10.11.2014 Vom einstigen Punkt-zu-Punkt-Flughafen zum Drehkreuz. Der drittgrößte deutsche Flughafen hat seine Bestimmung gewandelt, braucht aber für eine erfolgreiche Zukunft ein flexibleres Betriebsreglement. Drei Buchstaben für die Zukunft. Noch wird der Flughafen Düsseldorf zwar nicht in einem Atemzug mit JFK, dem wichtigsten Flughafen New Yorks, oder LAX, das ist die Kurzform des Airports von Los […]

10.11.2014

Vom einstigen Punkt-zu-Punkt-Flughafen zum Drehkreuz. Der drittgrößte deutsche Flughafen hat seine Bestimmung gewandelt, braucht aber für eine erfolgreiche Zukunft ein flexibleres Betriebsreglement.

Drei Buchstaben für die Zukunft. Noch wird der Flughafen Düsseldorf zwar nicht in einem Atemzug mit JFK, dem wichtigsten Flughafen New Yorks, oder LAX, das ist die Kurzform des Airports von Los Angeles, genannt, doch um bei wachsendem Bekanntheitsgrad gewappnet zu sein, legte sich Deutschlands Nummer drei immerhin schon mal ein neues Logo zu. DUS, so der IATA-Code des Flughafens, prangt seit etwas mehr als einem Jahr nicht nur wie bisher bekannt auf Bordkarten und Gepäckschildern, den sogenannten Baggage Tags, sondern auch deutlich sichtbar auf den Düsseldorfer Flugplänen, der Unternehmenskorrespondenz, Passagierbrücken oder Werbebannern. Die Marke DUS soll verstärkt Reisende in den USA wie in China ansprechen, kurzum: Mit ihr soll der Wandeln des einst klassischen Punkt-zu-Punkt-Flughafens zu einem Drehkreuz dokumentiert werden.

Von den 21,2 Millionen Fluggästen, die 2013 gezählt wurden, stiegen bereits rund 13 Prozent um, rechnet Thomas Schnalke, Geschäftsführer der Flughafen Düsseldorf GmbH, mit einer gewissen Zufriedenheit vor. Schließlich gehe nun die Saat auf, die man vor sechs Jahren gelegt habe. „Damals haben wir damit begonnen, technisch die Voraussetzungen für den Umsteigerverkehr zu schaffen. Denn das ist unabdingbar, um Langstreckenverkehr aufbauen zu können, auch wenn hier im Umfeld ein hohes Originäraufkommen aus unserem direkten Einzugsgebiet festzustellen ist“, so der Flughafenchef.

Tatsächlich gilt die Rhein-Ruhr-Region als der drittstärkste Wirtschaftsraum Europas. Fast 150 Millionen Menschen leben in einem Radius von 500 Kilometern rund um Düsseldorf. Das entspricht einem Drittel aller Verbraucher und 45 Prozent der Kaufkraft in der Europäischen Union. 17 der umsatzstärksten deutschen Unternehmen haben hier ihren Hauptsitz. Dazu gehören neun der 30 Dax-Unternehmen, darunter beispielsweise Eon, Metro, Henkel, Bayer, ThyssenKrupp oder RWE. Ein dichtes Streckenangebot zu den bedeutendsten Businesszielen weltweit ist für diese essenziell, aber auch ein wichtiges Kriterium bei der Ansiedlung weiterer deutscher und ausländischer Unternehmen.

Insgesamt starten und landen am größten Airport Nordrhein-Westfalens momentan 64 Fluggesellschaften zu 192 Zielen in 55 Ländern. Insbesondere Air Berlin, aber auch Lufthansa nutzen den 1927 eröffneten Airport bislang als Drehkreuz. Und zwar in einem gar nicht einmal unerheblichem Maße. Doch mindestens ebenso stolz ist die Flughafenleitung auf die Interkont-Verbindungen der Etihad nach Abu Dhabi, der Delta Air Lines nach Atlanta, der American Airlines nach Chicago oder der Emirates nach Dubai. Besonderes Gewicht hat in dieser Reihe übrigens der erst im Frühjahr aufgenommene Flug der ANA nach Tokio, setzen die Japaner doch als erste Airline die Boeing 787 nach Düsseldorf ein. 

