Frankfurt/Main, 11. Mai 2017 Mit einem Ticket in den letzten Winkel der Welt fliegen – das geht im national organisierten Luftverkehrsmarkt nur über globale Airline-Bündnisse. Das älteste und größte wird gerade 20 Jahre alt. Wer weltweit mit dem Flugzeug unterwegs ist, weiß die Vorzüge von Luftfahrtallianzen durchaus zu schätzen. Statuskunden dürfen die Lounges der Partner-Airlines […]

Frankfurt/Main, 11. Mai 2017

Mit einem Ticket in den letzten Winkel der Welt fliegen – das geht im national organisierten Luftverkehrsmarkt nur über globale Airline-Bündnisse. Das älteste und größte wird gerade 20 Jahre alt.

Wer weltweit mit dem Flugzeug unterwegs ist, weiß die Vorzüge von Luftfahrtallianzen durchaus zu schätzen. Statuskunden dürfen die Lounges der Partner-Airlines nutzen, alle Passagiere können ihr Gepäck bis in die entfernteste Ecke durchchecken lassen und sie können ihre gesammelten Bonus-Meilen beispielsweise für einen Inlandsflug in China einsetzen. Doch wenn an diesem Sonntag (14. April) das 1997 von der Lufthansa gegründete Airline-Bündnis „Star Alliance“ 20 Jahre alt wird, gibt es zumindest Zweifel, ob es noch einmal so lange durchhalten wird.

„Die Bündnisse werden sicherlich an Bedeutung verlieren“, ist sich der Berater Gerald Wissel von der Firma Airborne sicher. Die ursprünglichen Erwartungen der Partner seien nicht erfüllt worden und inzwischen stünden auch Einzelinteressen gerade der großen Airlines einer engeren Zusammenarbeit entgegen.

Gegründet wurden die Bündnisse – neben der Star Alliance sind noch die etwas kleineren Oneworld (American/British Airways) und SkyTeam (Delta/Air France) relevant – mit pragmatischen Zielsetzungen. Neben technischen Normen sollten abgestimmte Flugpläne, die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur wie Schaltern und Lounges oder die weltweite Vermarktung von Anschlussflügen Vorteile der Partner sein.

Vieles sei erreicht worden, sagt Star-Alliance-Sprecher Markus Ruediger. Er verweist auf gemeinsame Aufenthaltsräume und Terminals sowie das weltumspannende Streckennetz, das die jeweiligen Mitglieder ihren Kunden anbieten können. Die 1997 in Frankfurt von fünf Airlines gegründete Star Alliance hat aktuell 28 Partner, die täglich mehr als 18 000 Flüge zu 1300 Flughäfen in 190 Ländern anbieten. Sie alle profitieren von den Netzen der Partner, einheitlichen Gepäckregeln und der gegenseitigen Anerkennung von Vielflieger-Programmen. Aktuell werde viel an gemeinsamen IT-Lösungen gearbeitet.

Belastet wurde das Sternen-Bündnis vor wenigen Tagen von ihrem größten Mitglied, der US-Gesellschaft United. Mit Gewalt ließen die Amerikaner einen Passagier aus einem überbuchten Jet zerren: Die Bilder von der Aktion sorgten für einen gewaltigen Imageschaden. Schon länger gilt United mit ihrer veralteten Flotte und spärlichem Service als Problemfall im Bündnis, das eigentlich Premiumanspruch vertritt und mit diesem Argument die Air India über Jahre hingehalten hat, bis sie 2014 schließlich doch noch beitreten durfte.

„Es ist einfach nicht gelungen, das Produkt über die ganze Allianz hinweg zu harmonisieren“, stellt Wissel fest. Bei den Kunden komme es gar nicht gut an, wenn sie Lufthansa zahlen sollen, dann aber geringeren Service erhielten. Die Allianz könne nur die Prozesse am Boden beeinflussen, die Dienstleistung an Bord sei allein Sache der einzelnen Airline in deren Markt, sagt dazu Sprecher Ruediger.

Auf wirtschaftlich wichtigen Strecken hat Lufthansa die Zusammenarbeit mit den Allianz-Partnern intensiviert und sogenannte Joint Ventures gegründet. Die gemeinsamen Abrechnungseinheiten bilden die engstmögliche Form der Zusammenarbeit in der nach nationalen Flugrechten verfassten Branche. Lufthansa erzielt nach eigenen Angaben inzwischen 70 Prozent ihrer Langstreckenerlöse in den Joint Ventures über den Nordatlantik (United/Air Canada) und nach Asien (Air China, All Nippon Airways, Singapore Airlines).

Grundsätzlich haben auch die Joint Ventures das monopolistische Ziel, das Angebot der beiden größten Anbieter für die jeweiligen Zielgebiete aufeinander abzustimmen und gegen die Konkurrenz abzuschirmen. Bei einem wirklich erfolgreichen Joint Venture mit entsprechender Marktmacht müssen die Kunden mit höheren Ticketpreisen rechnen, können dafür aber auf das starke Netz der Partner in ihren jeweiligen Heimatmärkten zurückgreifen.

Lange Zeit wurden die aufstrebenden arabischen Gesellschaften im auf Gegenseitigkeit beruhenden Allianz-Geschäft als Störenfriede empfunden. Die mit Öl-Milliarden gepäppelten Gesellschaften vom Persischen Golf haben schließlich keinen nennenswerten Heimatmarkt zu bieten und versuchen, ihre geografische vorteilhafte Lage zu nutzen, um anderen nationalen Fluggesellschaften die Kunden beispielsweise auf den Strecken nach Südostasien und Ozeanien abspenstig zu machen.

Als bislang einzige Golf-Airline hat sich Qatar Airways zunächst bei British Airways eingekauft und sich deren Oneworld-Organisation angeschlossen. Die größere Emirates versucht es allein, während sich Etihad in Europa über Kapitalbeteiligungen Freunde zusammenkauft. Nach Milliardenverlusten bei Alitalia und Air Berlin sucht die Gesellschaft aus Abu Dhabi nun die Kooperation mit dem umsatzstärksten europäischen Anbieter Lufthansa.

Dass die Bündnisse Bindekraft verloren haben, zeigt sich auch an Codeshare-Abkommen über die Allianz-Grenzen hinweg, die noch vor wenigen Jahren als verpönt galten. So dürfen die Gesellschaften Cathay Pacific (Oneworld) und Etihad (Etihad Partners) einzelne Flüge der Lufthansa (Star Alliance) mit eigenen Flugnummern vermarkten und umgekehrt. Die Airlines können so Ziele anbieten, die sie selbst nicht abdecken können. Abgerechnet wird intern, wie auch zwischen den frisch gebackenen Codeshare-Partnern Air France (Skyteam) und Singapore Airlines (Star Alliance).

Christian Ebner, dpa