Auch ein Hoffnungsträger muss Geduld lernen: Bei ThyssenKrupp ist Konzernchef Heinrich Hiesinger mit seinem Umbau noch längst nicht am Ziel. Nun hat er Zeit bis zum Jahr 2020, um seine ehrgeizigen Pläne umzusetzen. Der Aufsichtsrat gab dafür am Mittwoch grünes Licht. Essen (dpa) – Die Bilanz des Hoffnungsträgers liest sich bislang tiefrot: Für drei Jahresergebnisse […]

Auch ein Hoffnungsträger muss Geduld lernen: Bei ThyssenKrupp ist Konzernchef Heinrich Hiesinger mit seinem Umbau noch längst nicht am Ziel. Nun hat er Zeit bis zum Jahr 2020, um seine ehrgeizigen Pläne umzusetzen. Der Aufsichtsrat gab dafür am Mittwoch grünes Licht.

Essen (dpa) – Die Bilanz des Hoffnungsträgers liest sich bislang tiefrot: Für drei Jahresergebnisse war Heinrich Hiesinger als Chef des Industriekonzerns ThyssenKrupp bislang verantwortlich – dreimal musste er Milliardenverluste erklären. Und doch steht der 54 Jahre alte Schwabe nun voraussichtlich bis zum Jahr 2020 an der Spitze des Traditionsunternehmens: Der Aufsichtsrat von ThyssenKrupp beschloss am Mittwoch in Essen eine Verlängerung seines im Herbst 2015 auslaufenden Vertrags um weitere fünf Jahre.

Aufsichtsratschef Ulrich Lehner bescheinigte dem seit Januar 2011 amtierenden Manager, das zuletzt in eine tiefe Krise geratene Unternehmen mit «Konsequenz» und «Augenmaß» wieder auf den richtigen Weg gebracht zu haben. Beobachter gehen davon aus, dass im abgelaufenen Geschäftsjahr auch erstmals wieder ein Gewinn herausgesprungen sein könnte. Genaue Zahlen für das Geschäftsjahr 2013/2014 (30.9.) will das Unternehmen an diesem Donnerstag vorlegen.

Nun muss der Krisenmanager beweisen, dass er ThyssenKrupp auch nachhaltig in bessere Zeiten führen kann. Der Druck dürfte größer werden – zumal der neue Großaktionär Cevian mehr Macht will und einen Platz im Aufsichtsrat beansprucht. Der Finanzinvestor gilt als aktiver Anteilseigner und mischt sich durchaus in seine Beteiligungsunternehmen ein.

Auch rund vier Jahre nach dem Amtsantritt Hiesingers ist der Umbau des durch Fehlinvestitionen in Stahlwerke in Übersee tief in die Krise geratenen Unternehmens nicht abgeschlossen. «Wenn man ein Unternehmen umbaut, das sich über Jahre tief in die Krise manövriert hat, dann dauert es auch Jahre, das Unternehmen wieder auf eine vernünftige Basis zu stellen», hatte Hiesinger noch bei der Bilanzvorlage vor einem Jahr allen Erwartungen auf ein schnelles Ende des laufenden Umbaus eine Absage erteilt.

Dem ehemaligen Siemens-Manager sind jedoch wichtige Weichenstellungen gelungen, auch wenn längst nicht alles wie geplant geklappt hat. Während ThyssenKrupp einen Haken unter den Verkauf des US-Stahlwerks in Alabama machen konnte, fand sich kein Käufer für das zweite Problem-Stahlwerk in Brasilien. Auch der Verkauf der Edelstahltochter Inoxum an den finnischen Konkurrenten Outokumpu musste zum Teil rückabgewickelt werden.

Die zurückgenommenen Geschäftsteile sind eines der größten Probleme des Konzerns. Sie sollen so schnell wie möglich fit für einen neuen Verkaufsversuch gemacht werden. Doch gegen die geplante Sanierung des seit Jahres defizitären Werks im italienischen Terni etwa gibt es massiven, auch gewalttätigen Widerstand der Beschäftigten. Selbst der Papst hat sich schon eingemischt.

Hinzu kommt die anhaltend schwache Rentabilität des Stahlgeschäfts. Unklar ist auch, welche Zukunft der Marine-Schiffbau im Konzern hat. Für Wachstumschancen wiederum sind die Spielräume eng – die Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent ist die schwächste aller Industrieunternehmen im Dax.

Unbestritten sind die Erfolge Hiesingers bei der Veränderung der Unternehmenskultur beim Essener Ruhrkonzern. Statt bloßen Hierarchiedenkens soll es nun vor allem um Leistung gehen. Reihenweise trennte sich das Unternehmen von Managern, der Vorstand wurde ausgewechselt und auch der lange als unantastbar geltende Aufsichtsratschef Gerhard Cromme nahm seinen Hut. Die rote Karte gab es für die firmeneigene Jagd und den Unternehmensjet. «Dass ThyssenKrupp so gut dasteht, ist auch dem Kulturwandel in der Organisation zu verdanken», sage Harald Linné von der Management-Beratung Atreus. Dieser Wandel sei jedoch noch nicht abgeschlossen.

Hiesinger selbst hat mehrfach betont, dass er die Probleme bei seinem Amtsantritt Anfang 2011 unterschätzt habe. Doch der anspruchsvolle Job scheint ihm trotzdem Spaß zu machen: «Ich bin gern Vorstandsvorsitzender von ThyssenKrupp», gab er zu Protokoll.