsam einen ganz besonderen Coup. Ohne dass zuvor jemand Wind davon bekommen hatte, präsentierten sie in Genf die Weiterentwicklungen für die übrige Global-Familie, und zwar in Gestalt eines weit in der Flugerprobung befindlichen Prototypen mit einem bereits zertifizierten neuen Triebwerk. Aus der Global 5000 wurde die 5500 und aus der 6000 die 6500. Dank eines weiterentwickelten Flügels und der neuen Pearl-Triebwerke von Rolls-Royce konnten beide Modelle nochmals an Reichweite zulegen. Zudem glänzen die beiden Modelle mit Avionik auf dem neuesten Stand und einer neuen High-Tech-Kabine.

Größter Bombardier-Kunde ist auch die Bundeswehr

Mit vollen Auftragsbüchern steuert Bombardier auf den nächsten Meilenstein zu. Seit Beginn des Programms wurden mehr als 900 Global der verschiedenen Versionen gebaut. Die 1000. Auslieferung steht also unmittelbar bevor. Zu den großen Kunden gehört übrigens auch die Bundeswehr. Sie betreibt in der Flugbereitschaft vier Global 5000 sowie drei Global 6000 und hat weitere drei Global 6000 bestellt, die im Rahmen des Programms Pegasus zu fliegenden Horchposten umgebaut werden sollen.

Autor: Heinrich Großbongardt