Cádiz, 18. Juni 2018 Entdecker-Wiege, Surf-Mekka, Strandparadies: Andalusiens Costa de la Luz gehört zu den hippesten, geschichtsträchtigsten und schönsten Küstenregionen Spaniens. Hier bereitete Kolumbus die Entdeckung der Neuen Welt vor, und schlürfte James Bond Mojitos. Die Strandbar, in der Pierce Brosnan einen Mojito schlürft, ist eigentlich ein Badehaus von 1926. Heute befindet sich in dem […]

Cádiz, 18. Juni 2018

Entdecker-Wiege, Surf-Mekka, Strandparadies: Andalusiens Costa de la Luz gehört zu den hippesten, geschichtsträchtigsten und schönsten Küstenregionen Spaniens. Hier bereitete Kolumbus die Entdeckung der Neuen Welt vor, und schlürfte James Bond Mojitos.

Die Strandbar, in der Pierce Brosnan einen Mojito schlürft, ist eigentlich ein Badehaus von 1926. Heute befindet sich in dem Gebäude das archäologische Unterwasserzentrum. Doch für den James-Bond-Film «Stirb an einem anderen Tag» musste sich die südspanische Stadt Cádiz am Atlantik in Havanna verwandeln. Allzu schwierig war das nicht.

Die alte Hafenfestung Castillo de Santa Catalina von 1554 könnte so auch in Kubas Hauptstadt stehen. Darüber hinaus wurden ein paar Straßenschilder abgehängt, Oldtimer herbeigeschafft und Statisten engagiert. Die Fischerboote, die hier an der Costa de la Luz ankern, passten ohnehin zur Kulisse.

Die Verbindungen zwischen beiden Städten lässt sich historisch erklären: «Cádiz wurde im 16. Jahrhundert vollständig von Piraten zerstört und zeitgleich mit vielen spanischen Kolonialstädten wiedererrichtet», sagt Juan Ramón Ramírez Delgado, Archäologe und Direktor der Städtischen Museen. «Außerdem gab es zur Kolonialzeit eine wichtige Seeverbindung zwischen beiden Hafenstädten, weshalb Cádiz und Havanna sich architektonisch sehr ähneln.»

Dabei ist Cádiz eigentlich viel älter. Die Stadt wurde schon 1104 vor Christus nach dem Ende des Trojanischen Krieges unter dem Namen Gadir von den Phöniziern gegründet. Römer, Griechen, Hannibal, die Könige der Mauren, Napoleon und englische Piraten waren sich ebenfalls der strategischen Lage von Cádiz auf der Landzunge am Atlantik bewusst. Davon zeugen heute noch eindrucksvolle Ausgrabungsstätten im Bischofspalast mit phönizischen Grabstätten, römische Amphitheater, uralte Stadtmauern und mittelalterliche Paläste und Festungen.

Besondere Bedeutung erlangten Cádiz und die Costa de la Luz allerdings zur Zeit der Entdeckung Amerikas. Das kleine, im 13. Jahrhundert gegründete Franziskanerkloster La Rábida bei Palos de la Frontera änderte den Lauf der Geschichte. Das verschlafene Örtchen liegt in der Provinz Huelva nördlich von Cádiz. Die spanischen Könige ließen dort für Christoph Kolumbus die drei Segelschiffe «Santa María», «La Pinta» und «La Niña» bauen, um einen Seeweg nach Indien zu finden. Die Costa de la Luz war Ausgangspunkt für die Entdeckung Amerikas.

Vorher aber mussten die Könige Spanien von den Mauren zurückerobern. Sie legten das Projekt auf Eis. Kolumbus zog sich ins Kloster zurück, bereitete monatelang seine Entdeckungsreise vor. Prior Juan Pérez, Beichtvater von Königin Isabel, konnte das Königshaus schließlich überzeugen, Kolumbus doch noch auf Reisen zu schicken. Der Entdecker stach am 3. August 1492 in See. An jene Zeit erinnern heute Seekarten und Gemälde, die in dem sehenswerten Kloster im Mudéjarstil ausgestellt sind. Aus einigen Fenstern kann man die Nachbildungen der drei Karavellen sehen.

