Der Bauriese Hochtief trennt sich endlich von seiner Flughafen-Sparte. Die Börse reagiert euphorisch, die Aktionäre bleiben aber skeptisch. Auf der Hauptversammlung stellen sie dem neuen Konzernchef kritische Fragen. Essen (dpa) – Jahrelang wollte Deutschlands größter Baukonzern Hochtief seine Flughafen-Sparte loswerden – nun ist dem neuen Vorstandschef Marcelino Fernández Verdes der Verkauf gelungen. Die Aktionäre reagierten […]

Der Bauriese Hochtief trennt sich endlich von seiner Flughafen-Sparte. Die Börse reagiert euphorisch, die Aktionäre bleiben aber skeptisch. Auf der Hauptversammlung stellen sie dem neuen Konzernchef kritische Fragen.

Essen (dpa) – Jahrelang wollte Deutschlands größter Baukonzern Hochtief seine Flughafen-Sparte loswerden – nun ist dem neuen Vorstandschef Marcelino Fernández Verdes der Verkauf gelungen. Die Aktionäre reagierten auf der Hauptversammlung am Dienstag in Essen trotzdem mit Kritik.

Vor drei Jahren hätte Hochtief noch mit 1,5 Milliarden Euro für die Flughafen-Sparte gerechnet. Nun solle sie für 1,1 Milliarden an einen kanadischen Pensionsfonds gehen, kritisierte der Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. Finanzvorstand Peter Sassenfeld machte die schleppende Konjunktur in Europa und den Konkurs der ungarischen Fluggesellschaft Malev für den niedrigeren Preis verantwortlich.

Nur wenige Stunden vor Beginn der Hauptversammlung klappte der Verkauf. Der Vertrag tritt rückwirkend zum 1. Januar in Kraft. «Der Preis ist aber nicht sexy», sagte Analyst Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe. Trotzdem reagierte die Börse mit einem Kursplus von zuletzt mehr als 7 Prozent. Damit waren die Papiere Spitzenreiter im MDax.

Die Hochtief AirPort GmbH hält Beteiligungen an den Flughäfen Athen, Budapest, Düsseldorf, Hamburg, Sydney und Tirana, die zusammen jährlich etwa 95 Millionen Passagiere abfertigen. Mit dem Erlös will Hochtief Schulden abbauen und das Infrastrukturgeschäft stärken. Nach Plänen von Fernández Verdes soll der Bauriese bis spätestens 2014 schuldenfrei sein.

Weiter auf der Verkaufsliste von Hochtief stehen die Immobilientochter Aurelis und das Servicegeschäft in Europa. Zudem suchen die Essener einen strategischen Partner für die Projektentwicklung im Europa-Geschäft. «Die nicht zu unserem Kerngeschäft gehörenden Aktivitäten werden je nach den Marktbedingungen schnellstmöglich verkauft», kündigte Fernández Verdes an.

Auch die Anteilseigner sollen an den zukünftigen Verkäufen «angemessen» beteiligt werden. Davon würde vor allem der hoch verschuldete Großaktionär, der spanische ACS-Konzern, profitieren. «Verschuldung ist ein Problem bei ACS. Warum verkaufen wir bei Hochtief?», fragte Joachim Kregel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). «Hochtief macht Geschäfte unabhängig von ACS», konterte Fernández Verdes, der den Aktionären zum ersten Mal Rede und Antwort stand. «Wir sind aber auf der Suche nach Synergien in der Gruppe.»

Der Hochtief-Chef, der selbst lange Manager bei ACS war und als Vertrauter von Konzernchef und Real-Madrid-Präsident Florentino Pérez gilt, übernahm erst im November das Ruder bei dem Essener Konzern. Seit der Mehrheitsübernahme durch ACS Mitte 2011 wurden alle Vorstände bei Hochtief und bei der Tochter Hochtief Solutions ausgetauscht. «Es ist schön, wenn Sie Ideen haben, aber Sie brauchen auch ein gutes Team», mahnte Tüngler.

Erst vor einer Woche verließen die zwei verbliebenen der drei Solutions-Vorstände das Tochterunternehmen. Seitdem sind Fernández Verdes und Sassenfeld provisorisch eingesetzt. «Wir erwarten, dass bis Ende dieses Jahres die Positionen bei Hochtief Solutions besetzt sind», sagte der Spanier.

Im Europageschäft machte Hochtief im ersten Quartal erneut einen Verlust. Vor allem die Elbphilharmonie habe dort das Ergebnis belastet. «Alle in diesem Projekt haben Fehler gemacht, auch Hochtief», sagte Fernández Verdes. Er verteidigte sich gegen die Kritik, mit dem kürzlich abgeschlossenen Vertrag Hochtief zu viel Risiko aufzulasten. «Wir haben genügend Rückstellungen gemacht, so dass nichts mehr anfallen sollte», sagte er. Zudem seien die laufenden Gerichtsverfahren nun beendet.