Zwei Jahrzehnte nach dem Start: Eurofighter vor harter Landung

21.03.2014 Vor 20 Jahren hob der Eurofighter zum Jungfernflug ab. Doch der umstrittene Kampfjet wurde nie ein Verkaufsschlager. Die Geschichte zeigt deutlich die Probleme europäischer Rüstungspolitik. Manching (dpa) – Der Eurofighter ist ein Überlebenskünstler. Das umstrittene Rüstungsprojekt stand in seiner Geschichte mehr als ein Mal vor dem Aus. 1992 erklärte der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe […]
21.03.2014
Vor 20 Jahren hob der Eurofighter zum Jungfernflug ab. Doch der umstrittene Kampfjet wurde nie ein Verkaufsschlager. Die Geschichte zeigt deutlich die Probleme europäischer Rüstungspolitik.
Manching (dpa) – Der Eurofighter ist ein Überlebenskünstler. Das umstrittene Rüstungsprojekt stand in seiner Geschichte mehr als ein Mal vor dem Aus. 1992 erklärte der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU): «Der Jäger 90 ist tot.» Zwei Jahre später, am 27. März 1994, hob der milliardenteure Flieger – inzwischen als Eurofighter 2000 – zum ersten Mal ab und stieg in den Frühlingshimmel über dem oberbayerischen Manching. Testpilot Peter Weger brachte die Maschine nach 45 Minuten heil zurück. Heute, 20 Jahre später, wird in Manching ein Teil der Serienfertigung des Kampfjets erledigt.
Noch. Denn die Bestellungen reichen nur bis 2017. Danach sieht es düster aus, denn das Kampfflugzeug des heutigen Herstellers Airbus Defence & Space ist ein Ladenhüter. Schon jetzt sollen in Manching bis 2016 mehr als 1000 der rund 3900 Arbeitsplätze gestrichen werden. Gibt es danach keine neuen Aufträge, bedeutet das wohl das Ende des Projekts. Und das wird weitere Jobs kosten, hatte Airbus-Rüstungschef Bernhard Gerwert bereits Ende 2013 angekündigt. Es spricht einiges dafür, dass es genau so kommen wird.
Dabei sollte der Flieger ein Modell für die europäische Rüstung sein. Jürgen Schrempp, später Daimler-Boss, damals noch Chef der inzwischen im Airbus-Konzern aufgegangenen Daimler-Rüstungssparte Dasa, sagte nach dem erfolgreichen Jungfernflug: «Mit dem Eurofighter 2000 bieten wir in Europa eine maßgeschneiderte Lösung zur Luftverteidigung an.» Auch wenn die Militärs durchaus zufrieden sind mit ihrem Flieger – er wurde nicht wie erhofft zum Verkaufsschlager.
Im Gegenteil, selbst die Nationen, die am Programm beteiligt sind, haben ihre Bestellungen reduziert. Die Luftwaffe etwa will statt der einst geplanten 250 Maschinen nur rund 140 haben. Zwar ist die dritte Tranche der Bestellung noch nicht offiziell abgesagt, eingeplant hat man beim Eurofighter-Konsortium den Bau der Flieger aber ohnehin nicht. Pro Stück kostet ein Jet derzeit mehr als 100 Millionen Euro. Eine Flugstunde verursacht Kosten von mehr als 70 000 Euro. Zahlen, die gerade in der Öffentlichkeit nur schwer zu vertreten sind.
Das Geld für Rüstungsprojekte ist knapp geworden. Die anhaltende Krise in vielen europäischen Ländern, Euro- und Bankenrettung, Rekordschulden – die Ausgabenliste ist lang. Zudem hat sich die Bedrohungslage in Europa verändert. Der Eurofighter, einst als Jäger von Bomberflotten des Warschauer Pakts konzipiert, musste bereits für viel Geld weiterentwickelt werden, um noch in die neue Strategie zu passen. Und die Finanzen waren immer der wunde Punkt des Projekts.
Die stetig gestiegenen Entwicklungskosten führten nicht nur in Deutschland zu Unmut und Streit, sondern auch zwischen den beteiligten Ländern Großbritannien, Italien und Spanien. Schon zum Erstflug des Eurofighters hatte etwa der Bundesrechnungshof moniert, dass die Bundeswehr auf der Eigenentwicklung bestehe – statt billigere US-Flieger zu kaufen. Frankreich war bereits 1985 aus dem Projekt ausgestiegen und entwickelte die Dassault Rafale, die – Ironie der Geschichte – dem Eurofighter heute das Leben schwer macht.
Der Jäger aus Frankreich schnappte der Rüstungssparte von Airbus etwa einen Großauftrag der indischen Armee für den Eurofighter weg. Zu allem Überfluss ist Airbus auch noch selbst an Dassault Aviation beteiligt. Wie bei anderen europäischen Rüstungsprojekten sind die Wünsche der Partner kaum unter einen Hut zu bekommen. Airbus-Chef Tom Enders wollte mit der Fusion zwischen dem heutigen Airbus-Konzern und dem britischen Rüstungsriesen BAE Systems auch solchen Schwierigkeiten ein Ende bereiten – und so gegenüber den US-Rivalen konkurrenzfähig werden. Vor allem Berlin stoppte die Pläne.
Nun muss Enders die Wehrtechnik-Sparte neu aufstellen – und vor allem streichen und kürzen. Viel Hoffnung auf ein Happy End beim Eurofighter dürfte sich der frühere Fallschirmjäger dabei kaum machen. 20 Jahre nach dem Erstflug ist das Ende der Produktion des Jets absehbar. Immerhin: Die teure Wartung der Luftwaffen-Flotte wird dem Unternehmen in Manching noch viele Jahre lang Arbeit und einigen Umsatz erhalten. Viele Jobs stehen dort dennoch zur Disposition. (Sebastian Raabe, dpa)