Verflixte Nummer – Flugrechte-Streit um Air Berlin vor Gericht

Berlin, 12. Januar 2016 Für die Richter in Lüneburg ist es kein leichter Fall. Formal entscheiden sie nur, ob für bestimmte Flüge zwei Flugnummern vergeben werden dürfen. Doch davon könnte die Zukunft von Air Berlin abhängen. Nächster Zwischenstopp in Lüneburg. Dort sitzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht. Es entscheidet in den nächsten Tagen über die gemeinsame Vermarktung […]
Berlin, 12. Januar 2016
Für die Richter in Lüneburg ist es kein leichter Fall.
Formal entscheiden sie nur, ob für bestimmte Flüge zwei Flugnummern vergeben werden dürfen. Doch davon könnte die Zukunft von Air Berlin abhängen.
Nächster Zwischenstopp in Lüneburg. Dort sitzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht. Es entscheidet in den nächsten Tagen über die gemeinsame Vermarktung einer Reihe von Linienflügen durch Air Berlin und ihren Partner Etihad Airways. Es geht um Codesharing: Ein Flug, zwei Flugnummern – damit können beide Partner für ihre eigene Klientel viel mehr Flugziele unter eigenem Code anbieten. Bestätigt das Gericht die Vorinstanz, ist das bei 29 Verbindungen ab 16. Januar nicht mehr erlaubt. Für die seit Jahren defizitäre Air Berlin wäre das ein schwerer Schlag.
Warum sind die Codeshare-Flüge für Air Berlin so wichtig?
Mit rund 80 Gemeinschaftsflügen wöchentlich erzielt Air Berlin nach eigenen Angaben einen Umsatz von 140 Millionen Euro pro Jahr – bei 4,1 Milliarden Euro (2014) insgesamt. Ein beachtlicher Teil davon ginge verloren, wenn es beim Codeshare-Verbot für die 29 fraglichen Verbindungen bliebe. Viel schlimmer wäre es jedoch, wenn Etihad sich von Air Berlin abwenden würde. Bislang steht der Großaktionär (Anteil: 29,2 Prozent) und Geldgeber zu Air Berlin.
Wie landete der Fall vor Gericht?
Seit dem Jahr 2012 hatte das Luftfahrt-Bundesamt, hinter dem das Bundesverkehrsministerium steht, die umstrittenen doppelten Flugnummern sechsmal in Folge für die halbjährlichen Flugpläne genehmigt. Für den Winterflugplan 2015/16 sollte dies nicht mehr geschehen. Dagegen ging Etihad per Eilantrag beim Verwaltungsgericht Braunschweig vor, wo das LBA seinen Sitz hat.
Was hat Verwaltungsgericht Braunschweig entschieden?
Zunächst erteilte das Gericht eine Zwischengenehmigung für die 29 Codeshare-Flüge bis 8. Oktober. Daraufhin ließ der Bund die Strecken „letztmalig und befristet“ bis 15. Januar zu. Ende Dezember lehnten es die Richter ab, die Genehmigung über dieses Datum hinaus zu verlängern. Dagegen legte Etihad Beschwerde ein.
Wann wird über die Beschwerde entschieden?
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg prüft die Beschwerde zurzeit und dürfte in den nächsten Tagen eine Entscheidung verkünden, aber „nicht notwendigerweise“ vor dem 15. Januar, wie eine Gerichtssprecherin gestern sagte.
Was unterscheidet die 29 umstrittenen Flüge von den anderen?
Rund 50 Codeshare-Flüge betreffen die Ziel- oder Abflughäfen Frankfurt, München, Düsseldorf und Hamburg. Diese erlaubt das Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Bei den strittigen 29 Verbindungen geht es hingegen vor allem um Flüge zwischen Abu Dhabi von und nach Berlin sowie von und nach Stuttgart.
Wie argumentiert der Staatskonzern Etihad aus Abu Dhabi?
Der Streckenplan, der zu dem bilateralen Abkommen gehört, erlaubt es nach Ansicht von Etihad „eindeutig, dass eine Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate mit ihren eigenen Maschinen zu vier Zielen in Deutschland fliegen darf und im Codesharing zu weiteren drei Punkten in Deutschland sowie zu Punkten über Deutschland hinaus“. Etihad wirft der deutschen Regierung vor, sich dem Druck des Konkurrenten Lufthansa gebeugt zu haben, die mehr Asienflüge nach Deutschland verhindern wolle.
Was sagt das Bundesverkehrsministerium?
Das Ministerium beharrt darauf, dass die fraglichen Codeshare-Verbindungen „durch das aktuelle Luftverkehrsabkommen nicht abgedeckt“ seien. Air Berlin habe sich schon seit August 2014 auf die neue Genehmigungspraxis vorbereiten können. Damals gab es die Auseinandersetzung um die Codeshare-Flüge. Das Ministerium lässt aber offen, warum es seine Genehmigungspraxis geändert hat.
Worauf haben sich Fluggäste einzustellen?
„Alle Buchungen werden durchgeführt“, versichern Etihad und Air Berlin. Das heißt: Jeder kommt ans gewünschte Ziel. Etihad räumt aber im Fall einer Niederlage vor Gericht mögliche Unannehmlichkeiten bei den untersagte Codeshare-Verbindungen ein. Konkret hieße das wohl: Beim Umsteigen wird das Gepäck nicht automatisch ins andere Flugzeug umgeladen wird, sondern man muss es ein zweites Mal aufgeben.
Bernd Röder, dpa