Von VIPs und Elefanten – Am Hauptstadtflughafen wird es eng
11.03.2016 Wann hat das jahrelange Warten auf den neuen Berliner Flughafen ein Ende? Sicher kann das derzeit niemand sagen. Und die Verantwortlichen sind schon wieder mit Streitschlichten beschäftigt. Berlin (dpa) – Stuck und Sichtbeton-Imitat an den Wänden, bronzebeschichtete Raumdecken, Glasmosaike – «Personen großen öffentlichen Interesses» bekommen am künftigen Hauptstadtflughafen einen edlen Wartebereich. Die VIP-Lounge im Südflügel […]
11.03.2016
Wann hat das jahrelange Warten auf den neuen Berliner Flughafen ein Ende? Sicher kann das derzeit niemand sagen. Und die Verantwortlichen sind schon wieder mit Streitschlichten beschäftigt.
Berlin (dpa) – Stuck und Sichtbeton-Imitat an den Wänden, bronzebeschichtete Raumdecken, Glasmosaike – «Personen großen öffentlichen Interesses» bekommen am künftigen Hauptstadtflughafen einen edlen Wartebereich. Die VIP-Lounge im Südflügel des unfertigen Airports wird jetzt sogar erweitert. «Sie soll (…) den höchsten Ansprüchen an Gestaltungs- und Ausführungsqualität genügen», heißt es in der Ausschreibung. Drunter gehts nicht.
Dabei wäre den meisten Passagieren schon geholfen, wenn sie überhaupt am notorisch verspäteten Großflughafen einchecken könnten. Aktuell geplantes Eröffnungsdatum: irgendwann im zweiten Halbjahr 2017. Es ist der fünfte Termin seit 2011. Und seit Freitag scheint es fraglicher denn je, ob das noch klappt.
Nicht nur, dass das Bauamt den Flughafen verdonnert, bei den Bauunterlagen nachzuarbeiten: Nach einer kurzen Friedensphase haben sich die Flughafen-Eigentümer wieder heftig zerstritten. Da wird geschimpft und gedroht, Gerüchte werden gestreut, vertrauliche Papiere gelangen an die Öffentlichkeit.
Mühsam versucht Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), den Riss nach der Sondersitzung des Aufsichtsrats am Freitag zu kitten. «Großes Einvernehmen habe geherrscht» – nachdem es «ohne Not eine Konfrontation» gegeben habe.
Was war passiert? Es geht ums geplante Regierungsterminal, wo einmal die Bundeskanzlerin, Minister und Staatsgäste einchecken sollen. Flughafenchef Karsten Mühlenfeld will den Protokollbereich auf dem BER-Gelände etwas weiter an den Rand verschieben, mindestens vorübergehend, am liebsten dauerhaft. Das soll Platz für mehr Passagiere schaffen, denn ihre Zahl steigt in Berlin viel schneller als vor Jahren gedacht. Es wird eng in Schönefeld – doch die Bundesregierung will nicht weichen.
Als Mühlenfeld dem Bund den Vertrag für eine Zwischenlösung kündigt, die längst vom Tisch ist, schäumt Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Er kann mit dem vom Land Brandenburg geholten Manager ohnehin nichts anfangen – der Bund verweigerte dem Berliner Ingenieur schon bei der Benennung vor einem Jahr seine Stimme. Zudem ist Mühlenfelds Brief sehr forsch formuliert.
Dobrindt veranlasst eine Sondersitzung des Aufsichtsrats, droht mit Konsequenzen – wie ein «Elefant im Porzellanladen», ärgert sich der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) spricht im «Tagesspiegel» vom Versuch, Mühlenfeld zu schädigen. Bürgermeister Müller, der im aufziehenden Berliner Wahlkampf Ärger am Flughafen vermeiden muss, sagt nur: «Man kann darüber streiten, ob die Reaktion auf die Kündigung sinnvoll war.»
Bis zu fünf Stunden sitzen die Aufsichtsräte bei der Sondersitzung zusammen – und sind nachher kaum schlauer. Thema Flughafen-Eröffnung 2017: «Es wird sehr knapp.» Thema Regierungsflughafen: Es bleibt wie geplant, der Bund weicht höchstens für fünf Jahre. Dann zieht er in einen repräsentativen Neubau für 310 Millionen Euro – direkt vor den Terminals des jetzigen Schönefelder Flughafens.
Deren Vorfeld hätte Mühlenfeld gern länger genutzt. Wie er aus dieser Zwickmühle kommt, überlässt der Aufsichtsrat ihm selbst. Im April soll der Flughafenchef Vorschläge machen. Dann könnte es wieder schwierige Diskussionen geben.
Neben der VIP-Lounge hat der Flughafen einen weiteren Auftrag ausgeschrieben: Für die Flughafen-Feuerwehr werden drei neue Wagen gesucht. 20 Meter lange Löscharme sollen das Wasser auf die Brandherde spritzen. Zur Abkühlung rät auch der Berliner Flughafenkoordinator Engelbert Lütke Daldrup. Er sagt: «Nicht so viel quatschen, nicht so viel spekulieren – fertig bauen.»
Burkhard Fraune, dpa