An Bord der A350: Der Lufthansa Flug nach San Diego
Lange haben Lufthansa und ihre Kunden auf die Allegris-Kabine warten müssen. Wir haben die neue Serviceklasse in einer A350 auf dem Flug von München nach Südkalifornien getestet.
Die Verbindung von München nach San Diego ist eine der längsten Strecken im Netz der Lufthansa. Knapp 9695 Kilometer beträgt die Großkreisentfernung zwischen beiden Flughäfen. Für die A350 ist das ein Klacks. Auch mit der maximalen Nutzlast von 53 Tonnen für Passagiere, ihr Gepäck und Fracht könnte sie noch gut 2100 Kilometer weiter fliegen. Selbst Frankfurt Buenos Aires, mit 11 480 Kilometern die längste Lufthansa-Verbindung, schafft der Zweistrahler aus Toulouse mühelos. Lange Zeit war diese Verbindung schon aus Gründen der Reichweite dem Jumbo vorbehalten.
Wie jeder Flug beginnt auch dieser mit einer gründlichen Vorbereitung. Die Strecke wird heute ziemlich genau dem Großkreis folgen, der kürzesten Entfernung zwischen München und dem Zielort. Über Schottland hinweg wird es an Island vorbei über die Südspitze Grönlands zur Hudson Bay und dann über South Dakota schnurstracks in Richtung San Diego gehen.
Optimales Routing auf dem Lufthansa Flug nach San Diego

Auf Basis der aktuellen Wetterdaten wird für jeden Langstreckenflug das optimale Routing ermittelt. Nicht immer ist der kürzeste Weg auch der wirtschaftlichste. Es kann sein, dass sich auf einem Flug an die amerikanische Westküste durch einen Umweg von 300 oder 400 Kilometern und eine halbe Stunde mehr Flugzeit fünf oder sechs Tonnen Treibstoff sparen lassen. Unternehmensbilanz und Umweltbilanz werden auf diese Weise gleichermaßen entlastet.
Auch Komfortaspekte spielen bei der Wahl der Strecke eine Rolle. Um Gebiete in denen zum Beispiel Clear Air Turbulence zu erwarten sind, macht man tunlichst einen Bogen. „Wir haben ein Tool, bei dem wir alle Turbulenzen von anderen Flugzeugen mitgeteilt bekommen“, sagt Flugkapitän Jürgen Böhm. Er ist der Kommandant auf unserem Flug. Auch die Wettermodelle sind in den letzten Jahren in diesem Punkt sehr viel zuverlässiger geworden. Aber PIREPs, die Meldung von Piloten, sind nach wie vor unverzichtbar.
Entspannter Flug ohne Turbulenzen

Auf unserem Flug ist derlei nicht zu erwarten. Das Wetter ist einfach tadellos. Aber es gibt durch unerwartete Turbulenzen jedes Jahr weltweit Zwischenfälle mit Verletzten. Am 11. November 2024 zum Beispiel geriet eine Boeing 747-8 der Lufthansa auf dem Flug von Buenos Aires nach Frankfurt in der Innertropischen Konvergenzzone über dem Südatlantik in so schwere Turbulenzen, dass sechs Mitglieder der Kabinencrew und fünf Fluggäste leicht verletzt wurden. Die Passagiere hatten die fundamentale Vorsichtsmaßnahme außer Acht gelassen: Sie waren nicht angeschnallt.
Vor jedem Flug steht die Überprüfung des Flugzeugs durch die Cockpitbesatzung. Zwar haben die Spezialisten der Lufthansa Technik im Rahmen eines Ramp Checks das Flugzeug bereits kontrolliert, da aber die Cockpitcrew die letzte Verantwortung trägt, überprüft sie bestimmte Punkte zur Sicherheit ein zweites Mal.
Technische Checks vor dem Lufthansa nach Flug San Diego

Dazu gehört der Blick ins Electronic Centralized Aircraft Monitoring, kurz: ECAM. Dieses zeigt, welche Fehlermeldungen auf dem vorhergehenden Flug aufgetreten sind und ob sie behoben wurden. Unverzichtbar ist auch der Abruf des Ölvorrats der Triebwerke. Jeder der beiden Trent-XWB-Motoren von Rolls-Royce verbraucht pro Flugstunde eine bestimmte Menge Öl zur Schmierung der Lager. Reicht die vorhandene Menge für den anstehenden Flug und idealerweise auch für den Rückflug?
Kontrolliert werden auch der Sauerstoffvorrat für die Cockpit Crew und ob ausreichende Rain Repellent, das die Cockpitscheiben mit einer wasserabweisenden Schicht überzieht und so die Arbeit der Scheibenwischer unterstützt, vorhanden ist.
Der Außencheck vor dem Start

Dann folgt der Outside Check, die Außenkontrolle des Flugzeugs. Flugkapitän Böhm geht dabei einmal im Uhrzeigersinn um das Flugzeug herum. Besonders achtet er dabei auf Schäden, die durch Cateringfahrzeuge, Tankwagen oder Lkw für Entsorgung der Schmutzwassertanks entstanden sein könnten. Ein prüfender Blick gilt den Fanschaufeln des Triebwerks, ob sie womöglich Dellen haben. Böhm leuchtet mit einer Taschenlampe in den Motor, um dort die Spuren eventueller Undichtigkeiten von Hydraulikleitungen zu entdecken.
Bei der Inspektion des Fahrwerks achtet der Kapitän besonders auf Hydraulikleckagen, auf mögliche Schäden an den Reifen, die zum Beispiel durch einen Fremdkörper auf der Landebahn entstanden sein könnten. Ein wichtiger Punkt ist auch die Profiltiefe der Reifen. Sie verlieren nicht nur bei jeder Landung an Gummi, sondern auch auf dem kilometerlangen Weg zwischen Piste und Terminal. „Man muss natürlich hochrechnen, wie der Reifen nach der Landung in San Diego aussieht“, sagt Böhm. „Man will dem nächsten Kapitän das Flugzeug dort möglichst in einem technisch einwandfreien Zustand übergeben.“
Flug Nach San Diego mit der Lufthansa im A350

Mit der A350 nach San Diego, das ist ein Flug ganz nach seinem Geschmack, denn er mag sowohl das Flugzeug als auch die Destination ganz besonders. Der 53-Jährige fliegt sowohl A350 als auch A380; beide Muster sind in München stationiert. Vier Triebwerke habe er ganz zu Beginn seiner Karriere schon einmal gehabt, scherzt er, und zwar bei der Lufthansa CityLine als First Officer auf der Avro RJ85.
„Die A350 ist das Nonplusultra. Sie zu fliegen, macht einfach Spaß“, schwärmt Böhm. „In meinen bisher 20 000 Flugstunden habe ich jetzt schon acht Flugzeugmuster hinter mir, aber die A350 ist mein absoluter Favorit.“ Sein bisheriger Lieblingsjet war die MD-11, die er während seiner Zeit bei Lufthansa Cargo geflogen ist. Er mochte sie, weil sie so anspruchsvoll zu fliegen war.
Warum sich die A350 für Piloten anders anfühlt

Ich hätte nicht gedacht, dass es da für mich nochmal eine Steigerung gibt. Der Airbus A350 ist wie ein Sportwagen. Er ist agil und fliegt sich total wendig. Man merkt das Gewicht gar nicht.
-Böhm
Das Plus an Komfort durch den gegenüber älteren Mustern höheren Kabinendruck und die höhere Luftfeuchtigkeit machen sich auch für die Piloten bemerkbar. „Die Langstrecke kann schon anstrengend sein“, sagt Böhm. „Aber aus der A350 steigt man frisch und entspannt aus. Es ist unglaublich, was das ausmacht.“
Warum der Flug nach San Diego für Piloten der Lufthansa besonders ist

Auf den Anflug auf San Diego freut er sich: „Die Wüste und die Berge sehen immer toll aus. Und dann sieht man auch schon den Pazifik und das Funkeln die Wolkenkratzer von San Diego.“ Der San Diego International Airport wartet mit einer Reihe von Besonderheiten auf. Eine ist, dass es für den Anflug von Osten kein Instrumentenlandesystem gibt. Die Bebauung am Flughafen würde es stören. Mit 3,5 Grad ist der Anflug außerdem wegen der teils über 1000 Meter hohen Berge im Osten steiler als normal. Und schließlich ist die Bahn mit 2865 Meter für den Betrieb mit einem Langstreckenflugzeug nicht gerade lang.
Die D-AIXU ist die zweite A350, die mit einer fertig eingebauten Allegris-Kabine an Lufthansa ausgeliefert wurde. Das war am 25. Mai 2024. Mit Allegris schlägt der Kranich ein neues Kapitel in Sachen Komfort und Service auf. Die Entwicklung der Sitze liegt inzwischen rund zehn Jahre zurück, und bereits 2017 waren erste Bilder zu sehen.
Verspäteter Auftakt für das Komfortzeitalter

Mit der Boeing 777-9 sollte das neue Komforzeitalter bei Lufthansa anbrechen. Doch erst riss Boeing den Zeitplan für die Entwicklung des neuen Langstreckenfliegers ein, dann sorgten Corona und die nachfolgenden Lieferkettenprobleme für Turbulenzen. Weil es bis heute Schwierigkeiten bei der Zulassung der neuen Business-Class-Sitzen für die Boeing 787 gab, war es die A350, die den Anfang machte.
Auf dem Weg nach San Diego reise ich auf Sitz 8A im hinteren Segment der Business Class. Mit Allegris stellt Lufthansa hier endlich auf eine 1 2 1 Bestuhlung um. Für mich als Window-Seat-Addict brechen glückliche Zeiten an. Wie oft habe ich mir schon den Gang zum WC verkniffen, um nicht meinen Sitznachbarn auf dem Gangplatz aus dem Tiefschlaf zu reißen, wenn ich über seine ausgestreckten Beine steige.
Lufthansa: Maximale Privatsphäre auf dem Flug nach San Diego

