Berlin/ Schönefeld Keine Bänder zum Durchschneiden, keine Reden, kein Jungfernflug – im Hauptstadtflughafen herrscht am eigentlichen Eröffnungstag gähnende Leere. Für den alten Flughafen Tegel dagegen beginnt der Härtetest. Bernhard Bornemann wusste, dass der Hauptstadtflughafen an diesem Sonntag doch nicht in Betrieb gehen würde. Trotzdem hat sich der Tourist aus Niedersachsen auf nach Schönefeld gemacht. Von […]

Berlin/ Schönefeld

Keine Bänder zum Durchschneiden, keine Reden, kein Jungfernflug – im Hauptstadtflughafen herrscht am eigentlichen Eröffnungstag gähnende Leere. Für den alten Flughafen Tegel dagegen beginnt der Härtetest.

Bernhard Bornemann wusste, dass der Hauptstadtflughafen an diesem Sonntag doch nicht in Betrieb gehen würde. Trotzdem hat sich der Tourist aus Niedersachsen auf nach Schönefeld gemacht. Von der Aussichtsplattform in 32 Metern Höhe lässt er den Blick kreisen: über Baumaschinen, Sandhaufen, leere Straßen und volle Baucontainer. «Ist noch gar nichts fertig hier. Sieht ja noch aus wie eine Baustelle», knurrt Bornemann. Am Hauptstadtflughafen BER ist es so still, dass man die Vögel zwitschern hört.

Ganz anders wird es nach der geplatzten Eröffnung des Neubaus am alten Flughafen Tegel zugehen. Eigentlich sollte dort am Sonntag Stille einkehren. Nun erlebt das 70er-Jahre-Terminal auf seine alten und irgendwann dann doch letzten Tage den Ansturm seines Lebens – und Betreiber und Fluggesellschaften mühen sich erst gar nicht, ihre Sorgenfalten zu verbergen.

Schon die Anreise nach Tegel ist gelebte Vergangenheit. Passagiere stolpern über Koffer und Taschen im Expressbus – der Flughafen hat keinerlei Bahnanschluss. Vor der Tür wuchern junge Birkentriebe und Unkraut aus dem Parkplatzpflaster. 6387 Kilometer nach New York und 8599 nach Bangkok, steht auf Wegweisern im engen Terminal. Der Airport, auf Trümmern gebaut, verströmt noch einen Hauch der Sehnsucht des eingeschlossenen West-Berlin nach der weiten Welt.

«Danke, Tegel», steht auf einem gewaltigen Transparent im Innenhof. Und: «Willy Brandt welcomes the world.» Als eine Art Schlussstein im Gewölbe der Wiedervereinigung hatten die Betreiber den Brandt-Flughafen in Schönefeld zuletzt beworben – bis kürzlich die für dieses Wochenende geplante Eröffnung spektakulär platzte.

«Wir dürfen jetzt nicht nur auf den BER schauen», warnt die Lufthansa. Das Gedränge an den Zufahrten in Tegel sei nicht mehr akzeptabel, sagte der Konzernbevollmächtigte Thomas Kropp. Der Senat müsse sich kümmern – nicht, dass die Kranich-Maschinen halb voll abheben und die Passagiere ihnen aus dem Stau nachwinken. Kritisch könnte es im Winter werden: In Tegel gibt es nicht genügend Positionen, um die Flugzeuge unmittelbar vor dem Start zu enteisen.

Der Berliner Flughafen-Großkunde Air Berlin und die Lufthansa fliegen die Hauptstadt nun viel häufiger an. Am Sonntag – gewöhnlich ein ruhiger Tag – klappt es noch gut. Einen milden Start nennt es die Flughafengesellschaft. Doch auch sie mahnt: Passagiere brauchen künftig mehr Zeit, auf dem Weg nach Tegel wie auch im Flughafen.

40 Kilometer weiter südöstlich steht Bernhard Bornemann vor den Bauzäunen des Berliner und Brandenburger Prestige-Projekts. Vor dem Panorama Berlins mit dem Fernsehturm erstreckt sich neben dem Neubau der alte Airport Schönefeld, einst Zentralflughafen der DDR.

«Boarding» und «Check in» blinkt es auf den Anzeigen neben Flugzielen wie Rom, Trondheim und Tel Aviv – keine Verspätungen, kurze Warteschlangen. Doch auch in dem heruntergekommenen Altbau weiß man, welcher Tag heute ist. Eine Verkäuferin scherzt: «Herzlich willkommen am BER. Das ist ja unser neuer Arbeitsplatz hier.»

Quelle: Burkhard Fraune und Benno Schwinghammer, dpa