Wetterdaten sind in der Luftfahrt essenziell. Ob Pilot, Fluggesellschaft, Flughafen oder Flugsicherung – alle brauchen Wetterinformationen. Doch wie versorgt der DWD die Luftfahrtindustrie heutzutage? Wie bekommen Piloten ihr Briefing, und wie gelangen Wetterdaten ins Cockpit?

Während die meisten Passagiere kurz vor dem Abflug auf ihrem Smartphone nochmal das Wetter am Urlaubsort aufrufen, müssen die Piloten des Flugzeugs schon längst ein ausführliches Wetterbriefing gemacht haben. Welches Wetter herrscht auf der Strecke? Aus welcher Richtung und mit welcher Stärke weht der Wind beim Start?

DWD übernimmt meteorologische Sicherung in Deutschland

Und wie sieht es mit Gewittern oder anderen Wettergefahren aus? Um all diese Fragen beantworten zu können, sind Wetterbeobachtungen und Wettervorhersagen notwendig. Doch wer erstellt diese überhaupt? Der Deutsche Wetterdienst ist der designierte Flugwetterdienst für den Luftraum der Bundesrepublik Deutschland ist. Das heißt, der DWD ist vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) als offizieller Dienstleister benannt.

Ein Blick auf WarnELEC – das Gewitterwarntool für Flughäfen. Die geowebbasierte Anwendung zeigt aktuelle Radar- und Blitzdaten
im Bezug zum Flughafen und visualisiert die zeitliche Verlagerung der Blitzaktivität in Form von Blitzvorhersagepolygonen. Bild: Foto: Deutscher Wetterdienst

Im Auftrag des BMDV ist der DWD verantwortlich für die meteorologische Sicherung der zivilen Luftfahrt in Deutschland. Die Dienstleistungen des Flugwetterdienstes werden gemäß internationaler Standards der International Civil Aviation Organisation (ICAO), der World Meteorological Organisation (WMO) und der Europäischen Union erbracht. Verankert ist der Auftrag des Flugwetterdienstes im Luftverkehrsgesetz Paragraf 27 und im Gesetz über den Deutschen Wetterdienst.

Flugwetterinformationen für die Luftfahrt

AERO-INTERNATIONAL-Online-Chefredakteurin Isabella Sauer hat mit dem Deutschen Wetterdienst über die Organisation der Bundesbehörde sowie über die Aufgaben des Flugwetterdienstes gesprochen. Gleich zu Beginn wird klar: Es gibt eine Vielzahl an Dienstleistungen und Produkten, die der DWD für die unterschiedlichsten Luftfahrtkunden anbietet. Carina Seidel ist seit zehn Jahren beim DWD im Bereich Kundenservice und Vertrieb tätig.

Dieses Gebäude am Flughafen Hamburg war einst eine Flugwetterwarte mit Personal. Jetzt ist die Wetterbeobachtung automatisiert, die Bezeichnung lautet nun Flugwetterbeobachtungsstation. Bild: Fotos: Michael Penner

Sie erklärt, welche Kundengruppen mit Flugwetterinformationen versorgt werden: „Unsere Kunden sind unter anderem die Flugsicherungen, die Fluggesellschaften, Pilotinnen und Piloten der Allgemeinen Luftfahrt und der Verkehrsluftfahrt, die Verkehrs- und Regionalflughäfen, Dienstleister an den Flughäfen, IT-Systemhäuser und – ganz wichtig zu erwähnen – die Polizei und Rettungsflugeinheiten.“

Zahlreiche Leistungen gehören zum Deutschen Wetterdienst

Weiter erklärt Carina Seidel, welche Leistungen als Flugsicherungsdienst zu erbringen sind: „Zu den Flugsicherungsdiensten gehören die Wetterüberwachung und -beobachtung, Flugwettervorhersagen, Flugwetterberatung sowie die Erstellung und Verbreitung von Warnungen für Flughäfen und fluggefährdende Wetterereignisse auf der Strecke. Aber auch die Sammlung und die Bereitstellung von flugklimatologischen Daten und Statistiken gehören dazu.“

Für das Erfassen und Verarbeiten von Wetterinformationen sind außerdem um- fangreiche meteorologische Messanlagen, Datenerfassungs- und -verbreitungsanlagen sowie spezielle Computer und Software für den Flugwetterdienst notwendig. Die wollen betrieben, instandgehalten und weiterentwickelt werden. Die digitalen Techniken der Zukunft werden beim DWD bereits getestet.

