Westliches Afrika: Chancen für Luftfahrttechnik?

Die Luftfahrt in Westafrika boomt. Doch es wird noch eine Zeit brauchen, bis die Flotten auch in der Region umfassend technisch überholt werden können.
Die Luftverkehrsbranche in Westafrika boomt. Die Zunahme der Zahl der Luftfahrtunternehmen, die bessere Anbindung an das Streckennetz und politische Reformen haben zum aktuellen Aufstreben der Luftfahrtindustrie in der Region beigetragen. Obwohl die Branche ihr volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft hat, sind in bestimmten Bereichen erhebliche Verbesserungen zu verzeichnen. Nach Angaben des Branchenportals OAG nähert sich der Luftverkehrsmarkt in Westafrika einer Kapazitätssteigerung, die um zehn Prozent die Werte vor der Corona-Pandemie übersteigt.
Ungeachtet dieser Erfolge mangelt es in der Region nach wie vor an zuverlässigen Wartungs-, Instandsetzungs- und Reparaturbetrieben (MRO). Seit Jahren sind die Luftverkehrsakteure in Westafrika bei der Wartung ihrer Flotten stark auf ausländische Anbieter angewiesen. Aufgrund des Mangels an zuverlässigen lokalen Unternehmen geben die Fluggesellschaften jährlich rund eine Milliarde US-Dollar für die Checks ihrer Flugzeuge in Europa und anderen Regionen aus.
Damit gehen Gelder verloren, die für die wirtschaftliche Entwicklung der Region und dem weiteren Ausbau der regionalen Luftfahrtindustrie hätten verwendet werden können. Angesichts all dieser Faktoren stellt sich die Frage, ob der westafrikanische MRO-Markt für die Luftfahrt eine lohnende Investition – oder ein gescheiterter Sektor ist?
Westliches Afrika entwickelt Luftfahrtindustrie
Zwar gibt es in Westafrika keine MRO-Betriebe mit vollem Serviceangebot, doch bieten einige wenige Einrichtungen begrenzte Wartungsdienste für Betreiber an. Dabei handelt es sich in erster Linie um Wartungsarbeiten und andere kleinere Überprüfungen sowie Reparaturen an Flugzeugen.
Nigeria ist im westafrikanischen Wartungssektor führend. Dies liegt vor allem daran, dass das Land den größten Anteil am regionalen Luftverkehrsmarkt hat. Dies hat jedoch dazu geführt, dass die Präsenz lokaler und internationaler MRO-Anbieter in Nigeria im Vergleich zu anderen Regionen sehr ungleich verteilt ist.
Der Status Quo
Auch Länder wie Ghana und Senegal verfügen über MRO-Standorte, die jedoch bezüglich ihres Angebots und ihrer Kapazität stark eingeschränkt sind. Am Kotoka International Airport in Ghana werden beispielsweise Wartungskapazitäten aufgebaut, die jedoch noch nicht in Betrieb sind. Im Senegal bieten die AIBD Assistance Services (2AS) Unterstützung bei der Flugzeugwartung an, aber der Großteil der Arbeiten wird im Ausland durchgeführt.
Infolgedessen geben westafrikanische Fluggesellschaften weiterhin exorbitante Beträge für MRO-Leistungen in Europa und dem Nahen Osten aus. Diese Abhängigkeit stellt nicht nur eine enorme finanzielle Belastung für die Betreiber dar, sondern erhöht auch die Ausfallzeiten der Flugzeuge. Zudem schränkt es die Verfügbarkeit der Flotte ein und verringert die betriebliche Effizienz in der Region, was zu einer weniger wettbewerbsfähigen Branche führt.
Die wichtigsten Akteure im westlichen Afrika
In Anbetracht der spärlichen MRO-Infrastruktur in der Region haben sich bereits einige Anbieter angesiedelt, um diese Lücke zu schließen. Sie sind aktiv dabei, ihre Servicekapazitäten im Bereich der wesentlichen Wartungsdienstleistungen zu verbessern und zu erweitern. Obwohl viele von ihnen noch immer auf bestimmte Flugzeugtypen oder ein bestimmtes Leistungsspektrum spezialisiert sind, bedienen sie den zunehmenden Bedarf an lokalem MRO-Support innerhalb der Region.
Aero Contractors, mit Sitz auf dem Murtala Muhammed Airport in Lagos, ist einer der größten MRO-Anbieter in Nigeria. Mit seinen umfangreichen Wartungskapazitäten für Boeing 737NG und 737Classics, steht Aero Contractors an der Spitze des MRO-Geschäfts in Nigeria. Derzeit erweitert das Unternehmen seine Kapazitäten, um weitere Flugzeugmuster technisch versorgen zu können.
