Skybus: Airline am Ende der Welt
Der Name ist Programm: Die britische Fluglinie Skybus verbindet auf einer kurzen Strecke von Land’s End im äußersten Südwesten
Englands Touristen und Bewohner mit den vorgelagerten Scilly Islands. Die „Buslinie“ ist fester Bestandteil des Alltagslebens.
Ganz klar, was die Ureinwohner Cornwalls auf den Klippen ganz im Südwesten der britischen Insel zu diesem Namen inspirierte: Hier endete für sie die Welt. Doch so ganz ist Land’s End eben doch nicht das Ende Englands: 45 Kilometer vor der Küste liegen wie kleine Kleckse im blauen Ozean die Isles of Scilly. Dieses Archipel besteht aus mehr als 200 Inseln, von denen fünf größere bewohnt sind. Auf der größten, St. Mary’s, ist der kleine Flugplatz mit dem IATA-Code ISC beheimatet.
Gegenüber auf der britischen Hauptinsel liegt der Airport von Land’s End (LEQ) sein 1937 im Örtchen St. Just, 9,5 Kilometer von der Stadt Penzance entfernt. Dort hat die Fluggesellschaft Isles of Scilly Skybus ihren Sitz. Sie verbindet die Scilly-Inseln seit über 30 Jahren mit dem Festland. Der „Bus“ fliegt täglich bis zu acht Mal, ganzjährig von morgens bis zum frühen Abend. Nach dem Start in LEQ dauert der Flug bis ISC rund 20 Minuten. Die Flughafengesellschaft Land’s End Airport Limited und Skybus gehören beide zur Isles of Scilly Steamship Company (ISSC), die neben dem Flug auch die Fähre „Scillonian“ betreibt. Per Flugzeug und Schiff erreichen jedes Jahr mehr als 200 000 Menschen die wunderschönen Inseln.
In Land’s End trafen wir Christopher Pearson, den Flughafenmanager, und Jonathan Hinkles, den Direktor von Skybus. Der kleine Airport liegt an Platz 35 in der Rangfolge der verkehrsreichsten Flughafen des Vereinigten Königreichs. Von April 2022 bis März 2024 wurden hier in rund zwei Jahren 111 576 Passagiere gezählt.
Miniaturflughafen
Im Jahr 2024 starteten und landeten in Land’s End 7496 Flüge. Weil die Pisten auf beiden Airports deutlich unter 1000 Meter kurz sind, kommen nur kleine Maschinen zum Einsatz: Britten-Norman BN-2 Islander und De Havilland Canada DHC-6-300 Twin Otter. Sie beförderten 2024 auch 53 Tonnen Fracht.
Der Miniflughafen in Land’s End ist mit allem ausgestattet, was Fluggäste von einem Airport erwarten. So gibt es ein Terminal mit zwei Check-in-Schaltern, ein Restaurant mit Außenbereich und einen Hangar für die Wartung der Skybus-Flotte. Auf dem Flughafen sind 53 Mitarbeiter beschäftigt, von denen 29 als Piloten, Ingenieure, Abfertigungs- und Vorfeldpersonal für die Fluggesellschaft tätig sind.
De Havilland DHC-6 Twin Otter 300. Bild: Skybus
Eine Hubschrauberbasis von „Trinity House“, der britischen Leuchtturmbehörde, ist ebenso auf dem Flughafen angesiedelt. Sie betreut alle Leuchttürme und Feuerschiffe an der Küste Cornwalls. Ein kleiner Aeroclub, Air Cornwall, rundet die aviatische Gemeinde in Land’s End ab. Neben dem Linienverkehr nutzen zahlreiche Privatpiloten den Flughafen. Auch Charterflüge werden gelegentlich auf dem kleinen Flugplatz abgefertigt. So führte ein Teileigentümer einer Pilatus PC-12 von Jetfly im vergangenen Sommer einen Direktflug nach Lissabon durch.
Wetterabhängig
Wie an zahlreichen, in Meeresnähe gelegenen Flughäfen, verfügt aufgrund sich oft ändernder Windrichtungen auch LEQ über gekreuzte Start- und Landebahnen. Es sind die beiden asphaltierten Pisten 07/25 mit einer Länge von 693 Meter und 16/34 mit einer Länge von 784 Meter. Zudem werden zwei Graspisten vorgehalten: Die mit der Ausrichtung 02/20 ist 483 Meter lang, die 11/29 misst 478 Meter. Je nach Windrichtung können sie für Starts und Landungen genutzt werden können – mit Ausnahme der Piste 29, die nur für Starts zugelassen ist. In Land’s End sind für alle vier Landebahnen spezielle Anflugverfahren vorgesehen, um schlechten Wetterbedingungen, Windscherungen und Turbulenzen in geringer Höhe zu begegnen. Darüber hinaus gibt es sowohl für die Bahnen in Land’s End als auch in St. Mary’s Instrumentenanflugverfahren mit Hilfe ungerichteter Funkfeuer (NDB). So können Flugzeuge beide Flughäfen auch bei schlechtem Wetter anfliegen. Die Flughöhe zwischen Festland und Inseln liegt normalerweise bei nur rund 300 bis 450 Meter.
