27.06.2015 Einer der wichtigsten internationalen Flughäfen am Roten Meer und die Nummer zwei in Ägypten hat ein völlig neues, zusätzliches Terminal erhalten. Nunmehr können hier bis zu 13 Millionen Passagiere jährlich abgefertigt werden. Die letzten werden die ersten sein. Zumindest der bekannten Redensart nach. Doch diese dürfte die Verantwortlichen sicherlich nicht getrieben haben, jenem Terminal, das […]

27.06.2015

Einer der wichtigsten internationalen Flughäfen am Roten Meer und die Nummer zwei in Ägypten hat ein völlig neues, zusätzliches Terminal erhalten. Nunmehr können hier bis zu 13 Millionen Passagiere jährlich abgefertigt werden.

Die letzten werden die ersten sein. Zumindest der bekannten Redensart nach. Doch diese dürfte die Verantwortlichen sicherlich nicht getrieben haben, jenem Terminal, das kürzlich am Flughafen von Hurghada eingeweiht wurde, gleich die Nummer „1“ zu geben, statt es chronologisch als Nummer „2“ einzuordnen. Vielmehr wird damit die Bedeutung des neuen Abfertigungsgebäudes für die zweifellos wichtigste ägyptische Feriendestination dokumentiert.

Terminal 1 steht für eine neue Ära an dem sowohl militärisch wie auch zivil genutzten Airport. Denn Terminal 1 hebt die Qualität des Flughafens auf ein neues Level. Herrschte in der Vergangenheit insbesondere zu den Stoßzeiten in der Hochsaison, die laut General Manager Samy Abdel Monem von Oktober bis März sowie in den beiden Sommermonaten Juli und August zu konstatieren ist, qualvolle Enge im alten, bis dato einzigen Abfertigungsgebäude, zieht nun lang vermisste Großzügigkeit ein. Und das hat sich der ägyptische Staat, der gegenwärtig in den Ausbau seiner gesamten Flughafen-Infrastruktur hunderte von Millionen US-Dollar steckt, durchaus etwas kosten lassen.

Im Land der Pharaonen stehen aktuell Modernisierungen und Erweiterungen in Kairo, Alexandria, Scharm el-Scheich und allen voran auch Hurghada, mit 7,2 Millionen Passagieren (2014) immerhin der zweitgrößte Flughafen des Landes, auf der Agenda. Denn es gilt, den Prognosen Rechnung zu tragen und bis zum Jahr 2025 Platz für bis zu 40 Millionen Passagiere jährlich zu schaffen.

Ägypten war seit jeher ein touristischer Hotspot. „Wo alles beginnt“ lautete über Jahre hinweg die Botschaft der Tourismusbehörde, die damit Millionen von Urlaubern anlockte. Der ideale Mix aus Kultur und Meer, aus Nilkreuzfahrt und Schnorcheln im Roten Meer, aus Pyramiden, Pharaonengräbern und Sandburgen, überzeugte insbesondere die Europäer und seit einigen Jahren auch Urlauber aus dem russischen Sprachraum. Der sogenannte Arabische Frühling 2011 sorgte jedoch für ein abruptes Ende des touristischen Höhenfluges. Mancherorts tendierte die Auslastung der Hotels sogar gegen null. Inzwischen hat sich die politische Situation jedoch glücklicherweise stabilisiert. Die Besucherzahlen steigen wieder deutlich an. Was insbesondere der Flughafen der Urlauberhochburg Hurghada, das seinerzeit erste Tourismuszentrum im Land, spürt: „Noch haben wir zwar nicht ganz die Passagierzahlen von 2010 erreicht, doch wir sind auf dem besten Weg dorthin“, versichert Abdel Monem mit Blick auf die Statistik, die zu Beginn des Jahres 2015 bereits wieder bis zu 600.000 Passagiere monatlich ausweist.

Mit der neuen Werbebotschaft „Lebe die Magie“ möchte Ägypten dem Urlaubsgeschäft zusätzlichen Schwung geben. Somit kam die Inbetriebnahme des neuen Terminals gerade recht. Mit ihm möchte der Flughafen Hurghada, dem in der jüngeren Vergangenheit der benachbarte, privat betriebene Airport in Marsa Alam den Rang abzulaufen drohte, zurück zu altem Renommee und alter Stärke finden. Nicht allein, dass der neue stählerne Hoffnungsträger, der vom ägyptischen Präsidenten Abdel Fatah al-Sisi höchst selbst eingeweiht wurde, die Kapazitäten am Flughafen von aktuell 6,5 Millionen Passagieren auf 13 Millionen Fluggäste pro Jahr anheben wird, es steht auch für neue Qualitätsstandards. Wurden die Flugreisenden beispielsweise bislang in Bussen zum Flugzeug beziehungsweise vom selbigen zum Terminal gefahren, stehen nun neun Fluggastbrücken bereit – drei davon sind für die Abfertigung von Flugzeugen der Größenordnung einer A380 geeignet. Man möchte schließlich vorbereitet sein…

Terminal 2 Hurghada

Der Blick aus dem neuen Terminal auf Tower und Vorfeld. Dieses bietet Platz für insgesamt 53 Flugzeuge, die aus ganz Europa einschweben. Bild: Dietmar Plath

 

Ungleich größer als das langgediente Flughafengebäude ist Terminal 1 ohnehin: 91.500 Quadratmeter Nutzfläche auf drei Stockwerke verteilt sprechen eine deutliche Sprache. Eingerichtet wurden nicht weniger als 72 Check-in-Schalter, 18 beziehungsweise 16 Passkontroll-Counter für Ein- und Ausreise sowie neun Gepäckbänder in der Ankunftshalle.

