Was bedeutet «Stendec»? – Das Rätsel der verschwundenen Flugzeuge Von Chris Melzer, dpa
Die Angst fliegt mit, dabei lässt die Statistik ihr eigentlich kaum Platz. Fliegen ist sicher. Doch immer wieder gibt es Fälle, in denen Flugzeuge mit etlichen Menschen an Bord verschwinden – nicht nur über Ozeanen. New York (dpa) – Von dem Flugzeug fehlte fast zwei Wochen jede Spur, nachdem es über Peru in ein Gewitter […]
Die Angst fliegt mit, dabei lässt die Statistik ihr eigentlich kaum Platz. Fliegen ist sicher. Doch immer wieder gibt es Fälle, in denen Flugzeuge mit etlichen Menschen an Bord verschwinden – nicht nur über Ozeanen.
New York (dpa) – Von dem Flugzeug fehlte fast zwei Wochen jede Spur, nachdem es über Peru in ein Gewitter geflogen war. Plötzlich stolperte, Dutzende Kilometer von der Route entfernt, dieses deutsche Mädchen aus dem Dschungel. Die 17 Jahre alte Juliane Koepcke hatte an Heiligabend 1971 den Absturz der viermotorigen Electra, in der ihre Mutter starb, überlebt. Elf Tage schlug sie sich – mit Knochenbrüchen und nur in Sommerkleid und Sandalen – durch den Urwald. Sie war die einzige Überlebende von 92 Menschen an Bord.
Fliegen ist sicher. Weltweit sterben beim Absturz größerer Maschinen jährlich nur zwischen 500 und 1000 Menschen – so viele wie auf Deutschlands Straßen in ein paar Monaten. Die Fahrt zum Flughafen mit dem Auto ist meist gefährlicher als der Transatlantikflug danach. Und dennoch fliegt bei Millionen Menschen die Angst mit. Fälle, in denen Flugzeuge einfach so verschwinden, verstärken die Furcht.
Ein solches Unglück gab es schon, bevor es Flugzeuge gab: 1856 verschwand Matias Perez mit seinem Heißluftballon über Kuba. Von Ballon und Pilot wurde nie wieder etwas gesehen, aber Kubaner sagen noch heute «weggeflogen wie Matias Perez», wenn etwas verschwindet.
Die Luftfahrtgeschichte kennt Dutzende Fälle von Flugzeugen, die für immer verschwanden oder erst nach Jahren gefunden wurden. Einige blieben präsent – etwa das Verschwinden von Roald Amundsen. Nach dem 1928 in der Arktis abgestürzten Flugzeug sucht die norwegische Marine noch heute. Oder Amelia Earhart, die 1937 bei einer Erdumrundung über dem Pazifik verschwand. Wurde die Amerikanerin von den Japanern beseitigt, weil sie in Washingtons Auftrag spionierte? Oder überschätzte die Flugpionierin einfach sich und ihre Lockheed?
Auch nach dem Flugzeug von Antoine de Saint-Exupéry wurde Jahrzehnte gesucht. Im Juli 1944 war der Autor von «Der kleine Prinz» von einem Aufklärungsflug nicht zurückgekommen. Erst 1998 fand ein Fischer in seinem Netz das Armband des Franzosen, zwei Jahre später entdeckte eine Expedition das Wrack – 56 Jahre nach dem Absturz.
Von Glenn Miller fehlt hingegen nach wie vor jede Spur. Der legendäre Bandleader verschwand im Dezember 1944 auf einem Flug von England nach Paris. Möglicherweise wurde seine kleine Maschine von Bomben getroffen, die alliierte Flugzeuge über dem Ärmelkanal loswerden mussten. Aber auch das ist nur eine Theorie.
Genau wie die vom Bermuda-Dreieck. In dem verschwanden Ende 1945 gleich fünf Bomber – und das daraufhin gestartete Suchflugzeug gleich dazu. Von Maschinen und Besatzungen sah man nie wieder etwas. 2000 wurde immerhin eine in Argentinien abgestürzte Lancastrian entdeckt, die 53 Jahre lang gesucht worden war. Nur was die letzte Nachricht aus dem Flugzeug, ein zweimal deutlich gemorstes «Stendec», bedeuten sollte, ist noch immer ein Rätsel.
Alles Geschichte in Zeiten von Satelliten, GPS und Black Boxes? 1983 verschwand der Privatjet des glamourösen Unternehmers Upali Wijewardene aus Sri Lanka spurlos vor Malaysia. Von einer Twin Otter, die 1995 in Indonesien mit 14 Menschen an Bord startete, wurde nie wieder etwas gesehen. Und 2003 wurde in Angola eine Boeing 727 gestohlen. Verschiedene Behörden, unter anderem FBI und CIA, suchten vergebens nach der fast 50 Tonnen schweren Maschine.
In der Nacht zum 1. Juni 2009 schließlich verschwand ein Flugzeug über dem Südatlantik. Kein fliegender Seelenverkäufer, sondern ein Airbus der Air France mit erfahrenen Piloten. Frankreich, Brasilien und die USA suchten mit Flugzeugen, Forschungsschiffen, Tiefseerobotern und selbst Atom-U-Booten. Es dauerte zwei Jahre und kostete Dutzende Millionen Euro, bis der Flugschreiber endlich geborgen werden konnte.