Wer vom Kloster nach Westen bis Ayamonte an der Grenze zu Portugal fährt, findet unterwegs einsame und kaum verbaute Sandstrände und Dünenlandschaften. Folgt man der «Küste des Lichts» in anderer Richtung nach Südosten, gelangt man nach einigen Kilometern in den eindrucksvollen Doñada-Nationalpark, mit 53 000 Hektar Fläche eines der größten Feuchtgebiete Europas. Die Landschaft aus Pinienwäldern, Feuchtwiesen und Dünenlandschaften ist die Heimat unzähliger Vogelarten, Hirsche – und iberischer Luchse.

An der Südspitze des Nationalparks setzt man über den Guadalquivir nach Sanlúcar de Barrameda über. Der quirlige Ort an der Flussmündung zum Atlantik ist bekannt für seinen feinen Sherry, fangfrischen Fisch und zahlreiche Kirchen, Klöster und Stadtpaläste. Klerus und Adel siedelten sich hier an, um ihre Missionen und Handelsgeschäfte in der Neuen Welt zu starten. Kolumbus brach in Sanlúcar zu seiner dritten Amerika-Reise auf. Zwei Jahre lebte er im nahen Puerto de Santa María unweit von Cádiz, wo er seine zweite Entdeckungsreise plante. Heute ist der Ort vor allem für seine Sherry-Bodegas und eine der schönsten Stierkampfarenen Spaniens bekannt.

Die Costa de la Luz lockt weiterhin Entdecker an, heutzutage allerdings modernen Typs. Wer zwischen Ayamonte und Tarifa taucht, kann noch historische Wracks mit Kanonen entdecken, die mit Gold und Silber beladen aus der Neuen Welt zurückkamen. Vor knapp zehn Jahren musste die spanische Regierung viele Unterwasserfundstellen unter Schutz stellen. Der Grund: US-amerikanische Schatzsucher hatten 2008 die Fregatte «Nuestra Señora de las Mercedes» gefunden, die 1804 mit 500 000 Gold- und Silbermünzen an Bord gesunken war. Die spanische Regierung wollte weitere Plünderungen verhindern.

Südlich von Cádiz beginnt die vielleicht schönste Küstenregion ganz Spaniens. Die kilometerlangen, teils menschenleeren Sandstrände und unter Naturschutz stehenden Dünen sind nur vereinzelnd durch weiße Küstendörfer wie Conil de la Frontera, Caños de Meca oder Zahara de los Atunes getrennt, wo sich der Tourismus konzentriert. Zahara ist für seine Thunfisch-Restaurants und den acht Kilometer langen Sandstrand landesweit bekannt. Eines der schönsten Dörfer ist Vejer de la Frontera, das jedoch etwas von der Küste entfernt liegt.

Viele Dörfer der Region tragen «de la Frontera» (an der Grenze) im Namen. Sie waren Grenzgebiet und Schauplatz zahlreicher Schlachten zwischen christlichen und muslimischen Heeren, bis die katholischen Könige 1492 die letzten Mauren nach 800 Jahren wieder von der Iberischen Halbinsel vertreiben konnten.

Das Hinterland der Costa de la Luz ist von Stierweiden und Windrädern geprägt. Der ständige Wind ist ein Grund, warum die schneeweißen und breiten Traumstrände hier im äußersten Süden Andalusiens nicht mit Ferienanlagen und Hotelburgen wie am Mittelmeer verbaut sind. Sanddünen vergraben Straßen. Zu vielen Stränden wie den natürlichen Becken von Bolonia führen nicht einmal Feldwege. Man muss durch Pinienwälder wandern, in denen viele Hippies leben. Selbst am Bolonia-Strand mit seiner mehr als 30 Meter hohen Wanderdüne und den Ruinen der römischen Handelsniederlassung Baelo Claudia kommt es vor, dass man außerhalb der Hochsaison eher Esel als Urlauber antrifft.

