Mainzer Ampel-Koalition will trotz des Flughafen-Crashs weich landen
07.07.2016 Erst das Desaster am Nürburgring, jetzt die Pleite mit dem Flughafen Hahn: In Rheinland-Pfalz sorgt die Gutgläubigkeit der Landesregierung gegenüber Investoren für gewaltigen Ärger. Mainz (dpa) – Mit ernster Miene sitzt Malu Dreyer (SPD) auf der Regierungsbank. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin hört sich am Donnerstag im Landtag die Vorwürfe von CDU-Oppositionschefin Julia Klöckner an. Der chinesische […]
07.07.2016
Erst das Desaster am Nürburgring, jetzt die Pleite mit dem Flughafen Hahn: In Rheinland-Pfalz sorgt die Gutgläubigkeit der Landesregierung gegenüber Investoren für gewaltigen Ärger.
Mainz (dpa) – Mit ernster Miene sitzt Malu Dreyer (SPD) auf der Regierungsbank. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin hört sich am Donnerstag im Landtag die Vorwürfe von CDU-Oppositionschefin Julia Klöckner an. Der chinesische Käufer und Hoffnungsträger des verschuldeten Flughafens Hahn hat sich praktisch in Luft aufgelöst. «Maximales Wegschauen statt maximaler Transparenz» wirft Klöckner Dreyer vor. Die Regierungschefin bleibt ruhig, räumt Fehler ein, zieht aber keine personellen Konsequenzen. Es ist der Versuch einer Flucht nach vorn in einem Vorgang, der viele Fragen aufwirft.
Saß die rheinland-pfälzische Landesregierung einem Betrüger auf?
Das prüft das Innenministerium. Dreyer sprach davon, dass es «offensichtlich betrügerisches Handeln und bewusstes Täuschen» von der Shanghai Yiqian Trading (SYT) gab – harte Vorwürfe. Innenminister Roger Lewentz (SPD) sagt etwas vorsichtiger, es gebe begründete Zweifel an vorgelegten Unterlagen. Konkret verwies er auf Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Bankbelege.
Wie konnte es so weit kommen?
Die Beratungsgesellschaft KPMG hat den Käufer geprüft. Darauf verweist der Innenminister. Dabei gab es eine rote Bewertung wegen Unklarheit im Handelsregister zur Gesellschafterstruktur. Vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags waren die Kontrolllampen laut Regierung wieder auf Grün. Staatssekretär Randolf Stich erklärte nach der Vertragsunterzeichnung, der Hahn-Investor sei umfassend geprüft. Dann kamen Zweifel am Käufer auf. Schließlich flog Stich nach China, um mehr herauszufinden.
Wie verteidigt sich die Landesregierung?
Sie sieht bisher keinen finanziellen Schaden. Der Vertrag wäre nämlich erst in Kraft getreten, wenn der rheinland-pfälzische Landtag dem Geschäft zugestimmt hätte. Der Innenminister sagt, zu keinem Zeitpunkt habe der Käufer Zugriff auf Eigentum des Landes gehabt. Dagegen spricht Klöckner von einem riesigen Imageschaden und einem materiellen Schaden, etwa wegen der Kosten für die Beratungsfirma, die Rechtsberatung und das Rückabwickeln der Verträge.
Ist das Ganze nicht schon mal genauso beim Nürburgring passiert?
Ja und nein. Eine Parallele ist die offensichtliche Gutgläubigkeit der Landesregierung gegenüber Investoren. 2009 fiel die damalige SPD-Alleinregierung auf den angeblichen US-Milliardär Pierre Dupont herein, der 100 Millionen US-Dollar zum Bau eines Freizeitparks am Nürburgring beisteuern sollte. Doch Schecks waren ungedeckt. Die Rennstrecke ging 2012 insolvent und wurde 2014 verkauft.
Kommt es zum Rücktritt eines Regierungsmitglieds?
Bisher versucht Dreyer, dass es nicht dazu kommt. Sie hat sich vor ihren Innenminister gestellt. «Die Frage stellt sich für mich nicht», war bisher ihre Antwort.
Welche Chancen hat der CDU-Misstrauensantrag gegen Malu Dreyer?
Die beiden kleineren Koalitionspartner FDP und Grüne ärgern sich zwar intern darüber, dass der Deal so gelaufen ist, aber sie stellen die junge Ampel-Koalition nicht infrage. Deshalb wird der Antrag auf Entziehung des Vertrauens gegen Dreyer aller Voraussicht nach nicht zum Bruch des Bündnisses führen.
Wie geht es jetzt mit dem Verkauf des Flughafens weiter?
Die Landesregierung und die KPMG führen Gespräche mit den beiden Bietern, die im Ausschreibungsverfahren in die letzte Wahl gekommen, dann aber unterlegen waren.
Oliver von Riegen und Peter Zschunke, dpa