Rund um die großen deutschen Flughäfen ist es das Reizthema Nummer eins: Wenn Airports erweitert oder neu gebaut werden, bedeutet das mehr Lärm. Experten fordern einen wirkungsvolleren Anwohnerschutz. Berlin (dpa) – Gegen belastendes Dröhnen über ihren Dächern machen Flughafenanwohner quer durch die Republik mobil. Am größten deutschen Airport in Frankfurt kämpfen Initiativen für eine längere […]

Rund um die großen deutschen Flughäfen ist es das Reizthema Nummer eins: Wenn Airports erweitert oder neu gebaut werden, bedeutet das mehr Lärm. Experten fordern einen wirkungsvolleren Anwohnerschutz.

Berlin (dpa) – Gegen belastendes Dröhnen über ihren Dächern machen Flughafenanwohner quer durch die Republik mobil. Am größten deutschen Airport in Frankfurt kämpfen Initiativen für eine längere Nachtruhe. Am Drehkreuz München ist der Wunsch des Betreibers nach einer dritten Startbahn heftig umstritten. Und in Berlin und dem Umland schwelt Ärger über die künftigen Start- und Landerouten, die eines Tages für den Hauptstadtflughafen gelten sollen. Dabei geht es auch darum, wie gut Umweltfolgen und Anwohnerinteressen bei Planungen berücksichtigt werden – viel zu wenig, monieren jetzt Berater der Bundesregierung.

Was beanstanden die Experten?

Als problematisch gilt, dass Flugrouten im Genehmigungsverfahren für ein Bauprojekt nur grob skizziert werden müssen. Über welche Orte die Jets genau hinwegfliegen, kann bis kurz vor dem Betriebsstart noch geändert werden. «Damit sind aber auch Menschen vom Fluglärm betroffen, die davon vorab nichts wussten und sich daher auch nicht an den Planungen beteiligen konnten», analysiert der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Sie empfehlen daher, wie für den eigentlichen Bau auch für die Routen eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuschreiben. Denn damit ist immer eine Beteiligung der Öffentlichkeit verbunden.

Wo liegen Kritikpunkte in der Praxis?

Misslich finden die Experten auch, dass Maschinen an vielen Airports von vorgeschriebenen Startrouten abweichen, um aus wirtschaftlichen Gründen schneller in Richtung ihres Ziels abdrehen zu können. Ab etwa 1500 Metern Flughöhe können Piloten dafür Freigaben der Fluglotsen beantragen. Allerdings bürgerten sich dadurch alternative «faktische» Routen ein, die Lärm neu verteilen. Wie schutzbedürftig eine Gegend ist und wie laut der Flugzeugtyp, werde dabei nicht betrachtet. Deshalb sollte rechtlich verankert werden, dass solche Abweichungen etwa nur aus Sicherheits- oder Wettergründen überhaupt möglich sind.

Was schlagen die Experten noch vor?

Der Bund müsse die Flughafenplanung stärker in die Hand nehmen, raten die Sachverständigen. So wäre Lärm auch regional gerechter zu verteilen. Ins Luftverkehrsrecht gehörten Grenzwerte für Fluglärm hinein. Gewährleistet bleiben solle ein Flugverbot in der gesamten Nacht von 22.00 bis 6.00 Uhr. Dass «Randstunden» von 22.00 bis 23.00 Uhr oder von 5.00 bis 6.00 Uhr mit möglichem Flugbetrieb bestimmt werden, müsse «besonders rechtfertigungsbedürftige Ausnahme» bleiben.

Was plant die Bundesregierung?

Umwelt- und Verkehrsministerium wollen die Empfehlungen nun prüfen. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, transparente Verfahren und eine frühe Informationen der Bürger bei Flugrouten sicherstellen zu wollen. In der Regierung gibt es erste Überlegungen, die Regeln für künftige Planfeststellungsverfahren zu konkretisieren. Das soll klarstellen, dass die Prüfung von Umweltfolgen im Rahmen dieses Verfahrens den gesamten Bereich abdecken muss, in dem mit An- und Abflügen zu rechnen ist. Endgültig festgelegt werden sollen Routen aber weiterhin erst kurz vor Inbetriebnahme neuer Flughäfen.