Execujet Nigeria ist der führende Fixed Base Operator in Westafrika, der umfassende Wartungs- und Reparatureinrichtungen für Fluggesellschaften und andere Betreiber in Nigeria und in einigen der Nachbarländer betreibt. Das Unternehmen ist auf die Wartung von Flugzeugen der Hersteller Bombardier, Gulfstream und Dassault spezialisiert. Seit kurzem ist Execujet Nigeria der einzige MRO-Betrieb des Landes, der eine Partnerschaft mit Honeywell Aerospace – einem internationalen Hersteller von Flugzeugtriebwerken, Avionik und anderen luftfahrtbezogenen Produkten – eingegangen ist und damit zum exklusiven Vertreter von Honeywell in Nigeria wurde.
Branchenführer 7 Star Global
7 Star Global verfügt über die größten Flugzeugwartungskapazitäten in Afrika, südlich der Sahara. Das Unternehmen ist hauptsächlich auf die Wartung von Drehflüglern spezialisiert, bietet aber auch MRO-Dienstleistungen für Boeing-, Bombardier- und Embraer-Flugzeuge an. Neben der Line Maintenance verfügt 7 Star Global über Kapazitäten für NDT-Inspektionen, Flugzeugräder, Bremsen- und Batteriewartung.
Obwohl sich das Unternehmen auf die kommerzielle Luftfahrt konzentriert, zeigt seine Entwicklung in den letzten Jahren, wie private Investitionen und effiziente Dienstleistungen die Lücken in der Flugzeugwartung in Westafrika schließen können.
In anderen Teilen Westafrikas ist die Wertschöpfungskette für MRO-Dienstleistungen in der Luftfahrt weniger entwickelt und befindet sich trotz der Beteiligung der wichtigsten Akteure in Nigeria noch im Wachstum. Die Infrastruktur für technische Arbeiten ist in vielen Ländern so gut wie nicht vorhanden, was bedeutet, dass es keine lokalen MRO-Einrichtungen gibt.
Infolgedessen wenden sich die Fluggesellschaften an ausländische Ingenieure und einheimische Talente, um ihr internes Wartungsteam für leichte Wartungs- und Kontrollarbeiten zu entwickeln, was eine größere Belastung für die Ressourcen darstellt. Captain Ogunyemi, CEO von Onedot Aviation, argumentiert, dass Nigeria jedes Jahr etwa drei Milliarden US-Dollar an MRO-Kosten für die Wartung einsparen könnte – und zwar durch eine höhere Verfügbarkeit der Flugzeuge, einen höheren Beschäftigungsgrad einheimischer Ingenieure und einer geringeren Zahl an Flugzeugausfällen.
Hemmnisse für kurzfristige Expansion
Die Überwindung dieser Probleme ist für die gesamte westafrikanische Luftfahrtindustrie wichtig um ein Wachstumspotential zu generieren und diese Entwicklung zu fördern. Die verstärkte Entwicklung von MRO-Einrichtungen in Nigeria kann ein Anfang sein, um das Problem anzugehen und die Landschaft der Branche in der Region zu verändern.
Doch warum gibt es nur spärliche MRO-Dienstleistungen in Westafrika? Ein Aspekt ist die unzureichende Infrastruktur. Auf vielen Flughäfen fehlt es an ausreichendem Platz für Flugzeugwartungshallen, Werkzeugen und Ausrüstung, um einen umfassenden MRO-Betrieb aufbauen zu können. Zudem können nur die wenigsten afrikanischen Investoren die erforderlichen finanziellen Mittel aufbringen.
Ein weiteres Hemmnis ist der Mangel an kompetenten, lizenzierten Flugzeugwartungsingenieuren, Technikern und anderem Personal, welches zum Aufbau eines Wartungsstandorts benötigt wird. Schließlich benötigt Westafrika einen besseren regulatorischen und politischen Rahmen, um die Entwicklung lokaler MRO zu unterstützen.
Ein Markt voller Wachstumschancen
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Luftfahrtindustrie in Westafrika ein Markt voller Wachstumschancen ist. Dies führt dazu, dass ein großer Bedarf an zuverlässigeren lokalen MROs besteht, um die steigende Nachfrage nach Flugzeugwartung zu decken.
Die Regierungen der Mitgliedstaaten, private Investoren und die Hersteller von Flugzeugen, Triebwerken und Bauteilen (OEMs) sollten diese Gelegenheit nutzen und in die Branche investieren. Dann besteht die Chance, dass sich der MRO-Sektor in Westafrika zu einem führenden Markt, nicht nur in Afrika entwickelt.
Diesen Beitrag schrieb Annie Ojewunmi, Freie Luftfahrtjournalistin und Team Lead der nigerianischen Young Aerospace Professionals Initiative