Stuttgart (dpa) – Das seit Mitte der 1990er-Jahre geplante Bahnprojekt Stuttgart 21 hat beispiellose Proteste in Baden-Württemberg ausgelöst. Auch politische Querelen waren die Folge. 2. April 2009: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Vorstand Stefan Garber unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21. 2. Februar 2010: Die Bauarbeiten beginnen begleitet von Protesten, die […]

Stuttgart (dpa) – Das seit Mitte der 1990er-Jahre geplante Bahnprojekt Stuttgart 21 hat beispiellose Proteste in Baden-Württemberg ausgelöst. Auch politische Querelen waren die Folge.

2. April 2009: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Bahn-Vorstand Stefan Garber unterzeichnen die Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21.

2. Februar 2010: Die Bauarbeiten beginnen begleitet von Protesten, die später immer wieder auflodern.

30. September 2010: Der Konflikt um Stuttgart 21 eskaliert. Bei der Räumung des Schlossgartens neben dem Hauptbahnhof mit Wasserwerfern werden laut Innenministerium weit mehr als 160 Menschen verletzt, einige davon schwer. Das Bild des Rentners Dietrich Wagner mit blutenden Augen geht um die Welt. Kurz nach Mitternacht werden die ersten Bäume gefällt. Der Tag geht als «Schwarzer Donnerstag» in die Geschichte ein.

9. Oktober 2010: An einer Demonstration gegen Stuttgart 21 und den Polizeieinsatz am «Schwarzen Donnerstag» nehmen laut Polizei 65 000, laut Veranstaltern bis zu 100 000 Menschen teil.

22. Oktober – 27. November 2010: In acht Runden Schlichtung streiten sich Befürworter und Gegner von Stuttgart 21 über die Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs.

30. November 2010: Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler spricht sich in seinem Schlichterspruch für den Weiterbau des Projekts aus, verlangt aber Nachbesserungen.

27. November 2011: Stuttgart-21-Gegner erleiden eine Niederlage bei der Volksabstimmung: 58,8 Prozent der Teilnehmer stimmen gegen einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung des Bahnprojekts – und damit für Stuttgart 21. Die Beteiligung liegt bei 48,3 Prozent.

5. März 2013: Der Aufsichtsrat der Bahn billigt die vom Vorstand vorgeschlagene Erweiterung des Finanzrahmens um zwei Milliarden auf 6,5 Milliarden Euro. Bis dahin lag das Limit bei 4,5 Milliarden Euro.

23. Juli 2013: Erstmals äußert Bahnvorstand Volker Kefer öffentlich Zweifel daran, dass der Stuttgart-21-Tiefbahnhof 2021 in Betrieb gehen kann. Die Bahn habe 100 Millionen Euro für die mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit eintretende Verzögerung um ein Jahr zurückgelegt. Derzeit wird ein Starttermin im Jahr 2023 nicht mehr für ausgeschlossen gehalten.

19. Dezember 2013: Der eskalierte Polizeieinsatz am «Schwarzen Donnerstag» beschäftigt erneut einen Untersuchungsausschuss im Landtag. Der zweite Ausschuss soll klären, ob der damalige CDU-Regierungschef Stefan Mappus als Scharfmacher fungierte. Grüne und SPD sehen ihn in dieser Rolle; CDU und FDP verneinen ein politisches Einwirken der Regierung Mappus.

20. April 2014: Die Projektpartner beschließen Verbesserungen für den Anschluss des Bauvorhabens an den Landesflughafen, darunter ein drittes Gleis am Terminal-S-Bahnhof für 80 Millionen Euro.

26. November 2014: Das Landgericht Stuttgart stellt den Prozess gegen zwei Polizeiführer, die am Wasserwerfer-Einsatz gegen Stuttgart-21-Demonstranten beteiligt waren, wegen geringer Schuld ein.

18. November 2015: Das Verwaltungsgericht Stuttgart erklärt den Wasserwerfer-Einsatz gegen die Demonstranten 2010 für rechtswidrig. Beim Protest gegen die Baumrodungen im Schlossgarten habe es sich rechtlich gesehen um eine vom Grundgesetz besonders geschützte Versammlung gehandelt. Die Polizei habe «mit Kanonen auf Spatzen geschossen». Daraufhin entschuldigt sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei den Opfern, von denen einige Entschädigungen zugesprochen bekommen.

3. November 2015: Die Bahn erwägt nach jahrelangen Debatten um Brandschutz und Fluchtwege im Stuttgart-21-Tiefbahnhof, die acht Flucht-Treppenhäuser an die Enden der Bahnsteige zu verlegen.

6. Dezember 2015: Die Stuttgart-21-Gegner gehen zum 300. Mal auf die Straße.

2. Mai 2016: Die grün-schwarze Koalition präsentiert ihren Koalitionsvertrag, in dem es zu Stuttgart 21 heißt: In Gesprächen mit der Bahn hält das Land an dem Ziel fest, sich nicht über die zugesagten 930 Millionen Euro hinaus an dem Vorhaben zu beteiligen.

15. Juni 2016: Der Rückzug des Bahn-Managers Volker Kefer, der für Stuttgart 21 verantwortlich zeichnet, wird bekannt. Die Ankündigung des Infrastrukturvorstandes, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen, wird von den Stuttgart-21-Gegnern als «Eingeständnis des Scheiterns» interpretiert. Kefer war mit deutlicher Kritik aus dem Bahn-Aufsichtsrat konfrontiert, der sich über zu späte Information über Kostensteigerungen und Bauverzögerungen beklagt.

5. Juli 2016: Es geraten Inhalte des Prüfberichts des Bundesrechnungshofes zu Stuttgart 21 an die Öffentlichkeit. Danach könnte das Vorhaben bis zu zehn Milliarden Euro kosten.

16. September 2016: Die Bahn feiert die Grundsteinlegung für die riesige Betonplatte – das Fundament für Gleise und Bahnsteige.