Der Boom in der General Aviation hat auch dem Flughafen Wien Zuwachs beschert. Er hat mittlerweile eine Spitzenposition unter Europas Business-Aviation-Airports eingenommen

Der Boom in der General Aviation hat auch dem Flughafen Wien Zuwachs beschert. Er hat mittlerweile eine Spitzenposition unter Europas Business-Aviation-Airports eingenommen

Beim Betreten des General-Aviation- Terminals am Flughafen der österreichischen Hauptstadt erspäht man eine Gedenktafel, die einer Legende gewidmet ist: dem dreifachen Formel-1-Weltmeister Niki Lauda. Er war ein bekennender Privatjet-Fan, der unter anderem eine Bombardier Global 6000 sein eigen nannte und sie persönlich durch die Welt pilotierte. Dies bereits in einer Zeit, bevor die eleganten Jets im Sog der globalen Pandemie einen enormen Zulauf verzeichneten.

Der Flughafen Wien hat sich über die letzten Jahre hinweg zum attraktiven Standort für die Business Aviation etabliert und, gemessen an den Verkehrsbewegungen, seinen Platz in den Top Ten der europäischen Business-Airports gefestigt. Unter diesen Flughäfen befinden sich mehrere, an denen ausschließlich Business-Aviation-Flüge abgefertigt werden, darunter auch der französische Flughafen Paris Le Bourget, der die Liste anführt. 
Im Zuge der Pandemie sind die Verkehrszahlen der General Aviation, also des nicht von Airlines betriebenen Verkehrs, weit weniger eingebrochen als im Liniendienst. „Wir fertigen in der Allgemeinen Luftfahrt Flugzeuge bis zum BBJ 737 oder ACJ 321 ab und stellen dafür die Infrastruktur wie etwa Parkflächen und Hangars zur Verfügung“, erläutert Michael Zach, Managing Director General Aviation & VIP Services des Bodendienstleisters Vienna Aircraft Handling. 
Um den vermehrten Bedarf zu decken, wurden 2019 sogar zwei neue Hangars errichtet. Durchschnittlich verzeichnet die General Aviation am Flughafen Wien rund 50 Bewegungen (Starts und Landungen) pro Tag. „An einzelnen Spitzentagen erreichen wir bis zu 100 Luftfahrzeug-Bewegungen“, so Zach. Zwar liegt der Flughafen Wien weit entfernt vom Business-Jet-Aufkommen in Le Bourget oder Nizza. Auch findet man die österreichische Hauptstadt nicht unter den 30 meistbeflogenen Businessjet-Strecken Europas. Dazu zählen beispielsweise Genf – Paris Le Bourget oder Nizza – Zürich. Trotzdem bietet Wien Service-Leistungen, die andere Airports sogar übertreffen.

Flughafen Wien
Rund 30 Business-Jet-Betreiber haben ihre Maschinen in Wien stationiert

Betrieb rund um die Uhr

Die hohe Servicequalität sei mit dafür verantwortlich, so Zach, dass der Flughafen Wien als Business-Aviation-Destination während der Krise an Bedeutung gewonnen hat. „Wir garantieren 24 Stunden Betrieb an 7 Tagen der Woche, was andere Business-Aviation-Airports teilweise nicht bieten. Unsere Kunden schätzen das sehr.“ Mit über 70 Destinationen innerhalb von nur zwei Stunden Flugzeit liegt Wien zudem geographisch zentral für Flüge innerhalb Europas.

Zur Infrastruktur von 16 000 Quadratmetern zählen Hangarflächen für Luftfahrzeuge bis zur Größe eines Airbus A321, Büro- und Lagerflächen im Airside- als auch Landsidebereich und drei Wartungsunternehmen, die sich um Instandhaltung aller gängigen Luftfahrzeugmodelle kümmern. Herzstück ist der eigene Terminal mit seinem exklusiven VIP-Salon, von dem auch direkte Transfers zu den Linienflügen möglich sind. Für die Crews der Businessjets bietet der Flughafen eigene Lounges zum entspannten Aufenthalt.

