Kaum jemand elektrisierte die Amerikaner so wie die Pilotin Amelia Earhart. Um ihren Tod ranken sich viele Theorien. Schon ihre ikonische Atlantik-Überquerung vor 90 Jahren hätte fast in einem Desaster geendet. New York (dpa) – Wackelige Bilder zeugen von einem der großen Momente der Luftfahrtgeschichte: Die Lockheed Vega 5B beschleunigt auf einer Wiese an der […]

Kaum jemand elektrisierte die Amerikaner so wie die Pilotin Amelia Earhart. Um ihren Tod ranken sich viele Theorien. Schon ihre ikonische Atlantik-Überquerung vor 90 Jahren hätte fast in einem Desaster geendet.

Wackelige Bilder zeugen von einem der großen Momente der Luftfahrtgeschichte: Die Lockheed Vega 5B beschleunigt auf einer Wiese an der kanadischen Küste, hebt ab und fliegt dem grauen Horizont entgegen. In dem Flugzeug saß Amelia Earhart, die ein paar Stunden später mit der ersten Solo-Atlantiküberquerung einer Frau zur Legende werden sollte. An diesem Freitag (20. Mai) jährt sich der historische Flug zum 90. Mal. Und noch heute ranken sich Verschwörungstheorien um ihr Verschwinden Jahre danach.

Ein großer Teil von Earharts Popularität rührte vom Charisma der jungen Frau mit Kurzhaarschnitt her, die schon als Kind eine Draufgängerin war. Die 1897 in Atchison (US-Bundesstaat Kansas) Geborene soll mit einem Schlitten unter einer fahrenden Kutsche durchgesaust sein. Als sie im Alter von 20 Jahren Verletzte des Ersten Weltkriegs pflegte, nahmen sie einige von ihnen mit zum Flugplatz, wo die junge Frau sofort von den zerbrechlichen Apparaten fasziniert war. Zu der Zeit gab es auf der ganzen Welt erst ein Dutzend Pilotinnen.

Als Earhart 1922 ihre Lizenz bekam, war allein schon das eine Schlagzeile wert. 1928 war sie die erste Frau, die den Atlantik überquerte, allerdings noch als Passagierin – oder eher weibliches Maskottchen. Sie sei Fracht gewesen, «wie ein Sack Kartoffeln», sagte sie grimmig. Doch zumindest war sie nun eine Nationalheldin und konnte mit ihrer immensen Popularität ihr eigentliches Herzensprojekt angehen: selbst über den Atlantik zu fliegen.

So reibungslos wie die Aufnahmen von ihrem Start 1932 in Neufundland annehmen lassen war der Flug über den Ozean nicht. Wegen versagender Ausrüstung und undichtem Tank endete die Überquerung fast in einer Katastrophe. Earhart kämpfte mit Müdigkeit und Flammen, Eis auf den Flügeln zwang sie in einen ungewollten Sinkflug von mehr als 900 Metern bis knapp über die Wellen. Doch sie brachte die Maschine wieder unter Kontrolle und landete schließlich auf einem Feld in Nordirland.

Der weltweite Ruhm war ihr danach sicher: In London, Paris und Rom wurde die Pilotin gefeiert und kehrte zu einer Konfetti-Parade zurück nach New York. Earhart wurde ein Medienstar, ständiger Gast im Weißen Haus und nutzte ihren Einfluss auch, um immer wieder für die Rechte der Frauen einzutreten, denn sie war «der männlichen Dominanz überdrüssig».

Was konnte nach der tollkühnen Atlantik-Überquerung noch folgen? Earharts Antwort war ein Flug um die Welt, den sie 1937 in Angriff nahm. Nach zahlreichen Zwischenlandungen sollte sie nach der Umrundung des Globus wieder auf US-Boden landen. Doch der Stichtag verstrich, ohne dass Earhart oder ihr Navigator Fred Noonan auftauchten. Ihre silberne Lockheed «Electra» blieb verschwunden.

Dutzende Legenden und Verschwörungstheorien ranken sich bis heute um den Flug. Hat die 39-Jährige ihren Tod vorgetäuscht, um unterzutauchen? Hat sie auf einer Südseeinsel überlebt? Ist das mysteriöse Kindergrab auf dem Inselchen Nikumaroro das von einem Baby von Earhart und Noonan? Stammt eine rätselhafte Flaschenpost von dem Navigator? Oder haben die Japaner die beiden Amerikaner geschnappt, weil sie mit ihrer mit Instrumenten vollgestopften «Electra» auch spionierten? Schließlich gibt es doch das Luftbild einer «Electra» in Japan. Oder?

Die meisten Historiker gehen davon aus, dass Earhart schlicht abgestürzt und gestorben ist. Ihre Leiche wurde nie entdeckt.

Wie sehr die Geschichte von Amelia Earhart die Amerikaner noch immer elektrisiert, zeigte sich erst vor wenigen Wochen bei der Versteigerung einer Lederkappe, die die Luftfahrt-Ikone bei ihrer Atlantiküberquerung 1928 trug. Der oder die Höchstbietende zahlte knapp 800 000 Euro für die Haube – zehn Mal mehr als das Auktionshaus geschätzt hatte.

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