Fraß-Löcher von Insekten, Schmutz aus Jahrzehnten: Der historische Segelapparat von Otto Lilienthal hat schwer gelitten. Nun soll er wiederhergestellt werden – und erst einmal ein CT. Eine Ergebnis: Manche der Streben werden nur noch vom Lack zusammengehalten. München (dpa) – Ein originaler Segelapparat des Luftfahrt-Pioniers Otto Lilienthal soll nach Jahrzehnten im Depot des Deutschen Museums […]

Fraß-Löcher von Insekten, Schmutz aus Jahrzehnten: Der historische Segelapparat von Otto Lilienthal hat schwer gelitten. Nun soll er wiederhergestellt werden – und erst einmal ein CT. Eine Ergebnis: Manche der Streben werden nur noch vom Lack zusammengehalten.

München (dpa) – Ein originaler Segelapparat des Luftfahrt-Pioniers Otto Lilienthal soll nach Jahrzehnten im Depot des Deutschen Museums in München aufwendig restauriert und ausgestellt werden. Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) und Restauratoren des Deutschen Museums machten sich mit medizinischen Methoden an die Arbeit: Computertomografische Untersuchungen – kurz CT genannt – erlaubten erstmals einen Blick ins Innere der Konstruktion, teilten TUM und Museum am Montag mit. Die Ergebnisse helfen Forschern und Restauratoren nun, die richtigen Restaurierungsverfahren zu finden.

Allein die CT-Bilder aus dem Inneren des Gleiters seien einzigartig und könnten möglicherweise einen Platz in der neuen Ausstellung finden, wenn das Stück nach der Modernisierung ab 2025 im Deutschen Museum zu sehen sei. Derzeit ist nur das Gestellkreuz – das Element, in dem der Pilot hängt – in der Flugwerft Schleißheim ausgestellt.

Mit dem sogenannten Normalsegelapparat aus einem mit Stoff bespannten Holz-Skelett hatte Lilienthal vor mehr als 125 Jahren die Grundlage für die moderne Fliegerei geschaffen. Von diesem ersten in Serie gebauten Flugzeug der Welt existieren heute nur noch vier Exemplare – eines davon im Deutschen Museum. Es konnte aber nicht gezeigt werden, weil es durch zwei Weltkriege und Schädlingsbefall stark angegriffen ist. «Es ist ein Glücksfall, dass dieser Gleiter die Zeiten in einem authentischen, wenn auch sehr fragilen Zustand überstanden hat», sagte der Luftfahrt-Kurator des Museums, Andreas Hempfer.

Allein die Suche nach einem Computertomografen für die ausgetüftelte Konstruktion mit einer Spannweite von fast sieben Metern gestaltete sich schwierig. Schließlich konnten drei Fragmente des Flugapparats bei Airbus Helicopters in Donauwörth untersucht werden.

Die 3D-Aufnahmen brachten Klebungen zum Vorschein, Nägel, Lackschichten – und jede Menge Fraß-Löcher von Insekten. Teilweise seien die Holzstreben des Flugapparats völlig zerfressen und würden nur noch durch die äußere Lackschicht zusammengehalten. Die Nägel seien gebogen und so platziert, dass sie die Last verteilen – dies verstärkt die Konstruktion. «Das ist ein weiteres interessantes Detail, das wir erst durch die Computertomografie entdeckt haben», sagte Christian Große, Leiter des TUM-Lehrstuhls für Zerstörungsfreie Prüfung. «Der Apparat ist ein Wunder der Ingenieurskunst: extrem leicht gebaut und aus flexiblen Materialien gefertigt, die an den entscheidenden Stellen verstärkt wurden.»

Nun muss unter anderem nach einem geeigneten Holzverfestigungsmittel sowie Konservierungsmaßnahmen für den Stoff gesucht werden. «Allein den Stoff zu reinigen – mit Spezialsauger und Pinsel – das ist ein gigantisches Projekt», sagt Hempfer. Auch nach der Restaurierung wird die fragile Konstruktion lichtempfindlich sein. «Am liebsten wäre mir eine 50-Lux-Umgebung», sagte der Kurator. Er denkt für die Ausstellung an einen Nachbau eines Schuppens, wie ihn Lilienthal an seinem Hangar hatte.