Jetzt bewohne ich eine schicke gemütliche kleine Suite, zu deren Ausstattung unter anderem ein großer 4K-Monitor, eine Minibar, ein Entertainment-Pad, Ladestationen für die persönliche Elektronik sowie ein kleiner Kleiderschrank gehören. Ich kann zum Gang hin sogar eine brusthohe Trennwand hinter mir zuziehen und habe so ein Maximum an Privatsphäre.
Vorbei sind auch die Zeiten, wo selbst Menschen mit Normalmaß Schwierigkeiten hatten, ihre Beine zum Schlafen in dem viel zu engen und zu kurzen Tunnel unter dem Vordersitz unterzubringen. So jedoch dürften die reichlich elf Stunden Flugzeit, die vor uns liegen, buchstäblich wie im Fluge vergehen.
Business Class mit Aufpreismodellen

Mein kleines Reich ist einer von insgesamt sieben verschiedenen Sitztypen, unter denen man in der Allegris-Business-Class wählen kann. Darunter ist sogar einer mit 2,20 Metern Länge. Aber es gibt Zweifel, ob die Vielzahl tatsächlich praktikabel ist oder am Ende nicht doch mehr Potenzial für Enttäuschungen beim Kunden und bei Umbuchungen mehr Komplikationen bedeutet. Der Flugpreis in der Business Class richtet sich nach der Art des Sitzplatzes. Für das Extra Long Bed zahlt man 140 Euro Aufschlag, für die Suite 500 Euro.
„Wenn ich mich mit den Gästen unterhalte und sie zu ihrer Meinung befrage, dann ist das Feedback durchweg positiv“, erzählt Doris Haferkorn, als Purserin die Chefin der Kabinencrew auf unserem Flug. Auch systematische Kundenbefragungen der Lufthansa spiegeln das wider. Weit mehr als 90 Prozent sind mit der Business Class zufrieden oder sehr zufrieden. Das Feedback zur neuen Economy und Premium Economy Class ist ebenfalls sehr positiv.
Mehr Komfort für die Lufthansa Crew auf dem Flug nach San Diego

Begeistert sind auch die Kolleginnen und Kollegen von Haferkorn. Mit dem neuen Produkt zu arbeiten, motiviere und mache wirklich Lust und Laune, heißt es. Durch die Abtrennung der einzelnen Sitzplätze voneinander lasse sich der Service viel persönlicher gestalten. Der Umgang mit dem einzelnen Gast erfordere deshalb aber zugleich mehr Fingerspitzengefühl. Vor dem Einsatz auf Flugzeugen mit Allegris-Kabine stand eine gründliche Einweisung. „Wir wurden geschult, dass wir selbst auch wirklich mit den neuen Sitzen umgehen können und sie dem Gast auch erklären können“, so Haferkorn.
Eines werden Haferkorn und ihre Kolleginnen gewiss nicht vermissen: den Schreckmoment, wenn einem Passagier mal wieder das Handy oder gar das Tablet in den Sitz gerutscht ist und sie es aus der Mechanik herausfischen müssen, damit der Akku nicht beschädigt wird und sogar in Flammen aufgeht. In den Allegris-Sitzen ist derlei nicht mehr möglich.
Seidenweiche Landung über den Bergen

Die Modernisierung der Lufthansa-Langstreckenflotte ist ein Mammutunternehmen. Mehr als 31 600 Sitze müssen in A350, 787, 777 und 747-8 eingebaut werden, bei neuen Flugzeugen gleich beim Hersteller, bei den vorhandenen im Rahmen größerer Liegezeiten bei der Lufthansa Technik. Einzig die acht A380 bleiben außen vor. Doch auch sie erhalten bis 2028 ein Update auf eine neue Business Class. Statt der Allegris-Sitze werden sie die Aero Vantage XL Sitze von Thompson bekommen.
Nach einem insgesamt seidenweichen Flug könnte man im Anflug auf San Diego denken, wir seien gerade auf eine Nebenstraße abgebogen. Die Thermik über den Bergen rüttelt uns ein wenig durch. Um 15.29 Ortszeit setzt Flug LH 466 auf, gerade mal vier Minuten später als geplant. Neben Lufthansa bieten nur noch KLM, British Airways und Japan Airlines Langstreckenverbindungen nach San Diego an.
San Diego als Ziel: Entspannte Einreise beim Lufthansa Flug
Insgesamt geht es hier viel entspannter zu als an den großen Westküsten-Drehkreuzen. So schnell wie in San Diego bin ich seit über 20 Jahren nicht mehr durch die Immigration gekommen. Den Rückflug nach München trete ich wenige Tage später von Los Angeles aus an, diesmal in einer A380. Auch wenn dieses Flugzeug immer wieder durch die Geräumigkeit und die leise Kabine beeindruckt, mit der alten Business Class der Lufthansa fühlt es sich wie ein Downgrade an.
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