Countdown zum bösen Erwachen – Flughafen braucht wohl mehr Geld
Noch eine Milliarde bis zum ersten Abflug? Der Hauptstadtflughafen – ein Fass ohne Boden? Immerhin will sich der Aufsichtsrat trauen, einen neuen Starttermin zu nennen – und die Rechnung präsentieren. Berlin (dpa) – «Nebelstocherei», «Dunkel», «bilanztechnisches Chaos»: Rainer Bomba ist jemand, der seine Worte sorgsam wählt. Was der Staatssekretär aber zu den Kosten des neuen […]
Noch eine Milliarde bis zum ersten Abflug? Der Hauptstadtflughafen – ein Fass ohne Boden? Immerhin will sich der Aufsichtsrat trauen, einen neuen Starttermin zu nennen – und die Rechnung präsentieren.
Berlin (dpa) – «Nebelstocherei», «Dunkel», «bilanztechnisches Chaos»: Rainer Bomba ist jemand, der seine Worte sorgsam wählt. Was der Staatssekretär aber zu den Kosten des neuen Hauptstadtflughafens zu sagen hat, dürfte beim Steuerzahler nicht gerade Vertrauen wecken.
Auch eineinhalb Jahre nach der spektakulär geplatzten Eröffnung des Prestigebaus steht bei den Kosten nur eines fest: Genaues weiß man nicht. Wenn der Aufsichtsrat in einigen Monaten Klartext redet, dürfte es ein böses Erwachen geben. Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg werden schon bald überlegen müssen, wo sie frisches Geld herbekommen.
September 2006: Die Länderchefs Klaus Wowereit, Matthias Platzeck und der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn drücken die Spaten in den Boden von Schönefeld. Vor den Toren Berlins soll Europas modernster Flughafen entstehen – für zwei Milliarden Euro.
November 2013: Der Flughafen ist längst nicht fertig, manches wurde schon wieder abgerissen, und bei den Kosten verdichten sich die Anzeichen, dass es einmal mehr als fünf Milliarden Euro sein werden.
«Wir können in keinster Weise sagen, wie viele Mehrkosten wir momentan haben», sagt Bomba. Das Problem des Aufsichtsrats: Erst wenn der Flughafen fertig ist und alle Arbeiten erledigt sind, weiß er, welche Rechnungen noch ausstehen. Erst wenn der Eröffnungstermin wirklich feststeht, lässt sich kalkulieren, wie lange das Terminal gereinigt, bewacht und gewartet werden muss, ohne dass gleichzeitig Geld hereinkommt.
4,3 Milliarden Euro, das ist seit einem Jahr der offizielle Stand, auf den Terminalerweiterungen, Baumängel und Managementfehler die Baukosten getrieben haben. Das Geld sei noch nicht ganz aufgebraucht, erklärt Bomba. «Ich kann im Moment nicht sagen, ob wir mehr brauchen.»
Der Projektsteurer WSP ist da schon weiter. Vorausgesetzt, die ersten Flugzeuge heben im Sommer 2015 ab, könnte der neue Hauptstadtflughafen bis zu 5,7 Milliarden Euro kosten, rechnen die Fachleute vor. Darüber berichtet die «Bild»-Zeitung (Freitag). Von der Summe muss eine halbe Milliarde abgezogen werden, weil auch Fremdinvestitionen wie der Bahnhof unter dem Terminal eingerechnet sind.
Dennoch: 1,1 Milliarden Euro sollte die öffentliche Hand als Flughafen-Eigentümer vorsorglich bereit halten, empfehlen die Projektsteuerer – nachdem Berlin, Brandenburg und der Bund erst vor einem Jahr 1,2 Milliarden nachgeschossen hatten. Aus dem ersehnten «Jobmotor» für die Hauptstadtregion ist vorerst ein «Milliardengrab» geworden, wie Kritiker lästern.
Wenn der Aufsichtsrat Anfang des Jahres – so das neueste Versprechen – einen weiteren Eröffnungstermin nennt und die Gesamtrechnung präsentiert, wird das auch Brüssel aufmerksam beobachten. Sollte der Staat weiteres Geld nachschießen wollen, brauchte er dafür nämlich die Genehmigung der EU-Kommission. Sie muss unzulässige Beihilfen verhindern. Vor einem Jahr legte Brüssel Berlin keine Steine in den Weg. Und Bomba macht am Freitag im Untersuchungsausschuss schon mal deutlich, dass der den Beihilfeanteil am Hauptstadtflughafen noch für recht gering hält.