Sowohl in Land’s End als auch in St. Mary’s haben die Wetterbedingungen immer einen Einfluss auf die Flugbewegungen. Stürme ebenso wie Nebel sind häufig. Letzteres kann dazu führen, dass man morgens noch das Flugzeug nutzen kann und aufgrund des dicken Nebels nachmittags mit dem Schiff zum Festland oder der Insel zurückkehrt. An stürmischen Wintertagen kann es hingegen vorkommen, dass weder Skybus noch die Fähre zum Einsatz kommen können. Dann sind die Scilly’s zeitweilig, bis zur Beruhigung des Wetters, von der Außenwelt abgeschnitten. In diesem Fall gibt Skybus an alle gebuchten Passagiere eine Wetterwarnung heraus, damit sie die Möglichkeit haben, ihre geplante Reise zu verschieben.
Die Fluggesellschaft und der Flughafen haben nur einen Konkurrenten auf der Strecke zu den Inseln: Ein von Penzance Helicopters betriebener Hubschrauberdienst, der vom Penzance Heliport aus startet. Er bedient St. Mary’s und auch die Insel Tresco. Das Unternehmen setzt einen zehnsitzigen Hubschrauber des Musters Sikorsky S-76C ein. Er wird von Starspeed Ltd., einem Unternehmen der Luxaviation-Gruppe, betrieben.
Flottenharmonisierung
Skybus setzt aktuell sieben Flugzeuge ein: vier Turboprops vom Typ de Havilland DHC-6 Twin Otter 310 mit 19 Passagierplätzen sowie drei Kolbenmotor-Zweimots Britten-Norman BN-2 Islander mit acht Sitzplätzen. Skybus hat jüngst einen Vertrag mit Aurigny Air Services über den Betrieb von zwei DHC-6 Twin Otter 300 in deren Auftrag abgeschlossen. Diese beiden Maschinen sollen auf Flugverbindungen zur Kanalinsel Alderney in den Farben von Aurigny zum Einsatz kommen.
Der Dienst wird im November aufgenommen und soll die beiden Dornier 228, die Aurigny derzeit auf den Strecken von Alderney nach Southampton und Guernsey einsetzt, schrittweise ablösen. Es ist beabsichtigt, dass dieser Flottentransfer bis März 2026 abgeschlossen ist, wofür die Skybus-Flotte von vier auf sechs Twin Otter erweitert wird. Darüber hinaus erwägt die Fluggesellschaft, die Flotte zu harmonisieren und die drei Islander durch eine weitere Twin Otter zu ersetzen.
Start mit der Islander
Skybus nahm nach ihrer Gründung am 9. August 1984 durch die Isles of Scilly Steamship Group den Flugbetrieb mit Britten-Norman Islander auf. 2024 beförderte die kleine Airline mit ihren sieben Flugzeugen 57.500 Passagiere, die auf mehr als 10.500 Flügen zu den drei britischen Zielen Land’s End, Newquay in Cornwall und Exeter in Devon transportiert wurden.
Im kommenden Jahr will Skybus deutlich wachsen. So ist eine Erhöhung der Frequenzen von St. Mary’s nach Newquay im bis Oktober gültigen Sommerprogramm 2026 auf bis zu sieben Flüge pro Tag zwischen montags und samstags geplant. Sie sind auch bereits jetzt auf der Website zu buchen. Der Flughafen Newquay bietet Anschlussflüge zu wichtigen Zielen im Vereinigten Königreich wie London, Manchester, Birmingham, Edinburgh, Newcastle, Belfast sowie nach Dublin in der Republik Irland. Im vergangenen Sommer wurde Newquay auch in das Streckennetz von Eurowings und Edelweiss mit Direktflügen aus Deutschland und der Schweiz aufgenommen.
Auch die Skybus-Flüge von St. Mary’s nach Exeter sind für Anschlüsse nach Edinburgh, Newcastle, Dublin und Amsterdam optimiert. Die Fluglinie hat sich darauf konzentriert, Shuttle-Dienste zwischen den Scilly-Inseln und den drei Zielen in England anzubieten, statt mit ihren kleinen Flugzeugen selbst zu weiter entfernten Destinationen zu fliegen.
Als Fluglinie der Scilly-Inseln spielt Skybus auch eine wichtige Rolle für die Versorgung der lokalen Bevölkerung. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Lebenslinie für die Inselbewohner, wenn sie im Notfall Ambulanzflüge durchführt. Das geschieht dann, wenn Patienten nicht mit den Linienflügen transportiert werden können oder auf schnellstem Weg zu Kliniken geflogen werden müssen.
Auch der Frachtverkehr ist ein wichtiger Faktor, denn nach St. Mary’s werden Post, Zeitungen und Konsumgüter geflogen. Aber auch von den Inseln kommt Ware, vor allem duftende Narzissen, für deren Anbau die Scilly-Inseln bekannt sind, und die vor allem in der Weihnachts- und Winterzeit sehr begehrt sind. Darüber hinaus wird auf den Inseln auch der berühmte Scilly Gin nach einem Rezept aus dem Jahr 1665 hergestellt. Auch er erfährt zunächst eine Lufttaufe, bevor er rund um den Globus von seinen Liebhabern genossen wird.
Text Marco Minari

