12.10.2016 Was hat Deutschland gelacht, gespottet und geschimpft über den BER! Inzwischen ist es recht ruhig geworden um die berüchtigte Baustelle. In einem Jahr soll der Flughafen startklar sein – vielleicht. Ein Besuch. Schönefeld (dpa) – In der Kantine des neuen Hauptstadtflughafens pfeift es aus dem Lautsprecher. «Eins, zwei, drei – Test.» Dann ist es […]

12.10.2016

Was hat Deutschland gelacht, gespottet und geschimpft über den BER! Inzwischen ist es recht ruhig geworden um die berüchtigte Baustelle. In einem Jahr soll der Flughafen startklar sein – vielleicht. Ein Besuch.

Schönefeld (dpa) – In der Kantine des neuen Hauptstadtflughafens pfeift es aus dem Lautsprecher. «Eins, zwei, drei – Test.» Dann ist es wieder still. Die Stühle sind hochgestellt, die Kühlzellen auf Raumtemperatur. Hier gibt es heute nichts zu essen. Auch morgen und übermorgen nicht. Flughafenchef Karsten Mühlenfeld steht vor leeren Wärmeschränken und sagt, nun müsse man die Berliner Flughafen-Landschaft bis 2040 planen. 

«So wie es ist, reicht es bis 2023/24», warnt Mühlenfeld. Und da ist der neue Hauptstadtflughafen schon eingerechnet. So als sei jenes große Symbol für Fehlplanung, Baupfusch und damit Verschwendung, schon eröffnet – oder so gut wie. Dabei gibt es nicht mal einen fixen Eröffnungstermin.

Nicht weit von hier steht das abgenutzte Terminal des früheren DDR-Zentralflughafens Schönefeld. Dort nimmt das Rollkoffer-Rollen kaum ein Ende, weil Touristen nach Berlin wollen. Für Easyjet und Ryanair brummt dort das Geschäft. Am milliardenteuren Neubau dagegen geht es gemächlich zu.

Die Rollbahnen im Nieselgrau: leer. Bis auf gelegentliche Patrouillenfahrten von Sicherheitsdiensten. Auf dem Vorfeld: eine Imbissbude mit Eintopf und Bockwurst für Bauarbeiter. Weiter hinten: ein paar Flugzeuge von Air Berlin, die hier überwintern, bis sie wieder in die Sonne fliegen. Der BER als Parkplatz.

«Wir stehen heute ganz anders da als 2012», sagt Flughafenchef Mühlenfeld. Da war er noch nicht in Schönefeld, aber der neue Flughafen war schon da und er sah auch damals fast fertig aus – der große Murks war hinter Kirschbnaum-Panelen und weißen Deckenplatten verborgen. Die Eröffnung platzte. Heute sind die Deckenplatten offen – und die Mängel nahezu abgearbeitet, versichert Mühlenfeld. Im Januar soll der Flughafen fertig sein.

Dafür zuständig ist Jörg Marks. Der hoch gewachsene Technikchef führt Fotografen durch den gewaltigen Bau und sagt Sätze wie diesen: «Wenn sie den Bauzaun ein bisschen wegblenden, ist dieser Raum im Prinzip fast fertig.»

Vor den Check-In-Schaltern lagern Firmen Blechprofile und Deckenplatten. Marks referiert in Zahlen, wie der Neubau in den vergangenen Jahren saniert wurde, vor allem beim Brandschutz. Neu verlegte Kabel: 6000 Kilometer. Zusätzliche Sprinkler: 29 000. Datendosen: 60 000. Wiedergefundene Rauchmelder: 3000 – keiner hatte mehr gewusst, wo sie genau verbaut waren.

«Die großen Sachen gehen eigentlich einfach», bilanziert Marks. «Es geht um die vielen kleinen Sachen und den Abgleich für die Genehmigungsfähigkeit.»

Ende Oktober fährt der Flughafenbetreiber die letzten Aktenordner mit Nachträgen zur Baugenehmigung zum Kreisbauamt nach Königs Wusterhausen. Wenn die Beamten ihren Stempel darunter setzen, ist der Flughafen fertig und muss nur noch getestet werden. Ein Teil der Anlagen ist schon in Betrieb. Heißgasrauchversuche ergaben, dass der Brandschutz dort jetzt funktioniert, wie Marks sagt.

Noch bis zum Sommer werden nach und nach alle Geräte eingeschaltet und geprüft, ob sie auch im Verbund laufen – böse Überraschungen nicht ausgeschlossen. So wie diese: Viele Fenster brauchen neue Motoren zum Öffnen, weil die bisherigen bei mehr als 30 Grad versagen.

Auf dem Hunderte Meter langen Gang des Hauptterminals surrt eine Kehrmaschine durch die Stille. Man kann im Flughafen minutenlang laufen, ohne Bauarbeitern zu begegnen, sie konzentrieren sich auf bestimmte Abschnitte. 600 bis 700 seien es derzeit, heißt es.

In gut einem Jahr soll der Flughafen in Betrieb gehen, so ist es seit 2014 grob festgelegt. Genauer wird es nicht gesagt, weil völlig offen ist, ob das Jahr überhaupt zu halten ist. Das liegt auch daran, dass es schwer ist, die Auftragnehmer zu mehr Tempo zu verdonnern. «An dieser Stelle kämpfen wir», sagt Marks. «Und das ist auch der Grund, warum wir den Termin noch nicht sagen.»

Im Einkaufszentrum des Flughafens sind die Läden mit Spanlatten verrammelt, Wartebänke unter Folien, der Natursteinboden durch Bretter geschützt. Durch das filigrane Terminaldach wurden zwei neue Schornsteine getrieben. Damit der Rauch ordentlich abzieht, wenn es brennt. Wir das Bauamt noch mal größere Umbauten fordern? Marks meint: «Die Wahrscheinlichkeit ist gering.»

Burkhard Fraune, dpa