Die Luftfahrtbranche sucht Nachwuchs – und das weltweit. Airbus und Boeing prognostizieren in den kommenden 20 Jahren über zwei Millionen neue Stellen in Cockpit, Wartung und Technik.

Airbus und Boeing mögen in vielen Bereichen unterschiedlicher Meinung sein. Aber wenn es um die Frage geht, wie viele neue Mitarbeiter die Fluggesellschaften in den nächsten 20 Jahren im Flugbetrieb und in der Instandhaltung brauchen, dann sind sie sich nahezu einig. Airbus schätzt den Bedarf auf 2,35 Millionen, Boeing auf 2,37 Millionen Fachkräfte. Allein in Europa werden rund 149.000 neue Verkehrspiloten und 165.000 Techniker für die Instandhaltung gebraucht. Dabei ist der Bedarf der sogenannten Advanced Air Mobility – Drohnen und eVTOL – noch gar nicht eingerechnet. Denn auch sie werden ohne Wartung nicht auskommen.

Auch wenn man in der Luftfahrt große Zahlen gewohnt ist, so ist diese doch gewaltig. Wessen Herz für die Luftfahrt schlägt und wer seine Leidenschaft zum Beruf machen will, der findet im Flugzeug und am Flugzeug exzellente Aussichten. Dahinter stecken zwei Treiber: die immer weiterwachsende Zahl von Flugzeugen und der demografische Wandel.

Pilotenmangel verschärft sich nach der Pandemie

Schon vor der Pandemie waren Piloten knapp. Viele Fluggesellschaften hatten Mühe, genug Besatzungen für all die neuen Flugzeuge zu finden, die zusätzlich zu ihren Flotten kamen. Man könnte glauben, die Krise habe die Situation entspannt. Aber weit gefehlt. Zum einen nahmen insbesondere ältere Piloten das Abfindungsangebot an, das ihnen die Fluggesellschaften machten, zum anderen wiederholten die Airlines einen Fehler, den sie schon in den vorhergehenden Krisen gemacht haben: Sie stellten vorübergehend die Ausbildung ein und schickten ihre Flugschüler nach Hause. Wenig überraschend passierte dasselbe wie 2003 und 2009 sowie 2010: Es fehlt an allen Ecken und Enden an Cockpitpersonal.

Steigende Gehälter und bessere Bedingungen

Was knapp ist, das ist teuer. Das gilt auch für den Arbeitsmarkt. In den USA, wo der Einstieg in die Welt der Großen bislang über die kleinen Commuter-Airlines führt, gab es bereits kräftige Gehaltsaufschläge. Piedmont, eine Tochter von American Airlines, sah sich genötigt, das Einstiegsgehalt für Erste Offiziere von 51 US-Dollar pro Flugstunde auf 90 US-Dollar zu erhöhen, was mehr ist als die bislang unterste Gehaltsstufe für Kapitäne. Diese verdienen nun stattliche 146 statt bisher 78 US-Dollar.

Wenngleich Berufseinsteiger in den USA im Durchschnitt weit schlechter bezahlt werden als ihre Kollegen in Europa, so dürften auch in Europa die Zeiten vorbei sein, in denen Fluggesellschaften wie Ryanair von jungen Piloten Geld verlangen konnten, damit diese auf dem linken Sitz erste Flugstunden sammeln „durften“.

Airlines investieren wieder in Ausbildung

Wie sehr der Schuh beim Cockpitpersonal drückt, zeigt sich auch daran, dass die Fluggesellschaften sich stärker als früher an der Finanzierung der Ausbildungskosten beteiligen. Lufthansa zum Beispiel erwartet jetzt nur noch einen Eigenanteil von 10.000 Euro statt früher 30.000 Euro. Die Rückzahlung der verbleibenden Ausbildungskosten in Höhe von 110.000 Euro beginnt erst, sobald man mehr als 30.000 Euro pro Jahr verdient.

Große Nachfrage in allen Bereichen der Luftfahrtindustrie

Aber nicht nur in diesem Bereich ist man händeringend auf der Suche nach Nachwuchs. Obwohl es viele superspannende Jobs gibt, in denen man auch ordentlich verdient, verfolgt das Wort „Personalmangel“ die Luftfahrtindustrie seit vielen Jahren. Allein Airbus will bis Ende dieses Jahres 3500 neue Mitarbeiter einstellen, um das Ausscheiden älterer Mitarbeiter auszugleichen und den geplanten weiteren Hochlauf der Produktion zu wuppen, davon allein 1300 in Hamburg.

Auf 20 Beschäftigte kommt in der Luftfahrtindustrie ungefähr ein Ausbildungsplatz. Tendenz: steigend. Die Chance für einen Start ins Berufsleben bei Großunternehmen wie Airbus, Lufthansa Technik, Rolls-Royce oder MTU steigen ebenfalls. Kamen vor ein paar Jahren noch 20 Bewerber auf einen Ausbildungsplatz, so sind es inzwischen nur noch 15.

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Ausbildung und duales Studium im Aufwind

Für 2026 plant Airbus in Deutschland die Einstellung von rund 1.000 neuen Auszubildenden. Diese Zahl umfasst sowohl klassische Ausbildungsberufe als auch duale Studiengänge. Bei Lufthansa Technik erreicht die Zahl der Auszubildenden, dual Studierende eingeschlossen, 1024 junge Männer und Frauen. Dabei erfreut sich ein Duales Studium, eine Kombination aus Studium und betriebsinterner Praxis, zunehmender Beliebtheit. Die Unternehmen bekommen nach dem Abschluss einen Ingenieur, Betriebswirt oder Informatiker, der das Unternehmen bereits kennt, der Studierende bekommt Gehalt und hat stets den Bezug zur Praxis.

Karrierechancen auch bei mittelständischen Unternehmen und Flughäfen

Aber es müssen nicht immer Lufthansa oder Airbus sein. Auf der Suche nach einer Startbahn für die Karriere in der Luftfahrt lohnt auch der Blick in die zweite Reihe. Gestandene mittelständische Zulieferunternehmen, von Autoflug und Diehl bis zu Liebherr Aerospace und ZIM Aircraft Seating, bieten ebenfalls eine moderne Ausbildung mit exzellenten Perspektiven. Attraktive Arbeitgeber sind auch die Flughäfen. Zwischen Verwaltung und Vorfeld bieten sie eine riesige Vielfalt an Berufen.

Die Bandbreite der zu erlernenden Tätigkeiten reicht von Luftverkehrskaufleuten, geht über Mechatroniker und Anlagenmechaniker bis hin zu Köchen und Werkfeuerwehrleuten. Apropos Vielfalt: Die Lufthansa hat nachgezählt und kommt über den ganzen Konzern hinweg auf 28 verschiedene Ausbildungsberufe. Hinzu kommen 17 duale Studienprogramme von Cyber Security und Angewandter Informatik bis Flugzeugbau und Tourismusmanagement. Da fällt es schon beinahe schwer, sich zu entscheiden.