Bald geht es ans Eingemachte im Klimakabinett der schwarz-roten Bundesregierung. Am Donnerstag gab es noch keine Entscheidungen – diese sollen im September folgen. Die Umweltministerin sorgte zuvor mit einem Vorstoß für Wirbel. Berlin (dpa) – Das Klimakabinett der Bundesregierung hat bei seiner dritten Sitzung noch keine konkreten Schritte für mehr Klimaschutz vereinbart. Umweltministerin Svenja Schulze […]

Bald geht es ans Eingemachte im Klimakabinett der schwarz-roten Bundesregierung. Am Donnerstag gab es noch keine Entscheidungen – diese sollen im September folgen. Die Umweltministerin sorgte zuvor mit einem Vorstoß für Wirbel.

Berlin (dpa) – Das Klimakabinett der Bundesregierung hat bei seiner dritten Sitzung noch keine konkreten Schritte für mehr Klimaschutz vereinbart. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte am Donnerstagabend in Berlin, es habe eine sehr intensive Diskussion über einen CO2-Preis und das gesamte geplante Paket gegeben. «Es ist sehr, sehr deutlich geworden, dass wir in den nächsten Wochen noch viel Arbeit vor uns haben.» Es bleibe beim Zeitplan, dass am 20. September das komplette Maßnahmenpaket im Klimakabinett verabschiedet werden solle. «Bis dahin ist noch eine Menge zu tun.»

Unter Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten die zuständigen Fachminister drei Stunden lang über Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr, bei Gebäuden und in der Landwirtschaft beraten. Ziel ist es, dass Deutschland in Zukunft eigene und internationale Klimaziele erreicht.

Ins Zentrum der Debatte ist die Frage gerückt, ob auf den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 ein Preis erhoben werden soll. Dies würde Tanken und Heizen mit Öl und Gas verteuern. Dazu liegen verschiedene Modelle auf dem Tisch.

Die «Wirtschaftsweisen» hatten der Bundesregierung in einem Gutachten empfohlen, einen Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen bei Verkehr und in Gebäuden einzuführen. Der Vorsitzende des Sachverständigenrats, Christoph Schmidt, sowie der Klimaforscher Ottmar Edenhofer stellten dem Klimakabinett ihre Pläne vor.

Nach Ansicht von Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus wird Deutschland bis 2030 mehrere Hundert Milliarden Euro ausgeben müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Das sagte der CDU-Politiker der Düsseldorfer «Rheinischen Post» und dem Bonner «General-Anzeiger» (Freitag). Außerdem müsse der Bundestag seine Arbeitsweise ändern und einen «Zukunftshaushalt» aufstellen, in dem politische Ziele – wie die Finanzen im Bundesetat – jährlich festgeschrieben, abgestimmt und kontrolliert würden. Es dürfe sich nicht wiederholen, dass CO2-Reduktionsziele gesetzt und dann gerissen würden.

Brinkhaus mahnte: «Wir müssen richtig viel Geld in die Hand nehmen. Das ist eine Anstrengung, die mehrere Hundert Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren kosten wird. Sonst ist das nicht zu machen.» Die jetzt diskutierte CO2-Bepreisung sei auch nur ein Baustein eines großen Paketes, sagte Brinkhaus. Die Politik müsse den Bürgern jetzt sehr ehrlich sagen, dass jeder Einzelne sein Verhalten überprüfen müsse. Das Leben werde sich verändern. Es müsse aber niemand Angst davor haben, weil es Übergangszeiten zum Umdenken und zur Vorsorge geben werde. Mit einem breit angelegten Umbau des Klima- und Umweltschutzes würde neues Potenzial für Wirtschaft und Investitionen sowie für erfolgreichen Export moderner Technologien geschaffen und das Land damit krisenfest gemacht werden.

Unterdessen forderte Umweltministerin Schulze höhere Preise im Flugverkehr für den Klimaschutz. Sie stieß damit auf Kritik in der großen Koalition. Die SPD-Politikerin will zunächst die Luftverkehrsabgabe in Deutschland erhöhen und dringt auf eine europaweit stärkere finanzielle Beteiligung der Flugbranche im Kampf gegen die Erderhitzung. Ihren Vorschlag hatte sie unmittelbar vor der Sitzung des Klimakabinetts platziert.

Kritik kam unter anderem von Wirtschaftsminister Peter Altmaier: «Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, über Einzelmaßnahmen zu diskutieren», sagte der CDU-Politiker. «Vorpreschen» trage nicht dazu bei, dass in der Bundesregierung eine Einigung auf ein Gesamtpaket für mehr Klimaschutz gelinge.

Die bisherigen Vorschläge – eine Erhöhung der Energiesteuern oder ein nationaler Handel mit Zertifikaten für den CO2-Ausstoß – würden den Flugverkehr in Deutschland nicht betreffen, sagte Schulze. «Es kann nicht sein, dass auf bestimmten Strecken Fliegen weniger kostet als Bahnfahren», schrieb sie unter anderem in ihrem Whatsapp-Kanal und auf Twitter. Die Instrumente, die es schon gebe, reichten nicht aus, es brauche mehr Klimaschutz-Anreize beim Fliegen. Ein europaweites Vorgehen sei der beste Weg, aber darauf könne Deutschland nicht warten. «Ich bin deshalb dafür, dass wir die Luftverkehrsabgabe in einem ersten Schritt erhöhen.»

Die Branche reagierte umgehend: «Nationale Alleingänge mit einer weiteren Erhöhung der Luftverkehrsteuer wären der völlig falsche Weg», sagte Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Das führe nur dazu, dass Passagiere zu ausländischen Wettbewerbern wechselten.

Frankreichs Regierung hatte angekündigt, ab 2020 eine Umweltsteuer auf Flugtickets zu erheben, und damit eine Debatte ausgelöst. Die Steuer soll je nach Art des Tickets zwischen 1,50 und 18 Euro betragen. Die deutsche Luftverkehrsteuer wird seit 2011 mit Sätzen von aktuell 7,38 Euro bis 41,49 Euro erhoben. Sie spülte im vergangenen Jahr knapp 1,2 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt.