Chinesen verlieren Geduld mit Boeing-Suche – «Wir sind effizienter»
In China bahnt sich eine nationale Tragödie an. Die meisten Passagiere der verschollenen Boeing sind Chinesen. Mit jedem Tag nimmt die Verzweiflung ihrer Angehörigen zu. Medien und Experten erheben schwere Vorwürfe wegen der schleppenden Suche. Peking (dpa) – Frust, Wut und Misstrauen haben sich bei den Angehörigen aufgestaut. Seit fast einer Woche wissen sie nicht, […]
In China bahnt sich eine nationale Tragödie an. Die meisten Passagiere der verschollenen Boeing sind Chinesen. Mit jedem Tag nimmt die Verzweiflung ihrer Angehörigen zu. Medien und Experten erheben schwere Vorwürfe wegen der schleppenden Suche.
Peking (dpa) – Frust, Wut und Misstrauen haben sich bei den Angehörigen aufgestaut. Seit fast einer Woche wissen sie nicht, was mit ihren Freunden und Verwandten an Bord der Boeing 777-200 auf dem Weg nach Peking passiert ist. In einem Hotel in Chinas Hauptstadt zeigt Hugh Dunleavy von der Fluggesellschaft Malaysian Airlines eine Präsentation mit Informationen zur Suche nach der verschollenen Maschine. Aber er kann nicht viel präsentieren, denn trotz mehr als sechs Tagen intensiver Suche fehlt jede Spur von der 70 Meter langen Maschine mit 60 Metern Spannweite.
Etwa zwei Drittel der 227 Passagiere an Bord der Boeing sind chinesische Staatsbürger. Im Land wächst das Entsetzen und die Wut über die schleppende Suche nach der seit vergangenem Samstag verschwundenen Maschine. «Wenn das Flugzeug über Chinas Territorium verschollen wäre, würde die Suche gezielter ablaufen», sagt Professor Li Chengzhi von der Luftfahrtuniversität Nordchina der Nachrichtenagentur dpa in Peking.
«Wir sind effizienter. China kann seine Ressourcen besser bündeln als Malaysia», sagt Li. Andere Experten äußern sich in den Sondersendungen im chinesischen Staatsfernsehen ähnlich. Mehrfach haben sich Behördenvertreter aus Malaysia gegenseitig widersprochen. Mit jeder Pressekonferenz in Kuala Lumpur wirkt die Koordination der Suchaktion chaotischer.
Bei dem Vortrag von Dunleavy bleiben die Angehörigen ruhig auf ihren Stühlen sitzen. Sie wirken erschöpft. Am Tag zuvor hatten sie die Vertreter Malaysias etwa fünf Stunden lang mit Fragen gelöchert. «Die immer aggressiveren Angehörigen ließen mit ihren Fragen an die Behördenvertreter nicht locker», schreibt die Zeitung «China Daily» am Freitag, die sich offenbar in den für Journalisten eigentlich nicht zugänglichen Vortrag geschlichen hatte. Ein Video aus dem Hotel zeigt, wie mindestens zwei Wasserflaschen auf die Delegation aus Malaysia fliegen.
Die Suche nach dem Flugzeug könnte noch Wochen dauern, befürchten Luftfahrt-Experten. Das würde die Freunde und Verwandten der Passagiere einer gewaltigen Belastung aussetzen. Denn gerade die Ungewissheit sei schlimm, sagt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie, Jürgen Margraf. «Es gilt der alte Spruch: Ein Ende mit Schrecken ist manchmal leichter zu ertragen als ein Schrecken ohne Ende.»
Offiziell hält sich China noch weitgehend zurück. Ministerpräsident Li Keqiang hatte am Donnerstag lediglich allgemein dazu aufgerufen, die Suche nach der verschollenen Boeing zu verstärken. «Solange es nur einen Funken Hoffnung gibt, werden wir die Suche nach dem Flugzeug nicht aufgeben.» Aber die lange Zeit stellt auch die Geduld von Chinas Führung auf die Probe.
Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua forderte in einem Kommentar: «Die Suche muss effizienter und koordinierter werden. Informationen müssen besser verteilt werden». Die Zeitung «Global Times», die vom Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegeben wird, wurde deutlicher: «Die direkte Antwort von Malaysia war nicht schnell genug». Die Arbeit der Fluggesellschaft und der Sicherheitsbehörden sei lückenhaft gewesen.
China hat bereits ein Team von Experten nach Malaysia geschickt. Offiziell soll es die Behörden vor Ort unterstützen, aber die Fachleute dürften wohl auch die Arbeit ihrer Kollegen kontrollieren. Guo Shaochun, der Chef der chinesischen Expertengruppe, rief die Bevölkerung auf, nicht alle Gerüchte über das Verschwinden zu glauben. Xinhua machte sogar direkt die Behörden in Kuala Lumpur für eine «Flut von Gerüchten und Falschinformationen» verantwortlich.