Nicht nur das Wetter…

Aber auch Aufgaben, die scheinbar nichts mit dem Wetter zu tun haben, sind vom DWD zu bearbeiten oder erfordern eine Mitarbeit. So beteiligt sich der DWD im Rahmen der Mitgliedschaft in der ICAO an der Erarbeitung neuer globaler Standards für alle Flugsicherungsdienste oder arbeitet fachlich zusammen mit dem BMDV auf nationaler und europäischer Ebene an der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen, die flugmeteorologische Fragestellungen betreffen.

„Zudem erfolgt eine fachliche Unterstützung nationaler Behörden, insbesondere des Luftfahrt-Bundesamts (LBA) und der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU)“, ergänzt die DWD-Mitarbeiterin. „Bei einem Flugunfall wendet sich zum Beispiel die BFU an den DWD und bittet um Erstellung eines flugmeteorologischen Gutachtens.“

Wetter im Cockpit

Die Daten und Produkte des DWD sind nicht nur in Anwendungen des Deutschen Wetterdienstes zu finden, sondern auch in Navigations-Apps für Piloten oder unterschiedlichster Avionik im Flugzeug. Die verschiedenen Kunden des DWD haben nämlich die Möglichkeit, Flugwetterinformationen über unterschiedliche Vertriebswege – zum Beispiel Datenserver oder Geoserver – abzurufen und in firmeneigene Systeme und Anwendungen zu integrieren.

Zur Ermittlung der Wetterdaten wurden in den Pionierjahren der Luftfahrt Ballone mit Messinstrumenten in den Himmel geschickt. Bild: Foto: Hamburg Airport

Schauen wir uns einmal genauer an, was für Leistungen und Services die Fluggesellschaften nutzen. Das Wetter spielt für Airlines eine entscheidende Rolle – nicht nur bei der Sicherheit. So können selbst geringe Wetterverschlechterungen zu massiven und kostenintensiven Verspätungen führen. Eine effiziente Steuerung des Luftverkehrs ist nur unter Berücksichtigung der zu erwartenden Wetterbedingungen möglich. Dabei muss nicht nur das Wetter am Start- oder Zielflughafen berücksichtigt werden, sondern auch entlang der Flugstrecke. Der vorhergesagte Wind spielt neben Flugzeugtyp, Flugdauer und Flughöhe wiederum eine entscheidende Rolle bei der Treibstoffplanung. Dementsprechend sind die Anforderungen an die Qualität der Wetterinformationen sehr hoch.

Kein direkter Kontakt zum deutschen Wetterdienst

Interessant zu wissen: Viele Airlines werden nicht direkt vom DWD mit Wetterinformationen versorgt. Sie erhalten über IT-Systemhäuser, sogenannte Data and Navigation Provider, alle notwendigen Flugwetterinformationen. Eine weitere Schnittstelle gibt es bei der Bereitstellung von Wetterinformationen im Cockpit. Aktuelle Wetterdaten können so schneller von den Piloten erfasst und berücksichtigt werden. Wetterbedingte Umleitungen sind mit hohen Kosten verbunden und können durch eine Anpassung der Route minimiert werden.

Die ICAO hat für die Flugplanung mehrere Standardprodukte festgelegt, die der DWD entsprechend zur Verfügung stellt. Dazu zählen METAR (Flugplatzwettermeldung), TREND (Landewettervorhersage), Flughafenwetterwarnungen oder auch die Flughafenwettervorhersage TAF. Ebenso müssen Informationen über die bestehenden und erwarteten meteorologischen Bedingungen entlang der gesamten Strecke, am Flugplatz der beabsichtigten Landung und an alternativen Flugplätzen, die im Notfall angeflogen werden sollen, bereitgestellt werden. Dazu zählen neben dem signifikanten Wetter auch Informationen unter anderem zu Wind, Temperatur, Druck und Feuchte in unterschiedlichen Höhen.

Was steckt hinter WAWFOR?

Der DWD bietet auch spezielle Produkte an, die nicht von der ICAO gefordert werden, aber für viele Fluggesellschaften von großer Bedeutung sind. Dazu gehören zum Beispiel Konvektions-Nowcasting-Produkte oder der Flugwetterdatensatz WAWFOR (World Aviation Weather Forecast) mit Vorhersagen für Wetterparameter wie Vereisung und Turbulenz.

