Psychiater kritisieren Berichterstattung nach Germanwings-Absturz

Berlin, 02. März 2016 Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine vor knapp einem Jahr haben viele Medien nach Einschätzung von Fachleuten zu früh über eine mögliche psychische Erkrankung des Co-Piloten spekuliert. Durch solche Berichte könne bei Lesern der Eindruck entstehen, dass psychisch Kranke per se eine Gefahr darstellten, obwohl sie für die überwiegende Mehrzahl von Gewalttaten […]
Berlin, 02. März 2016
Nach dem Absturz der Germanwings-Maschine vor knapp einem Jahr haben viele Medien nach Einschätzung von Fachleuten zu früh über eine mögliche psychische Erkrankung des Co-Piloten spekuliert.
Durch solche Berichte könne bei Lesern der Eindruck entstehen, dass psychisch Kranke per se eine Gefahr darstellten, obwohl sie für die überwiegende Mehrzahl von Gewalttaten nicht verantwortlich seien, erklärte die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) heute. DGGPN-Präsidentin Iris Hauth sagte, die Rolle der Erkrankung des Co-Piloten sei zunächst völlig unklar gewesen.
Die DGPPN verweist auf eine kürzlich publizierte Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit zur Berichterstattung in Printmedien, wonach in knapp einem Drittel der untersuchten Artikel explizit stigmatisierende Sprache verwendet wurde. Die Wissenschaftler bemängelten etwa Wertungen wie „irre“ oder Beschreibungen der Depression als „vielgestaltiges Monster“. Mehr als 60 Prozent der Texte stuften sie unter anderem wegen der medial hergestellten Verbindung von psychischer Krankheit und Verbrechen als „riskant“ ein. Die Forscher hatten rund 250 Artikel von Printmedien aus den ersten Monaten nach dem Absturz analysiert.
Am 24. März 2015 zerschellte die Germanwings-Maschine auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf in den französischen Alpen. Der Co-Pilot brachte das Flugzeug nach Überzeugung der Ermittler absichtlich zum Absturz. Alle 150 Menschen an Bord kamen ums Leben.