Dass die Bauherren auch trotz der verspäteten Eröffnung, die ursprünglich für August 2012 avisiert war, im Kostenrahmen geblieben sind, erwähnt der Flughafenchef gern. Umgerechnet habe die Regierung in das neue Terminal, mit dessen Bau 2010 begonnen worden war, rund 200 Millionen Euro investiert.

Doch der Termin war vielleicht etwas voreilig, denn die tatsächliche Inbetriebnahme erfolgte lediglich sukzessive. Als eine der ersten Airlines testeten in einer sogenannten Soft-opening-Phase die Fluggesellschaften SunExpress Deutschland und Germania die neue Abfertigungs-Infrastruktur. Und das mit angezogener Handbremse, denn bis Februar konnten die Fluggastbrücken noch nicht genutzt werden, weil zunächst noch die Lizenzen für den Betrieb fehlten.

Inzwischen läuft es jedoch planmäßig. Alle deutschen und britischen Fluggesellschaften sind Ende April ins Terminal 1, das ausschließlich dem internationalen Verkehr vorbehalten sein wird, gezogen. Dazu gesellen sich die russischen Airlines UTair oder Transaero, um nur zwei Beispiele zu nennen. Letztere kommt in der Hochsaison mindestens einmal täglich mit Boeing 747-400, was erstaunt.

Transaero in Hurghada

EgyptAir bestimmt den Inlandsverkehr, die russische Transaero das internationale Geschäft. Bild: Dietmar Plath

 

Zugegeben: Noch im Gesamtjahr 2014 war der russische Markt mit rund zwei Millionen Passagieren der wichtigste für den Flughafen Hurghada. Auf Platz zwei folgte Deutschland mit etwa einer Million Fluggästen. Doch so ganz spurlos geht die Wirtschaftskrise in Russland auch an Hurghada nicht vorbei: „Im Dezember sank der Anteil der Reisenden aus Russland bereits um bis zu 30 Prozent“, berichtet Abdel Monem, dem konjunkturelle Verläufe, diese ständigen Auf und Abs, jedoch nicht fremd sind. Somit halten sich seine Sorgen eigenen Aussagen zufolge in Grenzen.

Insgesamt soll das neue Terminal 60 Prozent des Verkehrs in Hurghada aufnehmen, im Terminal 2 werden sowohl internationale als auch die (noch) wenigen Inlandsverbindungen abgefertigt; zwischen den Terminals pendeln Busse. Doch der Umsteigeranteil dürfte sich sicher auch in Zukunft in Grenzen halten.

Die Verantwortlichen konzentrieren sich lieber auf andere Dinge, denn das Investitionsprogramm ist mit dem Bau des Terminals noch längst nicht abgeschlossen: Aktuell laufen die Bauarbeiten an der zweiten Start- und Landebahn, die 4000 Meter lang und 60 Meter breit sein wird und in der zweiten Hälfte dieses Jahres in Betrieb genommen werden soll. „Dann stehen uns zwei Pisten zur Verfügung“, so Abdel Monems freudiger Blick in die Zukunft.

Außerdem befindet sich der Flughafen gerade in Verhandlungen mit Tiger Aviation Services, ihres Zeichens wichtigstes Ground-Handling-Unternehmen Ägyptens. Nicht allein, dass Tiger in Hurghada rund 50 Prozent der internationalen Flüge und davon wiederum zu 90 Prozent alle russischen Airlines abfertigt – das Unternehmen möchte vor Ort zusätzlich ins Cargo-Geschäft einsteigen und eine Frachthalle auf BOT-(Built, Operate, Transfer)Basis bauen. „Der Bedarf ist zweifellos vorhanden“, versichert Sameh Bishady, Station Manager von Tiger. Vorrangig möchte das Unternehmen zunächst einmal Belly-Kapazitäten der Passagierflugzeuge in Richtung Deutschland und Russland nutzen, um Gemüse und Obst direkt von den Erzeugern rund um Hurghada zu den Verbrauchern in Europa zu fliegen. Denn so manche ägyptische Erdbeere muss auf ihrem Weg auf eine deutsche Torte oftmals große Umwege, zum Teil über Istanbul oder Katar, in Kauf nehmen. „Das ist unsere Chance. Und wenn‘s gut läuft, werden wir sicherlich auch schnell auf Vollfrachter setzen“, so Bishady.

Astrid Röben