Auch die Verkehrsflughäfen und Bodendienste werden vom DWD unterstützt. Die Luftfahrtberatungszentralen – in Deutschland gibt es insgesamt fünf – erstellen neben den bereits genannten Standardprodukten regelmäßig spezielle Berichte. Die Wetterbe- richte beschreiben ausführlich den Wetterablauf der nächsten Stunden und weisen auf wetterbedingte Risiken für den Flughafenbetrieb und das Luftverkehrsmanagement hin.

Selfbriefingsysteme sollen im Cockpit helfen

Hinzu kommen Text- und Bildinformationen über Wetterentwicklung, Starkniederschläge und Blitzentladung sowie Höhenwinddaten im Anflugsektor, die auf die jeweiligen Flughäfen und Anforderungen abgestimmt sind. Nicht nur Piloten der Verkehrsluftfahrt benötigen Wetterinformationen, auch die Piloten der Allgemeinen Luftfahrt sind verpflichtet, eine meteorologische Flugvorbereitung durchzuführen. In dieser Kundengruppe sind viele Privatpiloten mit Businessjets oder kleineren Flugzeugen bis hin zum Luftsport vertreten.

Für die meteorologische Flugvorbereitung bietet der DWD sogenannte Selfbriefingsysteme an, spezielle Webseiten und auch eine App, die alle notwendigen flugmeteorologischen Informationen in grafisch aufbereiteter Form enthalten. Alternativ bietet der DWD auch individuelle telefonische Flugwetterberatungen an, die bei kritischen oder nicht eindeutigen Wetterverhältnissen gerne auch ergänzend zu einem bereits durchgeführten Selfbriefing genutzt werden.

Noch analog ging es noch vor ein paar Jahrzehnten in der Flugwetter-Beratung am Hamburger Flughafen zu. Bild: Foto: Hamburg Airport

Deutscher Wetterdienst und Flugsicherung gehen Hand in Hand

Flugsicherungen und insbesondere Flugverkehrskontrolldienste sind ebenfalls in Kontakt mit den Mitarbeitern der DWD-Beratungszentralen. Sie sagen die Wetterentwicklung voraus und interpretieren das Auftreten von Wettererscheinungen, um somit zur Entscheidungsfindung beizutragen. Zudem werden der Flugsicherung über eine direkte Datenleitung kontinuierlich aktualisierte Wetterinformationen zur Verfügung gestellt: Vorhersagedaten in Form von Modelldaten oder Karten, hochaufgelöste Niederschlagsradar- und Blitzdaten sowie Mess- und Beobachtungswerte.

Doch wie genau gelangen nun Wetterinformationen zum Tower? Das hat uns der Besuch am Flughafen Hamburg verdeutlicht, denn hier hat nicht nur eine Luftfahrtberatungszentrale ihren Sitz, sondern hier gibt es – wie an jedem anderen Flughafen auch – eine Wetterbeobachtungsstation. Sie ist in Hamburg gerade einmal 400 Meter von der Start- und Landebahn entfernt. Marc Wenthe, der seit 29 Jahren beim DWD angestellt ist und viele Jahre Wetterbeobachter war, gibt uns die Erklärung: „Noch vor einem Jahr war ich täglich hier draußen. Da war das eine offizielle Flugwetterwarte, und ich habe jeden Morgen eine Kontrollmessung für den Niederschlag durchgeführt.

Digitale Meldungen vereinfachen den Flugverkehr

Danach erstellte ich am Computer Meldungen für den Flugwetterdienst, die sogenannten METAR- Meldungen“, erinnert er sich. Mittlerweile läuft hier alles digital und automatisch ab. Die rund 40 Messinstrumente, die hinter dem Gebäude der Flugwetterwarte auf dem Messfeld und auf dem Flughafen verteilt stehen, liefern die Messwerte an ein Datenerfassungssystem. Von dort aus werden die Daten im Zehnsekundentakt direkt an den jeweiligen Tower der Deutschen Flugsicherung ge- geben, beim DWD für die vollautomatische Flughafenwettermeldung verarbeitet und dienen der Wetterüberwachung und der Wettervorhersage.

Wetter spielt in der Luftfahrt für die unterschiedlichsten Bereiche eine Rolle. Eine präzise Analyse und Vorhersage ist für sichere Flüge unerlässlich.