Hannover, 15. August 2016 Piloten kleiner Propeller- oder Segelflugzeuge gelten als Hobby- oder Sportflieger. Doch viele von ihnen bereiten sich auf eine Karriere als Berufspilot vor. Zunehmend machen ihnen Reglementierungen und Bestimmungen das Leben schwer. Deutschlands Aero-Club schlägt Alarm: Er sieht die Flugsicherheit in Gefahr. Weil Beschränkungen und Regulierungen die private Fliegerei immer teurer und […]

Hannover, 15. August 2016

Piloten kleiner Propeller- oder Segelflugzeuge gelten als Hobby- oder Sportflieger. Doch viele von ihnen bereiten sich auf eine Karriere als Berufspilot vor. Zunehmend machen ihnen Reglementierungen und Bestimmungen das Leben schwer.

Deutschlands Aero-Club schlägt Alarm: Er sieht die Flugsicherheit in Gefahr. Weil Beschränkungen und Regulierungen die private Fliegerei immer teurer und umständlicher machten, seien Piloten von Cessna, Piper & Co immer seltener in der Luft. „Mit jeder Flugstunde, die ein Pilot weniger in der Luft ist, sinkt natürlich auch seine Übung“, sagt Udo Beran, der Generalsekretär des in Braunschweig ansässigen Deutschen Aero-Clubs (DAeC). Er betont: „Die Flugsicherheit in Deutschland hat gelitten in den letzten Jahren.“

Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) in Braunschweig sieht das differenzierter und verweist auf die hohe Zahl der Flüge ohne jegliche Zwischenfälle. Doch der Blick in die Statistik der Behörde offenbart auch: Seit dem Jahr 2010 ist allein die Zahl der von deutschen Luftfahrtunternehmen gemeldeten Beinahe-Zusammenstöße in der Luft kontinuierlich von 124 auf 222 im Vorjahr geklettert.

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) verweist auf die Tatsache, dass ihre Fluglotsen erstmals seit 2011 wieder mehr als drei Millionen Flüge kontrollierten und das Sicherheitsniveau im deutschen Luftraum dennoch unverändert hoch sei. Allerdings erfassen ihre Kriterien nur bedingt Privatflieger, die im Sichtflug nach dem Motto «Sehen und gesehen werden» unterwegs sind. Viele von ihnen fliegen im unteren Luftraum – einem Bereich, in dem sich zunehmend auch Drohnen tummeln.

„Wir haben seit vergangenem Jahr begonnen, die gemeldeten Behinderungen von Drohnen zu erfassen“, sagt DFS-Sprecherin Kristina Kelek. „Zwar können wir damit noch nicht im Detail sagen, welcher Art die Behinderungen waren – aber die Tendenz ist eindeutig.“ Demnach meldeten Piloten während des Fluges im Vorjahr nur 14 Zwischenfälle. Kelek: „Aber allein im ersten Halbjahr 2016 kommen wir schon auf 15 Fälle.“ Sie spricht sich daher für eine Art Drohnenführerschein aus.

Der DAeC unterstützt diesen Vorstoß, wettert allerdings zunehmend gegen eine überbordende Bürokratie. Beran hält deutschen Behörden vorauseilenden Gehorsam bei der Umsetzung europäischer Direktiven vor. Sein Vorwurf: Anders als in anderen europäischen Ländern drohe die Bürokratie die bestehende Infrastruktur in den Vereinen abzuwürgen. Er fordert für Luftsport und Kleinfliegerei eine politische Plattform. Es fehle eine Lobby für Kleinflieger.

In Deutschland wird ein Großteil der Pilotenausbildung nach wie vor nicht in kommerziellen Flugschulen, sondern in Clubs und Vereinen durchgeführt. Ihnen kommt eine hohe Bedeutung für die Ausbildung des Luftfahrt-Nachwuchses bei. Der US-Flugzeughersteller Boeing schätzte für die globale kommerzielle Luftfahrtbranche den Bedarf gerade auf 31 000 neue Piloten pro Jahr. Auf der anderen Seite schrecken viele Airlines vor einer eigenen, teuren Piloten-Ausbildung zurück.

Viele Privatflieger sind daher nicht nur als Hobby-Flieger aus Spaß an der Freude unterwegs, sondern auch als Teil ihrer Vorbereitung auf den angestrebten Beruf als Verkehrspilot. So erklärt sich auch der hohe Anteil der einmotorigen Motormaschinen und Segelflugzeuge an den in Deutschland zugelassenen 21 213 Luftfahrzeugen (Stand 2015). Nach LBA-Angaben machen sie heute mehr als 80 Prozent des Bestands aus.

Der jüngste Vorstoß, der den Aero-Club – Spitzenverband des Luftsports und der Allgemeinen Luftfahrt – auf die Barrikaden bringt, sind neue Beschränkungen für die Motorkunstflieger. Der DAeC und auch der befreundete Pilotenverband AOPA haben eine Anwaltskanzlei mit der Vorbereitung einer Klage beauftragt. An Nachmittagen von Wochenenden und Feiertagen soll der Kunstflug nach Vorgaben der Deutschen Flugsicherung künftig verboten werden. Flugschulen verlieren so die Hälfte der ihnen für die Ausbildung zur Verfügung stehenden Zeit, argumentiert der DAeC. Zeit, die dringend für die Absicherung der Flugsicherheit in Deutschland benötigt werde.

Ralf E. Krüger, dpa