ANA in DUS

Die japanische ANA hat im März tägliche Flüge zwischen Tokio Narita und Düsseldorf aufgenommen. Eingesetzt wird eine Boeing 787. Bild: Dietmar Plath

 

Dass das Angebot jedoch deutlich größer sein könnte, versichert die Betreibergesellschaft gern, und der Seufzer folgt umgehend: Die Kapazität des Start- und Landebahnsystems hat insbesondere in den Verkehrs-Spitzenzeiten ihr Limit erreicht. Die Nachfrage der Fluggesellschaften nach Zeitfenstern für Starts oder Landungen, den sogenannten Slots, liegt in den verkehrsstarken Zeiten seit Jahren deutlich über dem möglichen Angebot. Laut einer Studie der EU-Kommission zählt der Düsseldorfer Flughafen zu den fünf Airports mit der höchsten Übernachfrage an Slots in Europa. Deshalb ist es nun an der Zeit, an der Düsseldorfer Betriebsregelung, die als eine der strengsten in ganz Deutschland gilt, zu rütteln.

 

Süden hui, Norden pfui 

Der Düsseldorfer Flughafen verfügt über ein paralleles Start- und Landebahnsystem. Die 1630 Meter lange Querwindbahn sei an dieser Stelle einmal außen vor gelassen, denn sie ist  „Temporarily closed“, also vorübergehend geschlossen. Das Pistensystem besteht also aus der 3000 Meter langen, südlich gelegenen Hauptbahn und der 2700 Meter langen nördlichen Parallelbahn, die seit 1997 in Betrieb ist. Beide Pisten sind 45 Meter breit und liegen nur 500 Meter auseinander. Und dennoch trennen sie Welten. Denn die nördliche Piste darf derzeit lediglich zwischen 6 und 22 Uhr, und dann auch nur in der Hälfte der Zeit, also in 56 Stunden pro Woche, genutzt werden.

Diese Regelung, also die nachrangige Nutzung der Nordbahn, ist das Resultat des sogenannten Angerland-Vergleichs, der wiederum aus dem Jahr 1965 stammt und somit „eine sehr alte, aber von uns respektierte Regelung darstellt“, versichert Schnalke. Sie sei bestimmend für das Verhältnis des Flughafens zum Umland, zu seinen Anwohnern.

Doch Flexibilität und somit Effizienz erstickt sie nahezu im Keim. Der Airport muss beispielsweise die Stunden der Zweibahnnutzung bereits eine Woche vorher für die Folgewoche bei der Genehmigungsbehörde anmelden.

Hinzu kommt, dass der Flughafen in Zukunft bedarfsorientierter arbeiten möchte. Theoretisch könnten in Düsseldorf bereits heute etwa 256.000 slotpflichtige Flugbewegungen pro Jahr durchgeführt werden. Diese Zahl wird mit 211.000 Starts und Landungen aktuell nicht einmal annähernd erreicht, denn die derzeit noch verfügbaren Zeitfenster für Starts und Landungen sind für die Airlines unattraktiv. Der Wunsch des Flughafens ist es folglich, in Zeiten zulässiger Zweibahnkapazität künftig insbesondere in den Spitzenzeiten bis zu 60 Flugbewegungen pro Stunde koordinieren zu dürfen. In der verbleibenden Zeit soll der Eckwert vorerst unverändert bei 45 Flugbewegungen pro Stunde liegen.

Erster Schritt dorthin ist der Antrag auf Planfeststellung mit einer Änderung der Betriebsgenehmigung, den die Düsseldorfer in den kommenden Monaten bei der zuständigen Behörde stellen werden. Sie rechnen mit einer Prüfdauer von mindestens zwei Jahren. Doch die Chancen auf letztlich grünes Licht stünden gut, meint Schnalke. Zumal der Airport jüngst einige Bürgerbedenken aufgenommen und den Antrag entsprechend überarbeitet hat.