Bunter Flugzeug-Mix

Einer der größten Vorzüge des Airports gerade für Geschäftsreisende, denen es beim privaten Fliegen auch um Zeitersparnis geht: Das Stadtzentrum von Wien ist nur 20 Minuten Fahrzeit entfernt. „Im Jahr 2021 sind bereits knapp 12 000 Passagiere (Stand Herbst) über den VIP-Terminal abgeflogen“, so Zach. Eröffnet wurde die Einrichtung während des EU-Ratsvorsitzes Österreichs im ersten Halbjahr 2006.

In der Kategorie der Light Jets dominieren in Wien Flugzeuge der Cessna Citation Modellreihe, während es bei Mittelstreckenfliegern die Bombardier Challenger ist und im Segment der Langstrecke die Bombardier Global, Gulfstreams und Falcons sind. “Außerdem haben wir derzeit rund 30 Unternehmen, die ihre Geschäftsreiseflugzeuge in Wien stationiert haben“, so Zach. Und die weitere Entwicklung? „Wir rechnen 2022 weiterhin mit erhöhter Nachfrage, möglicherweise sogar über dem Vorkrisenniveau von 2019.“ Durch die starke Ausdünnung von Linienverbindungen und somit schlechterer Erreichbarkeit von Destinationen sind vermehrt Personen auf Privatflüge umgestiegen. Und in Wien geht man davon aus, dass sich dieser Trend auch nach der Pandemie fortsetzen wird.

 

Interview mit Julian Jäger, Vorstand der Flughafen Wien AG
„General Aviation ist ein wichtiger Geschäftszweig“

Julian Jäger (r.) im Gespräch mit AERO-
INTERNATIONAL-Mitarbeiter Kurt Hofmann
Julian Jäger (r.) im Gespräch mit AERO-INTERNATIONAL-Mitarbeiter Kurt Hofmann

AERO INTERNATIONAL: Welche Bedeutung hat die General Aviation für den Flughafen Wien?

Julian Jäger: Die Allgemeine Luftfahrt ist für den Flughafen Wien ein wichtiger Geschäftszweig. Sie macht zwar nur einen kleinen Teil des Gesamtumsatzes aus, hat sich aber im Krisenjahr relativ stabil und im Verhältnis sogar besser als das Luftfahrt-Kerngeschäft entwickelt. Als Airport wollen wir für alle Kundengruppen ein attraktives und hochqualitatives Angebot bieten, da darf eine General-Aviation-Leistungspalette natürlich nicht fehlen. Wir haben dafür alle notwendigen Ressourcen im Haus – von der Hangarierung über Vorfeld-Abfertigung bis zu Terminalbetrieb und exklusiver Passagierbetreuung durch unser VIP-Service.

SAF, also Sustainable Aviation Fuel, wird für immer mehr Benutzer wichtig. Kann Wien nachhaltigen Treibstoff anbieten?

Ja, die Raffinerie OMV und Austrian Airlines starten bereits ein Projekt für Sustainable Aviation Fuel am Flughafen-Standort. Produktion und Betankung wurden für das Jahr 2022 vereinbart. Nachhaltigkeit hat für den Flughafen Wien absolut hohe Priorität.

Reicht das aus?

Gerade entsteht am Flughafen-Standort Österreichs größte Photovoltaik-Anlage, mit der wir etwa 30 Prozent unseres Jahresstrombedarfs decken. Unseren Fuhrpark stellen wir sukzessive auf E-Mobilität um, rund 400 E-Fahrzeuge sind bereits im Einsatz. Wir testen auch Innovationen wie E-Flugzeugschlepper. Zusätzlich beziehen wir ab 2022 CO2-freie Fernwärme der OMV. So werden wir voraussichtlich ab 2023 unseren Flughafen-Betrieb CO2-neutral führen können.

 

Fakten zum Flughafen Wien

Terminalfläche 3000 m²
Vorfeld 16 Abstellpositionen
Passagiere 2020 ca. 10 000
Passagiere 2019 ca. 15 000
Flugbewegungen 2019 15 273 – 2020 12 578 – 2021 13 930 (Stand Oktober 2021)

 

Der Nürnberger Komplettdienstleister für Geschäftsreiseluftfahrt Aero-Dienst feiert Jubiläum in Wien. Mehr dazu hier.