Der Wind ist auch der Grund, warum die Costa de la Luz zu den hippesten Küsten Spaniens gehört – und die Region das europäische Surf-Mekka schlechthin ist. In einstmals verschlafenen Ortschaften wie El Palmar, Punta Paloma und Valdevaqueros haben angesagte Chill-Out-Strandbars und moderne Strandhotels für das junge Publikum eröffnet. Die meisten zieht es nach Tarifa, die südlichste Stadt des europäischen Festlands, im Hochsommer eine Partyhochburg.

«Schau dir diesen Ausblick an! Wo in Europa kann man schon mit Blick auf Afrika surfen?», fragt der Italiener Alessandro Bellusci, der vor vier Jahren seine Surfschule in Tarifa aufgemacht hat. Die Antwort ist natürlich: nirgendwo sonst. Hier liegen die Berge Andalusiens und das nordmarokkanische Riff-Gebirge nur 14 Kilometer voneinander entfernt – ein perfekter Windkanal.

Katharina Heyer freut sich, wenn der Wind mal etwas nachlässt. Die gebürtige Schweizerin hat vor fast 20 Jahren ihren Job als Modedesignerin an den Nagel gehängt, um sich dem Schutz von Walen und Delfinen in der viel befahrenden Straße von Gibraltar zwischen Tarifa und Marokko zu widmen. Ihr ist es zu verdanken, dass die spanische Regierung dort für die internationale Schifffahrt ein Tempolimit einführte. Ihre Stiftung Firmm erforscht dabei auch das Leben der Tiere in der Meerenge, was teilweise durch informative Whalewatching-Touren finanziert wird.

Aber sieht man überhaupt Wale und Delfine in der am meisten befahrenen Meeresstraße der Welt? «Und ob», sagt Heyer. «Es ist natürlich kein Zoo, aber es kommt selten vor, dass wir mal keine Grind- und Schwertwale oder Delfine sehen.» Sogar Pottwale und Orcas sind häufig zu beobachten. Die größten Chancen bieten sich von April bis Oktober. Heyer greift zum Bordmikrofon: «Finnwale auf 11 Uhr!»

Immer wieder ziehen riesige Gruppen von Delfinen am Boot vorbei. «Die Meerenge ist zwar stark befahren, gleichzeitig aber auch sehr nährstoffreich», sagt Heyer. «Zudem jagen Wale wie Delfine den riesigen Thunfischschwärmen nach, die zum Laichen vom Atlantik ins Mittelmeer schwimmen», erklärt die Schweizerin.

Den Thunfisch genießen auch die Urlauber, allerdings auf dem Teller – in einem der kleinen, weißen Dörfer oder auch in Cádiz. Im Anschluss darf es gerne ein Mojito sein, wie bei James Bond.

Info-Kasten: Costa de la Luz

Reiseziel: Andalusiens Costa de la Luz erstreckt sich von der spanisch-portugiesischen Grenze bei Ayamonte über 200 Kilometer an der Atlantikküste entlang bis nach Tarifa, dem südlichsten Punkt Europas an der Meerenge von Gibraltar.

Anreise: Direktflüge von deutschen Flughäfen aus gibt es nach Málaga und Sevilla, aber auch direkt nach Jerez de la Frontera bei Cádiz. Entlang der Küste reist man am besten mit einem Mietwagen.

Reisezeit: Die beste Zeit für Strandurlaub sind die Sommermonate von Juni bis September. Surfer bevorzugen wegen leerer Strände und guter Winde April bis Juni und September bis November.

Übernachtung: In den Küstenorten gibt es von Hotels über kleinere Pensionen bis zu Campingplätzen verschiedenste Unterkünfte sämtlicher Kategorien für alle Komfortbedürfnisse und Reisebudgets.

Informationen: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Myliusstraße 14, 60323 Frankfurt (Tel.: 069/72 50 38, www.spain.info).

Manuel Meyer, dpa