 

Fit für die A380

Das steht jedoch nicht allein auf der Düsseldorfer Agenda. Derzeit rüstet sich der Flughafen zusätzlich für den Einsatz der A380. So werden entsprechend nötige Fluggastbrücken für die Position C2 angeschafft, um der speziellen Abfertigung gerecht werden zu können. Geisterte bereits die Meldung durch die rheinischen Medien, dass Emirates mit dem Riesenairbus kommen möchte, hütet sich Schnalke derzeit noch vor eine Bestätigung. Allerdings, so räumt er ein, brauche man sich nur die Flottenstruktur der Düsseldorf anfliegenden Fluggesellschaften ansehen. Wenn eine Airline bereits mit Triple Seven komme, sei der nächste Wachstumsschritt folgerichtig der Einsatz der ebenfalls in der Flotte stehenden A380. Kurzum: „Wir wollen vorbereitet sein.“

Den starken Expansionsdrang der Germanwings gilt es ebenfalls zu stemmen. Bis zu 25 Flugzeuge will die Lufthansa-Tochter hier stationieren und somit ihre größte deutsche Basis aufbauen. „Das war schon eine große Aufgabe“, so Schnalke, denn habe Germanwings in einer ersten Phase zu Beginn des Sommerflugplans in erster Linie bestehende Strecken der Lufthansa übernommen, sind inzwischen bereits etliche neue Strecken hinzugekommen. Dass Düsseldorf Germanwings-Verkehr vom nur etwas mehr als 60 Kilometer entfernten Nachbarn Köln/Bonn, wo der Günstigflieger immerhin seine Heimat hat, abziehen wird, glaubt Schnalke nicht. „Wir denken vielmehr, dass sich die Passagiere für den für sie besseren, unter anderem besser erreichbaren Flughafen entscheiden werden.“ Düsseldorf sei vielleicht ein wenig besser in das Ballungszentrum eingebunden, „dennoch bestehen meiner Meinung nach zwei gänzlich unterschiedliche Einzugsgebiete“. Aber: „Germanwings hat eine Menge Wachstumspotenzial in Düsseldorf.“

Schon Ende 2014 soll sich das in den Statistiken niederschlagen. „Bei den Passagierzahlen erwarten wir ein Plus von zwei Prozent, das ist realistisch. Die Entwicklung in den ersten acht Monaten dieses Jahres bestätigt diese Erwartungen.“ Allerdings kommen die Düsseldorfer damit der rechnerischen Kapazität ihrer Terminalanlage (22 Millionen Passagier pro Jahr) bedenklich nahe. Eröffnet sich hier schon die nächste Baustelle? „Nein. Wir haben gerade in der jüngeren Vergangenheit daran gearbeitet, die Kapazität des Terminals im Bestand zu erhöhen. Beispielsweise im Bereich der Sicherheitskontrollen, wo wir hohe Summen investiert haben, um den Durchfluss zu erhöhen. Außerdem haben wir luftseitige Verbindungsgänge zwischen den einzelnen Flugsteigen geschaffen, die letztlich auch zu einer flexibleren Nutzung der einzelnen Sicherheitskontrollstellen geführt haben“, berichtet Schnalke.

Air Berlin in DUS

Air Berlin war mit 6,7 Millionen Fluggästen im vergangenen Jahr die Nummer eins am Flughafen Düsseldorf. Bild: Dietmar Plath

 

Stehen somit nur noch Nullen im Investitionsplan? Schnalke schüttelt mit dem Kopf: „Wir arbeiten derzeit auf technischer Seite an der weiteren Flexibilisierung bei der Sicherheitskontrolle. Weitere Investitionen fließen in unsere Gepäckbeförderungsanlage, um sie für zukünftige Verkehre und die steigende Anzahl an Transfergepäck fit zu machen.“ Denn dass es mehr werden wird, steht für Schnalke fest. Lufthansa erklärt gern, dass sie den Umsteiger- und Interkontinentalverkehr ab Düsseldorf weiterentwickeln möchte. Und für Air Berlin ist Düsseldorf essentiell: „Wir sind neben Berlin deren wichtigster Flughafen in Deutschland. Sowohl im Kont- als auch im Interkont-Verkehr. Wir konstatieren zweistellige Zuwachsraten für die Air Berlin.“ Und, last but not least, mehren sich die Zeichen, dass schon Ende dieses Jahres bereits die nächste Interkontinental-Verbindung eines gänzlich neuen Kunden, gen Asien, starten wird.  

Astrid Röben 

 

 

Zitat:

„Wir sind in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu einem Umsteigerflughafen geworden. Die Quote liegt inzwischen bei mehr als 13 Prozent.“

Thomas Schnalke, Geschäftsführer Flughafen Düsseldorf

Thomas Schnalke, Geschäftsführer Flughafen Düsseldorf