Hart aber herzlich: Nick Baublies führt Flugbegleiter-Streik an
Bei Lufthansa steuert der nächste Tarifstreit auf einen Arbeitskampf zu. Den von Freitag bis Freitag geplante Streik der Flugbegleiter führt ein ungewöhnlicher Gewerkschaftschef an. Frankfurt/Main (dpa) – Zum Fliegen kommt Nicoley Baublies schon seit rund eineinhalb Jahren nicht mehr. Der Chef der Gewerkschaft Ufo, den alle nur Nick nennen, sitzt nach eigenem Bekunden fast nur noch […]
Bei Lufthansa steuert der nächste Tarifstreit auf einen Arbeitskampf zu. Den von Freitag bis Freitag geplante Streik der Flugbegleiter führt ein ungewöhnlicher Gewerkschaftschef an.
Frankfurt/Main (dpa) – Zum Fliegen kommt Nicoley Baublies schon seit rund eineinhalb Jahren nicht mehr. Der Chef der Gewerkschaft Ufo, den alle nur Nick nennen, sitzt nach eigenem Bekunden fast nur noch mit der Lufthansa am Verhandlungstisch. Und weil man dort auch nach fast zwei Jahren nicht zu einem Kompromiss wenigstens bei den Übergangs- und Betriebsrenten gekommen ist, organisiert der 42-Jährige nun den wahrscheinlich härtesten Streik der Lufthansa-Flugbegleiter in der Geschichte des Unternehmens.
Die Latte liegt im Vergleich zu den 13 aktuellen Streikrunden der Piloten nicht besonders hoch, schließlich haben die Stewardessen und Stewards der Kranich-Linie überhaupt erst einmal gestreikt, und das ist schon über drei Jahre her. Der dreitägige Ausstand im September 2012 war dennoch so etwas wie ein Erweckungserlebnis für die bis dahin als allzu brav geltende Gewerkschaft. Nicht nur die eigenen Mitglieder ließen die Rollkoffer stehen und traten ihren Dienst nicht an, rund 1000 von 1800 geplanten Flüge fielen zum Streikhöhepunkt an einem einzigen Freitag aus. Am Ende schlichtete der Wirtschaftsweise Bert Rürup die Materie um Eingruppierungen, Überstunden und Zulagen.
Damals stand Baublies erst seit fünf Monaten an der Ufo-Spitze. Gemeinsam mit einer starken Gruppe aus der Tarifkommission hatte er sich in einer Kampfabstimmung gegen den alten Vorstand durchgesetzt und musste nun selbst die Geschicke der kleinen Spartengewerkschaft lenken. 2004 zur Lufthansa gekommen, hatte der frühere IT-Berater in der Kabine schnell Karriere gemacht, bildete bald selbst aus und flog als Kabinenchef (Purser) um die Welt. Im kommenden Februar muss er sich erstmals der Wiederwahl stellen.
Der kleingewachsene Baublies ist ein ungewöhnlicher Gewerkschaftschef geworden: Kein Mann der lauten Töne, sondern stets verbindlich, zugewandt und manchmal überraschend emotional. Wenn mal wieder eine Verhandlungsrunde geplatzt ist, zeigt der «Anti-Weselsky» seine Enttäuschung offen. Anders als der fast autoritär agierende Claus Weselsky, Chef der Lokführergewerkschaft GDL, weigert sich Baublies zudem, seine Welt in Gut und Böse aufzuteilen. Seine Verhandlungspartner lobt er öffentlich und zeigt manchmal sogar Verständnis für ihre Positionen.
Etwas verrannt hat sich der Ufo-Chef aber im innergewerkschaftlichen Dickicht bei der Lufthansa. Öffentlich und wohl viel zu früh propagierte er seine Idee einer Industriegewerkschaft Luftfahrt (IGL), die alle wesentlichen Arbeitnehmer-Organisationen beim Kranich-Konzern zusammenfassen soll. Diese Initiative richtet sich zunächst frontal gegen die DGB-Gewerkschaft Verdi, die sich trotz der Tariferfolge von Ufo und der Pilotenvertretung Vereinigung Cockpit (VC) immer noch als größte und bestimmende Gewerkschaft beim ehemaligen Staatsflieger sieht. Als Baublies im Pilotenstreik auch noch erklärte, dass die IGL theoretisch auch für Piloten verhandeln könne, war auch mit Cockpit das Tischtuch erst einmal zerschnitten.
Inzwischen schlägt Baublies in dieser Frage wieder sanftere Töne an, schließlich ist angesichts des schmerzhaften Konzernumbaus kein Platz für gewerkschaftliche Grabenkämpfe. In der Rentenfrage hat sich Ufo ohnehin weit aus der Deckung gewagt und grundsätzlich dem Umbau auf ein System mit festen Arbeitgeberzuschüssen zugestimmt, das an die Stelle der bislang garantierten Altersrenten treten soll. Auch gegen den Ausbau der Billigtochter Eurowings tritt Ufo nicht offen auf. VC und Verdi bestehen hingegen auf dem bisherigen System, in dem Lufthansa den Mitarbeitern die absolute Höhe ihrer Renten garantiert und so allein das Risiko niedriger Zinsen trägt.
Und eine weitere Sorge teilt der Ufo-Vorsitzende mit Lufthansa-Chef Carsten Spohr. Wie der gelernte Pilot muss auch der Purser seine berufliche Grundqualifikation am Leben halten. «Ich muss aufpassen, dass ich meine Lizenz nicht komplett verliere, sonst muss ich wieder in den Grundkurs für Flugbegleiter», sagt Baublies. Privat hat sich der Single inzwischen komplett von Berlin ins Rhein-Main-Gebiet verlagert. In Obertshausen bei Offenbach hat er gemeinsam mit Freunden ein 100 Jahre altes Haus gekauft und kümmert sich dort vor allem um den Garten. Das, so Baublies, sei ein wunderbarer Ausgleich zum Tarif- und Streikstress.